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Staatsgarantie für Züblin

Hermesbürgschaft für den Bau des Ilisu-Staudamms in der Türkei gewährt

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Am 24. März bewilligte der Interministerielle Ausschuss für die Gewährung von staatlichen Exportkrediten (IMA) eine Hermesbürgschaft für den deutschen Exportanteil für das geplante Wasserkraftwerk Ilisu in der Türkei. Die Bundesregierung hat die Exportkreditgarantie nach eigener Darstellung an strenge Anforderungen geknüpft. Das Gesamtvolumen des Auftrags umfasst 1,2 Milliarden Euro. Die deutsche Bundesregierung deckt einen Anteil von 93,5 von insgesamt 450 Millionen Euro für den Bau von drei Umleitungstunneln und drei Druckstollen durch die Stuttgarter Ed Züblin AG. Hinzu kommt eine Rückversicherung von rund 100 Millionen Euro für deutsche Zulieferungen an den österreichischen Konsortialpartner Andritz AG.


Österreich will sich mit 230 Millionen Euro an der Finanzierung beteiligen. Die Österreichische Kontrollbank (OeKB) hat eine Zusage zur Haftungsübernahme über 285 Millionen Euro erteilt. Diese dient der Lieferung von Turbinen und elektromechanischer Ausrüstung.

Der Schweizer Bundesrat hat eine Exportrisikogarantie von 225 Millionen Franken zugesagt. Das Projekt wird seit Jahren begleitet von heftigen Protesten betroffener Bürger und internationaler Umweltschutzorganisationen.

Offenbar rund 55.000 Menschen von Umsiedlungen betroffen

Der geplante Staudamm ist 135 Meter hoch und 1820 Meter lang. Der Ilisu-Staudamm und das Wasserkraftwerk werden nördlich der syrisch-türkischen Grenze gebaut. Die Gesamtkapaziät des Kraftwerks beträgt 1200 Megawatt. Für das Projekt muss eine Fläche von 313 Quadratkilometern geflutet werden. In dem Flutungsgebiet befinden sich 52 Dörfer und 15 Kleinstädte.

Von den erforderlichen Umsiedlungen sind offenbar rund 55.000 Menschen betroffen. Sie verlieren ihre bisherige Lebensgrundlage. Die 10.000 Jahre alte Stadt Hasankeyf, deren Aufnahme als Weltkulturerbe das Europaparlament kürzlich vorgeschlagen hat, soll in den Fluten untergehen.

Weltstaudammkommission: Ökologische und soziale Empfehlungen wurden nicht eingehalten

Der erste Bauversuch des Staudamms in den Jahren 2001 und 2002 war nicht erfolgreich. Umweltschützer vermuten, dass sich Unternehmen und Geldgeber aufgrund der großen sozialen und ökologischen Risiken aus dem Projekt zurückzogen. Beim zweiten Anlauf wurden Nachbesserungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung und im Umsiedlungsplan gemacht, doch nach Auskunft der Weltstaudammkommission (World Commission on Dams, WCD) wurden die ökologischen und sozialen Empfehlungen und Standards wiederum nicht eingehalten.

Die Kommission präsentierte im Jahr 2000 einen Bericht über Großstaudämme und gelangte zu dem Ergebnis, dass die mit den Projekten angestrebten ökonomischen Ziele vielfach nicht erreicht würden.

Bundeswirtschaftsministerium: Verlagerung von Kulturgütern

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums vom 24. März soll sich die Türkei in Verhandlungen mit Deutschland, Österreich, der Schweiz und einem internationalem Baukonsortium verpflichtet haben, weit über die bisher eingehaltenen Kriterien bei Staudammbauten hinauszugehen.

Für die Umsiedelung der in dieser Region lebenden Bevölkerung und die Verlagerung von Kulturgütern in einen eigens dafür konzipierten Kulturpark veranschlage die Türkei weitere Projektkosten in Höhe von 800 Millionen Euro an. Dadurch würde sich das Gesamtvolumen des Vorhabens auf rund 2 Milliarden Euro erhöhen.

Nach Angaben der Auslandsgeschäftsabsicherung (AGA) der Bundesrepublik Deutschland, sind in Anwendung der Weltbankstandards und unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Weltstaudammkommission rund 150 Auflaben (Terms of Reference) festgelegt worden. Diese Auflagen seien sind von der Türkei bei der Durchführung des Projektes zu erfüllen.

Als besonderen Erfolg wertet die Bundesregierung, dass es gelungen sei, ein "unabhängiges" Gremium aus "international renommierten Experten" einzusetzen, das die Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen überwachen und den türkischen Bauherrn bei der Projektrealisierung unterstützen werde.

