Das Verfassungsgericht aber verpflichtete die Behörden dazu, mit Auflagen Demonstrationen so zu steuern, dass sie stattfinden könnten und ein friedlicher Verlauf gewährleistet werde. Das Deeskalationsprinzip wurde verfassungsrechtlich untermauert. Klargestellt wurde, dass eine Demonstration nicht verboten werden darf, nur weil es von Seiten einzelner Teilnehmer Ausschreitungen geben könnte.
Das Bundesverfassungsgericht betonte den hohen Rang des Demonstrationsrechts und fand dabei einprägsame, fast poetische Worte: "Das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln, galt seit jeher als Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers", heißt es im Brokdorf-Beschluss. Auch provokante Demonstrationen werden darin ausdrücklich gebilligt. Demonstrationen enthielten "ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren", betonten die Karlsruher Richter vor 22 Jahren.
In der deutschen Rechtsordnung ist die Versammlungsfreiheit ein in der Verfassung verankertes Grundrecht. In Artikel 8 des Grundgesetzes heißt es: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln." Allerdings gilt dieses Grundrecht nicht vorbehaltlos: "Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden." So können durch allgemeines Polizeirecht Verbote bei unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ergehen.
Doch das Bundesverfassungsgericht hat die Hürde für ein Demo-Verbot sehr hoch gelegt. Demnach dürfen Versammlungen nur verboten werden, wenn es "konkrete Anhaltspunkte" dafür gibt, dass es auf der Kundgebung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Straftaten oder strafbaren Äußerungen kommt, entschieden die Karlsruher Richter anlässlich von angemeldeten Neonazi-Demos. Ein vager Verdacht oder eine Vermutung genügte den Karlsruher Richtern nicht.