Ostermarschierer
- Empörung und Belustigung über Kritik der Grünen
- Protest gegen geplanten Bombenabwurfplatz
- Ostermarsch Rostock: "Angriffswaffen"
- Calw: Forderung nach Auflösung der KSK
- "Wie eine Bekanntmachung des Oberkommandos der Wehrmacht"
- "Die Welt mit ihrer Propaganda belogen"
- "Die Verlogenheit des humanitären Geschwätzes"
Die Ostermarschierer wiederholten ihre Forderung an die Bundesregierung, die Marine von der Küste Libanons abzuziehen. "Es wäre fatal, wenn sich Deutschland plötzlich inmitten eines Kriegsszenarios wiederfände, das im Pentagon entworfen wurde", sagte der Sprecher des Friedensratschlags, Peter Strutynski.
Nach Auffassung des Friedensratschlags wurde bei fast allen Ostermärschen auch die Rolle der Bundeswehr sowie die Aufrüstung hier zu Lande und weltweit kritisiert. Der Appell aus der Friedensbewegung "Spart endlich an der Rüstung", der den Kampf gegen die Kriegs- und Interventionspolitik mit dem Kampf gegen die unsoziale neoliberale Wirtschafts- und Sozialpolitik verbinde, erfahre zunehmend Akzeptanz in der Bevölkerung.
Empörung und Belustigung über Kritik der Grünen
Zwischen Empörung und Belustigung schwankte die Reaktion der Ostermarschierer auf die Angriffe von Seiten der grünen Parteiführung (ngo-online berichtete). Den Vorwurf der Parteivorsitzenden Claudia Roth, die Friedensbewegung lehne das "Militärische" "einseitig und pauschal" ab, empfanden die so Gescholtenen vielfach als Auszeichnung.
Denn genau darum müsse es heute gehen: "Die Probleme dieser Welt, gleichgültig ob in Afghanistan, Irak, Iran, Somalia oder Kongo, können nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden", so Strutynski. "Es bedarf stattdessen gewaltiger ziviler, politischer, wirtschaftlicher und sozialer Anstrengungen, die Welt vor dem Abgrund zu bewahren."
Claudia Roth habe sich mit ihrer Breitseite gegen die Friedensbewegung genauso "ins Abseits manövriert" wie mit ihrer Absage an den Protesten der globalisierungskritischen Bewegung anlässlich des G8-Gipfels im Juni in Heiligendamm.
Auch das Netzwerk Friedenskooperative kritisierte die Grünen-Chefin Claudia Roth und den verteidigungspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion Winfried Nachtwei an den Ostermärschen. Deren Behauptung, in der Friedensbewegung fehlten Vorschläge zur Krisenbewältigung, sei abwegig.
"Gerade diese beiden müssten es aus der früheren engen Zusammenarbeit eigentlich besser wissen und von den vielen von Friedensorganisationen ausgearbeiteten detaillierten Vorschlägen für zivile Alternativen zu Krieg und militärischem Vorgehen Kenntnis haben", sagte Manfred Stenner vom Netzwerk Friedenskooperative. So lägen unter anderem für den Irankonflikt "umfangreiche Dossiers" der "Kooperation für den Frieden" vor.
Und wenn sich die Bundeswehr wie beispielsweise mit dem "Tornado"-Einsatz in Afghanistan "an offensiven Kampfhandungen" beteilige, müsse die Friedensbewegung mit einem klaren "Nein" reagieren.
"Die Grünen-Spitze brüskiert mit ihrer überheblichen Distanzierung auch große Teile ihrer eigenen Basis, die sich der Friedensbewegung eng verbunden fühlen", meint Stenner. Er sieht in der Reiberei der Grünen-Spitze an der Friedensbewegung einen wachsenden Konflikt der "Regierungsgrünen" mit der eigenen Basis, der sich bei den Protesten gegen den G8-Gipfel Anfang Juni noch zuspitzen werde. So arbeite die Grüne Jugend aktiv bei den Protestvorbereitungen mit während die Parteivorsitzende den Demonstrationsaufruf wegen zu deutlicher Kritik an den G8-Regierungen nicht unterstütze.
Auch die vehemente Kritik aus Koalitionskreisen am Vorstoß des SPD-Vorsitzenden Beck zur Beteiligung "moderater Taliban" an Dialogen kann die Friedenskooperative nicht nachvollziehen. In Afghanistan wie in Irak, Palästina, Libanon, Somalia und anderen brisanten Konflikten gebe es nach Ansicht von Friedensgruppen keine militärischen Lösungen sondern "Chancen nur mit konstruktiven Dialogangeboten und der Bereitschaft für einen politischen und wirtschaftlichen Interessensausgleich".