Die Linksfraktion im Bundestag sieht das anders. Sie verweist auf ein Gutachten eines "Umsiedlungsexperten" mit langjähriger Weltbank- und OECD-Erfahrung. Seinen Angaben zufolge soll beispielsweise der "unabhängige Experte" Professor Michael M. Cernea dem türkischen Auftraggeber beratend zur Seite stehen. Aufgrund der "Befangenheit" sei die Unabhängigkeit des Experten in Frage gestellt.

Hasakeyf-Initiative: Die Darstellung Deutschlands und Österreichs ist falsch

Der Darstellung Deutschlands und Österreichs, wonach sich die Türkei dazu verpflichtet hätte, "weit über die bisher bei Staudammprojekten geübte Praxis hinauszugehen", widerspricht die Hasakeyf-Initiative in einer Stellungnahme vom 27. März. "Wir, die von dem Staudamm betroffenen Menschen, wurden über das Bauvorhaben kaum informiert. Unsere Anfragen und Gesprächsangebote wurden nicht beantwortet."

Der Gouverneur der Provinz Mardin habe Staudammkritiker sogar zu "Helfern von Terroristen" erklärt. "Gegen diese Verleumdung haben wir Anzeige erstattet", heißt es in der Stellungnahme der Betroffenen. Darüber hinaus hält die Initiative auch wenig von der Zusicherung, Kulturgüter retten zu wollen. Man wolle die wichtigsten Kulturschätze im antiken Hasankeyf abbauen und in einem neu geschaffenen "Kulturpark" wieder aufbauen. Damit sollten sie angeblich gerettet werden. Dies aber betrachtet die Initiative als "Augenwischerei".

"Namhafte Wissenschaftler" aus der Türkei und Europa hätten erklärt, dass ein solches Vorhaben technisch unmöglich sei. Die Bauwerke bestünden im Innern aus Bindemittel und nicht aus Steinen. Sie könnten daher nicht transportiert werden. "Und wie will man beispielsweise Teile der Felsenburg, die vom Wasser überflutet werden sollen, retten? Wie will man die einzigartigen 6000 Höhlen versetzen?", fragt die Initiative.

Abgesehen davon würden in der Umgebung von Hasankeyf weitere 300 archäologische Stätten überflutet. Nur bei vierzehn dieser Fundorte habe man bisher überhaupt mit den Ausgrabungen beginnen können.

Die Hasakeyf-Initiative sieht in den Entscheidungen der Regierungen Deutschlands und Österreichs "einen ungeheuerlichen Akt der Vernichtung eines unersetzlichen Weltkulturerbes, da einzigartige Dokumente der türkischen Geschichte für immer zerstört werden".

Konfliktpotenzial zwischen der Türkei, Syrien und Irak

Der Bau des Staudamms bietet aufgrund der Wassernutzung durch die Türkei Konfliktpotential mit den Nachbarstaaten Syrien und Irak. Nach Angaben des Interministeriellen Ausschusses für die Gewährung von staatlichen Exportkrediten wurde Syrien und Irak zugesichert, dass die Mindestdurchflussmenge am Staudamm nicht unter 60 Kubikmeter pro Sekunde fällt. Die Türkei habe zugesagt, die Nachbarstaaten umfassend über das Staudammprojekt zu informieren und zu konsultieren.

Entwicklungorganisation WEED kritisiert, dass Syrien und der Irak von der Türkei nicht in die Planungen einbezogen worden seien, obwohl dies für länder- beziehungsweise flüsseübergreifende Projekte nach internationalem Recht grundlegende Prinzipien seien.

Die Bevölkerung wehre sich massiv gegen das Vorhaben. 36.000 Unterschriften seien bereits in der Türkei gesammelt und dem österreichischen Finanzminister Grasser vorgelegt worden, so WEED. Unterstützung bekommt die Bevölkerung von 69 internationalen Organisationen, die einen gemeinsamen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben haben. Sie kritisieren, dass sich Deutschland international als ein Land darstelle, das für ein gutes Geschäft seine eigenen Prinzipien über Bord werfe.

Die Organisationen kritisieren, dass Merkl als EU-Ratspräsidentin einerseits von gemeinsamen europäischen Werten spreche und andererseits ein Projekt wie den Ilisu-Staudamm unterstütze. Merkel würde besonderen Wert auf Transparenz legen, doch die Bedingungen, die das Projekt verbessern sollten, würden "unter Verschluss gehalten".

Einem Bericht der türkischen Zeitung "New Anatolian" zufolge hat die türkische Regierung Deutschland, Österreich und Schweiz unter Druck gesetzt und ein Ultimatum bis zum 30. März gestellt. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine Exportkreditgarantien ausgesprochen würden, dann seien alle Verträge hinfällig, was eine Neuausschreibung des Projekts bedeuten würde.

Die kurdische Nachrichtenagentur Firat News Agency (ANF) berichtete, dass die türkische Regierung angeblich darüber diskutiert, 5000 Soldaten zu rekrutieren, um die "Sicherheit der Bauarbeiten" für das Staudammgebiet zu gewährleisten.

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