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"Kooperationsbereite Straftäter"

Bundesregierung will neue Kronzeugenregelung

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Die Bundesregierung hat den Weg für eine neue Kronzeugenregelung frei gemacht. Das Kabinett verabschiedete am Mittwoch in Berlin einen entsprechenden Gesetzentwurf. Danach könnten Richter bei Straftätern, die zur Aufklärung oder Verhinderung von Verbrechen beitragen, eine mildere Strafe verhängen oder ganz von einer Strafe absehen. Ziel ist es nach Angaben von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), "größere und vor allem praktikablere Anreize für kooperationsbereite Straftäter zu schaffen". Der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Neskovic hält die Regelung für nicht praxistauglich.


Die neue Kronzeugenregelung unterscheidet sich in mehreren Punkten vom früheren Kronzeugengesetz, das bis 1999 in Kraft war und für die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen galt. Das geltende Strafrecht kennt so genannte "kleine Kronzeugenregelungen" für bestimmte Delikte wie Geldwäsche oder im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts.

Für Zypries haben diese Regelungen den Nachteil, dass sie jeweils nur für bestimmte Deliktbereiche gelten. So kann derzeit beispielsweise ein Geldwäscher nur dann eine Strafmilderung erhalten, wenn er bei der Aufklärung eines Geldwäschedelikts hilft.

Künftig sollen dagegen die Tat des Kronzeugen und die Tat, bei deren Verhinderung oder Aufklärung er hilft, nicht zur selben Deliktgruppe gehören müssen. Ferner soll die neue Regelung auf schwere Straftaten angewendet werden können, bei denen auch eine Telefonüberwachung möglich wäre, und nicht auf bestimmte Delikte beschränkt sein.

Zu den Voraussetzungen für eine Strafmilderung gehört den Regierungsplänen zufolge, dass der Täter einer mittelschweren oder schweren Straftat sein Wissen über Tatsachen offenbart, die wesentlich zur Aufklärung oder Verhinderung einer Straftat beitragen. Dabei muss die Bedeutung dieses Beitrags im Verhältnis zur eigenen Tat eine Strafmilderung oder -freiheit rechtfertigen.

Außerdem müssen die Gerichte bei der Strafmilderung bestimmte Einschränkungen berücksichtigen. So soll etwa die Strafe für Mord allenfalls auf eine Haftzeit von zehn Jahren herabgesetzt werden können.

Die neue Regelung soll nicht angewendet werden, wenn der Kronzeuge sein Wissen erst offenbart, nachdem das Gericht die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen ihn beschlossen hat. Damit soll vor allem erreicht werden, dass seine Angaben überprüft werden können, bevor über die Strafmilderung entschieden wird. Erhöht und ausgeweitet werden sollen die Strafen für Falschangaben. Dadurch will die Regierung die Gefahr verringern, dass ein Kronzeuge durch falsche Angaben eine mildere Strafe erhält.

Freiberg: Handel mit Straftätern kann wegen wachsender Bedrohungslage hingenommen werden

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte die Regierungspläne. Die neue Regelung sei für eine effektive Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich, meint GdP-Chef Konrad Freiberg. Zwar sei es dem deutschen Recht "fremd, einen Handel mit einem Straftäter einzugehen", doch könne dies angesichts der "wachsenden Bedrohungslage für den Rechtsstaat" hingenommen werden.

Eine "echte Verbesserung" gegenüber der früheren Kronzeugenregelung sah Freiberg darin, "dass der mutmaßliche Kronzeuge nicht die gleiche Tat begangen haben muss wie der Hauptverdächtige". Dies habe den Kreis der in Frage kommenden Kronzeugen zu sehr eingeschränkt.

Ehemaliger Bundesrichter Neskovic: Praxisuntauglich

Für die Links-Fraktion kritisierte ihr Rechtsexperte Wolfgang Neskovic, Kronzeugen seien "ein untaugliches Beweismittel". Ein Gericht könne regelmäßig nicht auf dessen Glaubwürdigkeit vertrauen, meint der ehemalige Bundesrichter. Wer mit einer belastenden Aussage einen Straf­nach­lass anstrebe, sei schon deswegen häufig nicht glaubwürdig. "Deswegen hat sich die Kronzeugenregelung in der Vergangenheit auch als praxisuntauglich erwiesen", so Neskovic.

Bei dieser Sachlage habe die Ministerin offensichtlich wider besseres Wissen dem Druck des Koalitionspartners nachgegeben und sich für einen rechtsstaatlich bedenklichen Weg entschieden. Noch unter Rot-Grün sei die Regelung abgeschafft worden, weil sie die in sie gesetzten Hoffnungen - "erwartungsgemäß" - nicht erfüllt hatte.

Roth: Deals mit Schwerstverbrechern

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, die geplante Regelung öffne "Tür und Tor für Deals mit Schwerstverbrechern" und unterhöhle den Rechtsstaat, weil sie den Grundsatz einer schuldangemessenen Strafe relativiere. "Die Straftäter mit dem größten Wissen über begangene Verbrechen haben die größten Chancen auf Strafrabatt. Das ist die Logik, auf die der Rechtsstaat sich hier einlässt." Nicht zuletzt deshalb werde die Kronzeugenregelung auch von Richtern und Anwaltsverbänden abgelehnt.

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