Der SPD-Europaabgeordnete musste seinen Posten als Berater von Andris Piebalgs laut LobbyControl räumen, nachdem er der Aufforderung des Anti-Korruptionskommissars Siim Kallas nicht nachkam, sich schriftlich zu äußern, dass seine Beratertätigkeit nicht in einem Interessenkonflikt zu seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit steht. Dieser Aufforderung, die alle anderen EU-Sonderberater ebenfalls erhalten hätten, sei der Abgeordnete nicht nachgekommen.
Der Aufforderung von Kallas ging offenbar ein Schreiben der holländischen Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) vom 16. Januar voraus, in welchem der Anti-Korruptions-Kommissar auf "den Interessenkonflikt" von Linkohr wegen seiner Beratungsfirma Centre for European Energy Strategy (C.E.R.E.S.) hingewiesen wurde. Die 2005 von Linkohr gegründete Beratungsfirma ist den Angaben zufolge für global agierende Unternehmen in Brüssel im Sektor Energiefragen tätig.
Linkohr: Sonst kann ein Kommissar nur noch seinen Friseur zum Berater machen
Linkohr verteidigte sich in einer Pressemitteilung vom 19. Februar: "Ein Berater gibt einen Rat, doch entscheiden muss die Kommission selbst. Um allerdings einen kompetenten Rat geben zu können, muss ein Berater auch in einem beruflichen Umfeld verankert sein. Sonst kann ein Kommissar nur noch seinen Friseur zum Berater machen. Bei ihm kann er sicher sein, dass er nicht auch andere berät. Er hat allerdings auch keine Ahnung von Energiepolitik. Nebenbei, Bundeskanzlerin Merkel verlangt auch nicht von Lars Josefsson, den sie zu ihrem Klimaberater berufen hat, dass er den Vorstandsvorsitz von Vattenfall AB niederlegt."
LobbyControl sieht Rolf Linkohr als Lobbyisten, da er zwischen 1994 und 2004 Präsident des European Energy Forum (EFF) gewesen sei, eines von Energieunternehmen und finanzierten Zusammenschlusses von EU-Abgeordneten und Unternehmen. Darüber hinaus sei Linkohr Mitglied des Aufsichtsrats der Atomkonzerne EnBW und Vattenfall und Ehrenmitglied der Kerntechnischen Gesellschaft.
Etienne Davignon vom European Round Table of Industrialists berät Kommissar Michel
Aus der veröffentlichten Liste der Sonderberater geht laut LobbyControl ferner hervor, dass der Entwicklungshilfekommissar Louis Michel, von Etienne Davignon beraten wird. Bei der Beratungstätigkeit gehe es insbesondere um den Privatsektor in der Entwicklung Afrikas.
In der Vergangenheit habe bereits die Amsterdamer Gruppe Corporate Europe Observatory auf die Tätigkeit von Etienne Davignon hingewiesen. Grund: Er sei eines der Gründungsmitglieder der einflussreichen Unternehmens-Lobbyistengruppe des European Round Table of Industrialists (ERT), in Brüssel und Mitglied im Aufsichtsrat des französisch-belgischen Versorgungsunternehmens Suez.
Ermittlungen gegen Berater Cretella-Lombardo von Kommissar Frattani
Weiterhin werde auch der italienische Innenkommissar Franco Frattani wegen eines seiner elf Berater erwähnt. Gegen Berater Walter Cretella-Lombardo werde nämlich wegen eines Müllrecyclingskandals in Kalabrien ermittelt, in dem 200 Millionen Euro veruntreut worden sein sollen.
Günter Verheugen und die Anti-Aging-Medizin
Auch der für die Industrie zuständige deutsche Super-Kommissar Günter Verheugen steht in der Kritik. Laut Liste werde er in Gesundheitsfragen von der Ärztin Claudia Hennig beraten. Diese sei Herausgeberin der medox-Verlagsgesellschaft, die sich für die Förderung der Anti-Aging-Medizin einsetze.
Hennig sei medizinische Leiterin des medox Anti-Aging-Instituts GmbH in Bonn und habe Verheugen als Redner für einen Kongress zu diesem Thema gewinnen können. Die Ärztin werbe auf ihrer Internetseite mit ihrem Sonderberater-Posten - wobei nach Angaben von Verheugen keine Beratung zustande gekommen sei.
Die Organisation LobbyControl bezweifelt, ob die Sonderberater notwendig sei, "um die EU-Kommission mit demokratisch und ausgewogene Informationen zu versorgen". Es sei unklar, nach welchen Kriterien die Sonderberater ausgewählt würden. Die Organisation sieht darin eher ein "willkürliches Instrument".
Nach Aussagen der Kommission erhalten die Hälfte der aufgeführten Lobbyisten kein Geld für ihre Tätigkeit, die anderen würden "maximal 600 Euro" - pro Tag - bekommen.