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"Kein faktisches Endlager"

Atom-Zwischenlager Unterweser erhielt Betriebsgenehmigung für 40 Jahre

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Das vom Energieriesen E.On betriebene Atomkraftwerk Unterweser in Esenshamm gehört zu den ältesten in Deutschland betriebenen Druckwasserreaktoren. Der Sicherheitsstandard der 1979 in Betrieb genommenen Anlage entspricht in etwa der von Altmeilern wie Biblis A, Biblis B und Neckarwestheim-1. Für das Atomkraftwerk Unterweser ist am 18. Juni das bundesweit letzte Standort-Zwischenlager in Betrieb genommen worden. Es ist für 80 Behälterstellplätze ausgelegt. Nach Angaben des Umweltministeriums in Hannover erhielt das atomare Zwischenlager eine Betriebsgenehmigung für 40 Jahre. Viele Anwohner befürchten, dass das Zwischenlager zu einem faktischen Endlager für den Atommüll werden könnte.


"Klar ist, die Zwischenlager dürfen nicht zu faktischen Endlagern werden", sagte Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). "Mir ist bewusst, dass viele Menschen vor Ort - gerade am Standort Stadland-Rodenkirchen - diesem Lager kritisch gegenüber stehen." Er forderte die Bundesregierung erneut auf, "die Erkundung von Gorleben unverzüglich fortzusetzen und ergebnisoffen zu Ende zu führen".

Das Zwischenlager am Kernkraftwerk Unterweser war in den zurückliegenden drei Jahren errichtet worden. Es wurde als letztes von zwölf Standort-Zwischenlagern im September 2003 vom Bundesamt für Strahlenschutz genehmigt. Das bundesweit erste Zwischenlager war im Dezember 2002 am Kernkraftwerk Emsland in Betrieb gegangen.

Die Genehmigung für das Zwischenlager in Unterweser "gestattet der E.ON Kernkraft" nach Angaben des Unternehmens, auf dem Kraftwerksgelände abgebrannte Brennelemente aus dem Kernkraftwerk Unterweser im Zwischenlager aufzubewahren.

Die Atomindustrie stellt die Zwischenlager meist als Wunsch der Bundesregierung dar. So schreibt die E.On Kernkraft beispielsweise auf ihrer Website, mit der Errichtung der Zwischenlager sei man einer "Forderung der Bundesregierung" nachgekommen. Atomkraftgegner behaupten hingegen, die rot-grüne Bundesregierung habe der Atomindustrie mit den Zwischenlagern aus der Klemme geholfen.

Rot-grüner Atomkonsens: Vermeidung der "Verstopfung" von Atomkraftwerken

Das Konzept der Standort-Zwischenlager wurde entwickelt, weil der Abtransport des Atommülls aus den Atomkraftwerken in die Wiederaufarbeitungsanlagen und in die zentralen deutschen Zwischenlager den Atomkraftwerksbetreibern in den 1990er Jahren zunehmend Probleme gemacht hatte. Die Atomkraftwerke drohten schrittweise im Atommüll zu ersticken. Es war - nicht zuletzt auch wegen der Proteste gegen die Atomtransporte - von einer drohenden "Verstopfung" der Atomkraftwerke die Rede, die möglicherweise zu einer schrittweisen Abschaltung der Anlagen hätte führen können.

Vor diesem Hintergrund einigten sich die Atomkraftwerksbetreiber und die rot-grüne Bundesregierung am 14. Juni 2000 auf einen "Atomkonsens", der unter anderem die zügige Errichtung standortnaher Zwischenlager beinhaltete.