Beispielsweise könne der gegen den Willen des US-Präsidenten erfolgte Damaskus-Besuch der Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, zur Überwindung der Isolationspolitik gegenüber Syrien beitragen, so Stenner.
Protest gegen geplanten Bombenabwurfplatz
An dem größten Ostermarsch in Fretzdorf bei Wittstock gegen den geplanten Bombenabwurfplatz nahmen auch der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck und Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (beide SPD) teil. Platzeck forderte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) dazu auf, von einer militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide Abstand zu nehmen. Das "Bombodrom" sei "längst ein Symbol für die Blockade der Zukunftschancen einer gebeutelten Region geworden", meint er.
Die Luftwaffe will den rund 12.000 Hektar großen früheren sowjetischen Truppenübungsplatz für rund 1700 Einsätze pro Jahr nutzen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, sagte, die Kyritz-Ruppiner Heide brauche eine friedfertige Zukunft. Zahlreiche Bürgerbewegungen und die Landtage von Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern hätten sich gegen das "Bombodrom" entschieden. "So viel Einigkeit ist selten", so Pau. "Die Bundesregierung sollte das endlich respektieren."
Ostermarsch Rostock: "Angriffswaffen"
Vor der Kaserne "Hohe Düne" in Rostock-Warnemünde kritisierten Kriegsgegner, dass "hier vor unserer Tür Kriege vorbereitet und unterstützt werden". Cornelia Mannewitz von Friedensbündnis kritisierte die Stationierung neuer Korvetten der deutschen Kriegsmarine im Standort "Hohe Düne". "Diese Schiffe sind dafür ausgerüstet, Ziele 200 Kilometer entfernt auf dem Land von See aus zu beschießen und sind damit klar Angriffswaffen und nicht zur Verteidigung."
Der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Monty Schädel, forderte Soldaten in Rostock auf, den Kriegsdienst zu verweigern. "Macht Euch nicht mitschuldig! Verweigert den Kriegsdienst. Jeder der mit der Bundeswehr in einen Auslandseinsatz geht, macht sich an der neuen Kolonialisierung mitschuldig", meint Schädel.
Calw: Forderung nach Auflösung der KSK
Im baden-württembergischen Calw forderten Friedensaktivisten erneut eine Auflösung des Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. "Wir wissen, dass das Kommando Spezialkräfte beziehungsweise Soldaten des Kommando Spezialkräfte in Kandahar in Afghanistan bei der Bewachung und auch bei der Einteilung von Gefangenen im Gefangenenlager in Kandahar beteiligt waren", sagte Tobias Pflüger, Europaabgeordneter und Vorstandsmitglied der Informationsstelle Militarisierung (IMI). "Wir wissen, dass dort in diesem Lager gefoltert wurde und wird. Und deshalb ist die Aussage richtig, dass dieses Kommando Spezialkräfte Zulieferung zu Folterungen betrieben hat und Folterunterstützer sind."
Das KSK sei vermutlich auch an vorderster Linie beim Krieg in Afghanistan beteiligt, so Pflüger. Mindestens viermal sei die Elitetruppe der Bundeswehr in Afghanistan gewesen. "In Afghanistan wird von der NATO ein brutaler Krieg geführt mit der Operation Achilles mit 5.500 NATO-Soldaten", so Pflüger. Die Bundeswehr sei hierbei mit dem "Tornado"-Einsatz "Angriffshelfer".
"Wie eine Bekanntmachung des Oberkommandos der Wehrmacht"
Die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen, Karola Stötzel, sagte in Frankfurt, die deutsche Wirtschaft schicke sich an, auch bei militärischen Exporten Export-Weltmeister werden zu wollen. Vor allem mit Frankreich, Großbritannien und Deutschland sei die Europäische Union 2003 größter Exporteur von Rüstungsgütern gewesen. "Es geht um Profite", so Stötzel. "Da wird seit Jahren von Politikern jeder Couleur gefördert, was das Zeug hält."
Gefährlich sei die hohe Energieabhängigkeit Europas. Die massive Förderung von Wirtschaftsinteressen sei Teil der EU-Strategie. "Das Festhalten an fossilen Energien, an der bisherigen Verkehrspolitik der EU, die Privilegierung und das Festhalten an der Atomenergie bedingt nachgerade die Strategie der Interventions- und Präventionskriege", so Stötzel.
