"Die Energieversorgung ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss endlich stärker demokratisch kontrolliert werden", forderte Lindner.
"Attac fordert die Zerschlagung und demokratische Kontrolle der großen Stromkonzerne", heißt es in einer Stellungnahme der Globalisierungskritiker. EnBW, EON, RWE und Vattenfall machten Milliardengewinne. Da "konsequente Investitionen in regenerative Energien" kurzfristig weniger Rendite bringe, hintergingen die vier Konzerne den beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie und planten Dutzende neuer Kohlekraftwerke, kritisiert Jutta Sundermann von Attac. Die Politik der Bundesregierung und der EU-Kommission schadet ihrer Auffassung nach "dem Klima und der Demokratie".
Sundermann warf den Energiekonzernen vor, sie arbeiteten "intransparent und ohne Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen". Die Diskussion über eine Entflechtung beim Eigentum der Stromnetze sei "halbherzig, da die Politiker regelmäßig vor den egoistischen Forderungen der Stromkonzerne einknicken".
Bundesverband der Deutschen Industrie begrüßt EU-Legislativpaket für Strom- und Gasmärkte
BDI-Präsident Jürgen Thumann begrüßte hingegen "das Vorhaben der EU-Kommission, mit ihrem neuen Legislativpaket den Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten voranzubringen und den Weg für einen integrierten europäischen Binnenmarkt für Strom und Gas zu bereiten".
Mit "ihren Entflechtungsvorgaben" habe die Kommission allerdings das Mandat des europäischen Rates einseitig ausgelegt, kritisierte der BDI-Chef. Der Rat habe sich zwar für eine effektive Trennung von Energieerzeugung und Verteilung ausgesprochen, "zunächst aber auf eine konsequente Anwendung der bereits bestehenden Vorschriften gedrängt". Die wettbewerbspolitischen Vorzüge einer Entflechtung seien "natürlich nicht von der Hand zu weisen", sagte Thumann.
Nichtsdestotrotz werfe ein solcher Schritt erhebliche praktische Probleme auf. Das betreffe insbesondere die in Deutschland vorhandene "privatwirtschaftliche Netzstruktur", die unter besonderem Schutz unserer Verfassung stünde. "Langjährige Rechtsstreitigkeiten können wir uns jedenfalls in einem so investitionsbedürftigen Sektor nicht leisten", so Thumann.
Der Industrieverband kritisierte weiterhin eine "Ungleichbehandlung von staatlichen und privaten Unternehmen". Während private Unternehmen rechtlich oder de facto enteignet würden, sehe die Kommission für staatliche Energieanbieter lediglich eine rein institutionelle Neuzuordnung zu verschiedenen Ministerien vor. Mit dem Ergebnis, dass Unternehmen in staatlichem Eigentum weitestgehend unangetastet blieben.
Sollten die betroffenen Staaten nicht gleichzeitig zu einer Privatisierung entweder der Energieerzeugung oder des Netzbetriebes veranlasst werden, laufe für diese Märkte eine eigentumsrechtliche Entflechtung faktisch ins Leere. Staatsunternehmen würden daher eindeutig begünstigt, was den erkennbaren Trend zu staatlicher Einmischung in den Markt (Protektionismus) bis hin zu einer faktischen Renationalisierung von Unternehmen nur noch verstärke. Spanien und Frankreich hätten dafür jüngst Beispiele geliefert. Diese Tendenz einhergehend mit einer Abschottung vor Investitionen aus Drittstaaten wirke dem erklärten Ziel des Binnenmarktpaketes, einen integrierten europäischen Strom- und Gasmarkt zu schaffen, entgegen.
Für die Wirtschaft und insbesondere für die energieintensiven Unternehmen seien "wettbewerbsfähige Strom- und Gaspreise" von hoher bis existenzieller Bedeutung, so Thumann. Die Vorschläge der Kommission zur Stärkung der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden und zur Schaffung einer gemeinschaftlichen Institution für grenzüberschreitende Fragen seien daher zu begrüßen.
Deutschland habe auf nationaler Ebene mit der Bundesnetzagentur, der Kraftanschlussverordnung und der künftigen Anreizregulierung neue Instrumentarien geschaffen, die Diskriminierungen beim Netzzugang und bei der Preisgestaltung verhindern sollten, so Thumann. Sie müssten nunmehr Gelegenheit haben, sich zu entfalten, bevor mit neuen, stark in die Marktstruktur eingreifenden Vorschriften Anbieter wie Verbraucher verunsichert werden, fordert der BDI.