E.On-Manager Hohlefelder: Ende der 1990er Jahre war der Betrieb der Kernkraftwerke existentiell durch die so genannte Verstopfung bedroht

Der Präsident des Deutschen Atomforums (DAtF), E.On-Manager Walter Hohlefelder, hatte im Mai 2004 auf der Jahrestagung Kerntechnik in Düsseldorf deutlich gemacht, dass mit den Standort-Zwischenlagern die "Verstopfung" der Atomkraftwerke vermieden und ein ungestörter Weiterbetrieb der Atomkraftwerke ermöglicht wurde. "Ende der 90'er Jahre war der Betrieb der Kernkraftwerke existentiell durch die so genannte Verstopfung bedroht. Also durch den Zwang zur Abschaltung, weil wir die abgebrannten Brennelemente nicht abtransportieren konnten und gleichzeitig nicht genügend anlageninterne Lagerkapazität hatten", so Hohlefelder. "Diese Gefahr ist jetzt praktisch gebannt: Die Transporte zur Wiederaufarbeitung werden planmäßig bis Mitte 2005 abgewickelt. Die Genehmigungen für die anlageninternen Zwischenlager liegen vor. Eine Transportblockade - bislang die Achillesferse unserer Anlagen - wird uns also nichts mehr anhaben können."

Atomforum im Jahr 2004: Kernkraftwerke laufen "frei von politischen Störungen"

In einer Pressemitteilung des Deutschen Atomforums vom 25. Mai 2004 wurde das "Engagement" der rot-grünen Bundesregierung bei der Umsetzung des Atomkonsenses gelobt. So laufe der Betrieb der Kernkraftwerke im Großen und Ganzen "frei von politischen Störungen". Dies gelte "insbesondere für die Gewährleistung der Entsorgung der abgebrannten Brennelemente aus den Kernkraftwerken". Eine Verstopfung der Kernkraftwerke infolge nicht abtransportierter abgebrannter Brennelemente sei "nicht mehr zu befürchten".

Als Beleg dafür, dass die Politik mit der Genehmigung der Standort-Zwischenlager einem Wunsch der Atomkraftwerksbetreiber entsprochen habe, führen Atomkraftgegner gerne eine Personalie an. So war Bruno Tomauske jahrelang als Beamter beim Bundesamt für Strahlenschutz für die Genehmigung der Zwischenlager zuständig. Dann wurde Tomauske im Jahr 2003 Prokurist beim Atomkraftwerksbetreiber Vattenfall. Viele Atomkraftgegner sehen darin eine Belohnung für die Tätigkeit Tomauskes bei der Genehmigung der Zwischenlager.

Atomkraftgegner befürchten langjährigen Weiterbetrieb

Manche Atomkraftgegner vermuten zudem, dass die Standort-Zwischenlager von vornherein dem Zweck dienen sollten, einen Großteil der deutschen Atomkraftwerke noch lange Zeit weiterbetreiben zu können. Die Gegner des Zwischenlagers am Atomkraftwerk Gundremmingen haben wiederholt kritisiert, dass das dortige Zwischenlager sehr großzügig dimensioniert worden sei. Sie berufen sich hierbei auf Angaben des Technischen Geschäftsführers des Atomkraftwerks, Gerd von Weihe, aus dem Jahr 2000. Dieser habe in einem Zeitungsgespräch gesagt, dass das Zwischenlager den Atommüll aus mehr als 40 Betriebsjahren aufnehmen könne und dass an eine sehr lange Betriebszeit gedacht sei.

Nach Darstellung der Atomkraftgegner besteht in den Zwischenlagern in der Zukunft zudem die Möglichkeit, den Atommüll auf der Grundlage neuer Genehmigungen dichter zu lagern, so dass eine noch weitere zeitliche Streckung des Atomkraftwerksbetriebs denkbar wäre.

In der Öffentlichkeit hat die Bundesregierung versprochen, das Atomkraftwerk Unterweser werde etwa im Jahr 2011 und die beiden Blöcke in Gundremmingen würden um die Jahre 2016 beziehungsweise 2017 stillgelegt werden. Die atomaren Zwischenlager lassen möglicherweise noch größere Spielräume.

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