Allgegenwärtig sei bereits der Krieg gegen den Terror, in dem sich Deutschland als Kriegspartei befände. "Deutsche Truppen stehen in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo, in Mazedonien, im Mittelmeer, in Georgien, in Usbekistan, in Afghanistan, in Dschibuti, in Äthiopien, in Eritrea, in Kenia, in Kuwait, am Horn von Afrika, im Libanon", sagte die Gewerkschafterin. "Was wie eine Bekanntmachung des Oberkommandos der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg klingen könnte, ist die Realität 2007."
"Zum zweiten Mal innerhalb von nur acht Jahren beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland mit der Entsendung der Tornados definitiv als Kriegspartei an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg", krtisierte Stötzel. "Man heuchelt uns vor, es handle sich bei den deutschen Militär-Einsätzen um eine Mischung aus Entwicklungs- und Sozialhilfe, um den Aufbau von Recht und Gesetz in dem von mehr als 30 Jahren Krieg zerstörten Afghanistan." Tatsächlich aber werde das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nach dem Angriffskrieg auf Jugoslawien "erneut gebrochen", meint Stötzel.
"Die deutsche Bevölkerung ist nicht kriegsbereit", so Stötzel mit Blick auf die breite Ablehnung des Tornado-Einsatzes in der Bevölkerung. Das solle sich ändern. "Daran arbeitet man seit Jahren mit Hochdruck." Der Spiegel habe im vergangenen Winter getitelt: "Die Deutschen müssen das Töten lernen". Dies sei eine Verhöhnung der Opfer des faschistischen Krieges. "Aber es verhöhnt auch uns, die wir für ein friedfertiges Deutschland stehen. Ich muss das Töten nicht lernen und ich will es auch nicht. Nie wieder Krieg. Diese Losung gilt für mich immer noch. Wir fordern die Beendigung aller Auslandseinsätze. Denn Gewalt erzeugt Gewalt. Terror erzeugt Terror. So einfach ist das", so Stötzel.
Der Krieg gegen den Terror sei in Wahrheit ein Krieg gegen die Völker der Erde. Und selbst der Krieg werde privatisiert. In Irak und in Afghanistan verdienten private Söldnerarmeen, getarnt als "Sicherheitsfirmen", Unsummen von Geld.
Bei den Kriegen ginge es letztlich um die "Freiheit des Warenhandels". "Das ist der Terror der Ökonomie", so Stötzel. Er drohe heute "allen Ländern, die sich der Öffnung ihrer Märkte verschließen, die sich dem Ausverkauf ihres Reichtums verschließen, sich der Privatisierung ihrer Lebensgrundlagen verschließen, den so genannten Schurkenstaaten, 'versagende Staaten' in der Sprache der EU, 'sich nicht integrierende Lücken' in der Sprache der US-Strategen, Interventions- und Präventivkriege an." Dieser "Terror" sei es, der diese Welt um so vieles unsicherer und gewaltförmiger mache.
Besonders auffällig sei, "dass Demokratie und Freiheit immer häufiger mit militärischen Mitteln - und vor allem dort sehr nachdrücklich mit Krieg durchgesetzt werden, wo Rohstoffe locken", so Stötzel. Die Demokratische Republik Kongo sei eines der rohstoffreichsten Länder in Afrika. In Afghanistan gehe es um die 2500 Kilometer lange Grenze zum Iran und um die Sicherung von Transport- und Zugangswegen zu Rohstoffen. "Die Präventivkrieg-Strategie wendet sich gegen alle diejenigen Völker, die über natürliche Ressourcen verfügen oder auf dem Weg zu ihnen im Wege sind und die sich eines Tages besinnen könnten, den Energie- oder Ressourcen-Hahn zuzudrehen und ihre Reichtümer für ihre eigenen Völker zu nutzen."
Vor diesem Hintergrund forderte Stötzel "die Beendigung aller Out-of-Area Einsätze der Bundeswehr. Für das freie Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die volle Anerkennung der Charta der Vereinten Nationen und der Ächtung des Angriffskrieges durch alle Staaten."
"Die Welt mit ihrer Propaganda belogen"
Professor Ulrich Gottstein von den Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) sagte in Frankfurt, in dem "brutalen und illegalen" Irak-Krieg seien laut "Guardian" vom 28. März über 600.000 Iraker, "Zivilisten sowie schuldlose Soldaten" getötet worden, "weil Bush und Blair die Welt mit ihrer Propaganda belogen hatten, Irak verfüge über Atomwaffen, obgleich die UN-Inspektoren das ganze Land durchsucht und nichts gefunden hatten".
