"Die notwendig tief greifenden gesellschaftlichen Veränderungen" können nach Auffassung der BUKO nicht allein mit "guten Argumenten" erreicht werden, die "Anrufung staatlicher Akteure" habe sich in der Vergangenheit als erfolglos erwiesen.
In dem Papier der Nichtregierungsorganisationen, das unter anderem von Brot für die Welt, BUND, DNR, Forum Umwelt und Entwicklung, Misereor, Greenpeace, NABU, Oxfam Deutschland, VENRO, WEED und dem WWF unterzeichnet wurde, werde der Eindruck erweckt, als könnten und müssten Regierungen überzeugt werden, die Welt zum Besseren zu verändern. Regierungen und die G8 würden damit als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems dargestellt. "Die politischen und ökonomischen Mechanismen der Weltordnung, die von den Regierungen abgesichert und vorangetrieben werden, kommen in dem Papier nicht vor. Statt Machtkonzentration und die zugrunde liegenden Herrschaftsverhältnisse zu kritisieren, werden sie durch die Forderungen bestätigt."
Die Nichtregierungsorganisationen fielen so hinter die Kritik und Reflexion ihrer eigenen Rolle in den 1990er Jahren zurück, "die einige durchaus sehen, und machen sich damit zum Teil der herrschaftlichen Strukturen".
Die "problematische Ausrichtung des Papiers" werde beispielsweise daran deutlich, dass die Forderungen für eine andere Klimapolitik an der Umsetzung des Kyoto-Protokolls und einem effektiven Ressourceneinsatz ansetzen würden. Damit verblieben sie "im herrschenden Referenzrahmen". Zu mehr "Kurs-wechsel" könne man sich nicht durchringen. "Die unterzeichnenden Nichtregierungsorganisationen lassen sich damit von der Regierungspropaganda instrumentalisieren", meint der linke Dachverband.
Während sich die Bundesregierung international zum Vorreiter des Klimaschutzes aufschwinge, vertrete sie im Inland und der EU die Interessen beispielsweise der deutschen Automobil-industrie. Die Regierungen seien Teil von Konkurrenz um Ressourcen und "einer für die kapitalistische Verwertung zugerichteten Umwelt". Die herrschenden Produktions- und Konsummuster und die damit verbundenen Machtverhältnisse würden nicht in Frage gestellt. "Eine radikal andere Klima- und Energiepolitik setzt nicht auf die Einsicht der Regierungen und der Energiekonzerne, sondern auf eine alternative, konsequent dezentrale Energieversorgung", heißt es in einer Stellungnahme der BUKO.
Wie herrschaftskonform das Positionspapier der Nichtregierungsorganisationen sei, offenbare auch das Kapitel zum Thema Rohstoffe. In dem kritisierten Papier heiße es, "die Zeiten billiger Rohstoffe sind vorbei". Tatsächlich habe es nie "billige Rohstoffe" gegeben, kritisiert die BUKO. Vielmehr hätten die Menschen in den Erzeugerländern schon immer einen hohen Preis für "unsere Rohstoffe" bezahlt.
Nicht einverstanden ist die BUKO auch mit der Forderung an die G8-Regierungen, sie sollten gegenüber "Afrika" ihre Politik überdenken, stärker auf Verteilungspolitiken achten und die Rolle der Zivilgesellschaft stärken. "Mit der progressiven Entwicklungssprache wird ausgeblendet, dass es zuvorderst um die Ausbeutung der Rohstoffe geht und die herrschende Form der Integration in den kapitalistischen Weltmarkt, das von den G8-Regierungen weiter vorangetrieben werden wird, ein Hauptproblem ist." Statt entwicklungspolitischem Paternalismus müssten soziale Kämpfe berücksichtigt und grundlegende Alternativen aus ihnen heraus entwickelt werden.
Auch hätten die Nichtregierungsorganisationen die Erfolge der globalisierungskritischen Bewegung nicht erwähnt. "Tatsächlich aber entstanden gesellschaftliche Dynamik und Veränderungsdruck vor allem durch Proteste wie in Seattle oder Genua, die Sozialforen, durch Kampagnen und die (Selbst)Organisierung von Menschen."
Das Positionspapier suggeriere, dass zwischen dem bestehenden System beziehungsweise seinen politischen Repräsentanten und den Kritikern nur Meinungsverschiedenheiten in Einzelheiten bestünden, über Ziele und Richtung notwendiger Veränderungen aber ein weitgehendes Einverständnis herrsche. "Wir fahren nicht nach Heiligendamm, um die G8 zu Versprechen zu bewegen, an die wir sie in zwei Jahren wieder erinnern müssten. Das ist politisch kontraproduktiv und die geplanten Proteste werden mit derart verwässerten Forderungen unterlaufen. Wir fahren nach Heiligendamm, um uns der G8 massenhaft in den Weg zu stellen."