Jetzt werde Iran vorgeworfen, Atomwaffen herstellen zu wollen, und in den USA drohe man dem Land mit gezielten Bombenangriffen, auch notfalls Atombomben, um unterirdische Laboratorien zu zerstören. "Gleichzeitig ertönt der amerikanische Ruf nach einem Regimewechsel im Iran", so Gottstein. "Dieses Trick kennen wir vom Irak, bei dem auch der 'Regimewechsel' von Präsident Bush gefordert worden war, um so die Weltmeinung auf den notwendigen Krieg vorzubereiten."
Es sei eine Tragödie, dass Deutschland mehr und mehr in fremde Kriege hineingezogen werde, wie jetzt mit dem Tornado-Einsatz in Afghanistan. Dort seien jetzt die deutschen Tornados angefordert worden, "um mit ihren aufgezeichneten Kamera-Beobachtungen den US-Kampftruppen ihre Ziele für die Bombardierung und Artilleriebeschuss zu geben", so Gottstein. "Das heißt eindeutig Beteiligung am Krieg und nicht nur Beobachtung. Man soll uns doch nicht für dumm verkaufen."
Uns Deutschen werde immer wieder gesagt, wir seien "mündige Bürger", deren Meinung ernst genommen werde. "Warum nimmt unsere Regierung die Meinung der Deutschen zum Tornadoeinsatz nicht ernst", fragte Gottstein mit Blick auf Umfragen, nach denen sich 77 Prozent gegen den Einsatz ausgesprochen hatten. "Wir wissen, dass Regierungen ihre Bevölkerung gerne nur dann als mündige Bürger bezeichnen, wenn diese ihnen zustimmen, sonst nicht. Heute sagen wir als mündige Bürger mit lauter Stimme: Der Tornado-Einsatz in Afghanistan zieht uns in den von den USA begonnenen Krieg hinein. Das ist gegen unseren Willen. Wir sind enttäuscht, dass der Bundesgerichtshof den Einsatz nicht für illegal erklärt hat, die Welt aber soll wissen: Wir lehnen die Beteiligung am Afghanistan Krieg und den Einsatz deutscher Tornados ab", so Gottstein.
Gottstein verwies in Frankfurt auch auf Umfragen von ARD, BBC, ABC und der Amerikanischen Zeitung "USA today" vom 19. März, über die die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. März berichtet hatte. Demnach fühlen sich 74 Prozent der Iraker selbst in den eigenen Wohnungen unsicher. "82 Prozent haben kein Vertrauen in die ausländischen Truppen und lehnen ihre Anwesenheit ab. 51 Prozent halten sogar Angriffe auf die Besatzungstruppen für legitim, und 30 Prozent würden am liebsten das Land verlassen. Das ist kein Wunder", so Gottstein, "denn 1,8 Millionen Iraker sind bereits ins Ausland geflohen und 2 Millionen innerhalb Iraks. 30-40 Iraker werden täglich entführt und Hunderte durch Schießereien und Attentate getötet."
"Es ist eine Hölle im Irak" schrieb eine irakische Journalistin im "Guardian" vom 6. Januar, so Gottstein. "Das Leben war unter Saddam Hussein viel besser. All diejenigen, die den Mund hielten und nicht opponierten, lebten in Sicherheit. Jetzt aber leben die Menschen in ständiger Furcht vor Tod, Wunden und Verschleppung, und in voller Abneigung und größtenteils Hass gegen die amerikanische Besatzung. Während wir hier für Frieden und gegen Krieg demonstrieren, tun das Zehntausende von Irakern in der schiitischen Stadt Nadjef ebenfalls", so Gottstein. "Obgleich sie unter Saddam Hussein ein benachteiligtes Leben geführt hatten, sind sie jetzt ausschließlich wütend über die amerikanische und britische Besatzung und fühlen sich überhaupt nicht befreit, sondern in einer Hölle von Demütigungen, Unfreiheit, Tod und Chaos."
"Beendet die Kriege und bereitet keine neuen vor", so die abschließende Forderung Gottsteins in Frankfurt. "Gebt die Milliarden Euro und Dollar nicht für das Militär und die Rüstung aus, sondern für das Wohlergehen der Menschen und für Mitmenschlichkeit, nicht für Zerstörung und Tod."
"Die Verlogenheit des humanitären Geschwätzes"
Der Bundestagsabgeordnete Norman Paech sagte in Hamburg, zu hunderttausenden hätten die Menschen seinerzeit in Asien gegen den Irak-Krieg protestiert. "Von Indonesien bis Syrien von Japan bis Sri Lanka fragten die Menschen: Wer gibt den USA und dem Rest der westlichen Welt das moralische Recht, über ein Land herzufallen und es zu beherrschen, das tausende von Meilen von ihren eigenen Grenzen entfernt ist? Und heute stellen Millionen in Europa und selbst in den USA die gleiche Frage und sie fügen hinzu: Wer gibt den USA und Europa das moralische Recht, über das Schicksal Afghanistans zu herrschen."
Auf der Konferenz der Blockfreien Staaten vor einigen Jahren in Kuala Lumpur habe der malaysische Staatspräsident Mahathir Mohammed kurz und knapp erklärt, worum es bei der so genannten "Bekämpfung des Terrorismus" gehe: "Es handelt sich nicht um einen Krieg gegen den Terrorismus. Es ist in Wirklichkeit ein Krieg zur Weltbeherrschung." Weiterhin habe Mahathir Mohammed gesagt: "Wir in Asien sagen: Der Westen terrorisierte diesen Kontinent jahrhundertelang und tut das auf viele Weisen immer noch. Wir alle haben mehr unter den Europäern als unter dem Irak gelitten. Warum sollten wir jetzt auf den Westen hören?"
"Und wir sollten uns jetzt fragen", so Paech, "warum wir immer wieder auf die Verlogenheit des humanitären Geschwätzes hereinfallen: von der Beseitigung der Diktatur der Taliban und Saddam Husseins, der Befreiung der afghanischen Frauen, der Beseitigung von Massenvernichtungsmitteln und der Errichtung neuer Demokratien." Man solle sich lieber an die alten Weisheiten halten. So habe der französische Sozialist Jean Jaures aus dem 19. Jahrhundert gesagt: "So wie die Wolken den Regen in sich tragen, trägt der Kapitalismus den Krieg in sich." Dieser Satz ist nach Auffassung von Paech "leider nie widerlegt worden und gilt auch heute noch".
"Heute nennen wir den entfesselten Kapitalismus Globalisierung", so Paech. Dieses harmlose Wort bedeute nicht einfach die Ausdehnung des kapitalistischen Systems über die ganze Welt "bis in die letzten Winkel. Das heißt konkret die Privatisierung aller öffentlichen Gemeingüter und ihre Unterwerfung unter den Profit. Das heißt Deregulierung, was nichts anderes bedeutet, als die immer weitere Entmachtung des demokratischen Gesetzgebers. Das heißt der kontinuierliche Abbau von staatlichen Sozialleistungen. Die Öffnung aller Märkte für den freien Handel, die nur im Interesse der reichen Staaten ist. Aber das heißt immer auch: Drohung mit Gewalt und Krieg."
Die Konzerne der G-7 Staaten "wollen alles, jeden Markt, jede Investitionsmöglichkeit, jede Ressource - und zwar für sich allein", so Paech. "Denn immer dann, wenn unser System an die ökonomischen Grenzen seiner Ausdehnung gerät, ist es bereit, den Krieg zur Überwindung dieser Grenzen einzusetzen." Das sei die akute Kriegsgefahr der weltweiten Konkurrenz um die letzten Öl- und Gasressourcen.
Schon die so genannten Strukturanpassungsprogramme, "mit denen die Weltbank und der Internationale Währungsfonds die armen Länder in unsere Gesetze und Regeln der Freiheit und Demokratie zwingen wollen, führten in vielen Ländern zu Krieg", meint Paech. "Und Kriege wiederum vollenden ihrerseits die Arbeit der Strukturanpassungsprogramme. Denn sie machen die betroffenen Länder abhängig vom internationalen Kapital und den Mächten, die es repräsentieren, den USA, der EU und ihren Institutionen Weltbank und Währungsfonds." Das habe schon damals zu der Erkenntnis geführt: "Strukturanpassung ist Krieg mit anderen Mitteln, so wie Krieg Strukturanpassung mit kriegerischen Mitteln ist - wenn das eine nicht hilft, wird zu dem anderen gegriffen."
"Früher nannte man diese Verbindung von ökonomischer Ausdehnung und militärischer Gewalt schlicht Imperialismus - und heute gewöhnt man sich wieder an diesen Begriff." Bezogen auf den Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan sagte Paech, der Einsatz sei ein Teil zur "Sicherung eines neuen Protektorats, zur Neuaufteilung der Einflussspähren dieser Erde, Teil eines neuen Kolonialismus, den wir nicht wollen. Denn er zieht die Welt immer tiefer in einen Krieg hinein, der, ohne dass wir es merken, zu einem wirklichen Weltkrieg sich ausdehnt."