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Erfolgsbasierte Vergütung

Karlsruhe kippt Verbot von Erfolgshonoraren für Anwälte

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Das in Deutschland geltende absolute Verbot von Erfolgshonoraren für Anwälte ist verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Verbot sei mit dem Grundrecht auf freie Berufsausübung nicht vereinbar, weil das entsprechende Gesetz keine Ausnahmen vorsehe, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Der Deutsche Anwaltverein (DAV) und die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) begrüßten die Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde einer Rechtsanwältin aus Sachsen war damit teilweise erfolgreich.


Die Karlsruher Richter verpflichteten den Gesetzgeber dazu, bis 30. Juni 2008 eine Neuregelung zu treffen. Er könne "an dem Verbot grundsätzlich festhalten" und zugleich einen Ausnahmetatbestand schaffen, betonten die Karlsruher Richter. Dem Einzelnen dürfe - beispielsweise wenn er keinen Anspruch auf Prozess- oder Beratungskostenhilfe hat - eine Durchsetzung seiner Rechte nicht unmöglich gemacht werden. In solchen Fällen sei ein vom Prozesserfolg abhängiges anwaltliches Honorar gerechtfertigt.

Anders als etwa in den USA untersagt die Bundesrechtsanwaltsordnung Anwälten Vereinbarungen, nach denen der Anwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält oder die Höhe der Vergütung vom Ausgang der Sache abhängig gemacht wird. Vergleichbare Regelungen bestehen für Patentanwälte, für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Wirtschaftsprüfer.

Der DAV begrüßte das Urteil, da ein totales Verbot des Erfolgshonorars weder unter Berufung auf die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts noch aus Sicht des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sei. Künftig sei "auf die besonderen Umstände des Mandanten einzugehen". Wenn beispielsweise der Betrag, um den gestritten wird, der einzige Vermögensbestandteil des Mandanten darstellt, dürfe seine sonstige Vermögenslosigkeit ihn nicht davon abhalten, seine Rechte zu verfolgen. Dies sei beispielsweise oft der Fall bei Streitigkeiten um Rentenansprüche oder dem Erbe.

Die BRAK betonte, dass die Vereinbarung anwaltlicher Erfolgshonorare nur dann verboten werden dürfe, "wenn dadurch nicht im Einzelfall die Durchsetzung von Rechten erschwert oder sogar verhindert wird".

Die klagende Rechtsanwältin war 1990 von zwei in den USA lebenden Mandanten beauftragt worden, deren Ansprüche auf ein in Dresden gelegenes früheres Grundstück ihres Großvaters durchzusetzen. Es war von den Nationalsozialisten enteignet worden. Der Anwältin wurde angeboten, dass sie im Erfolgsfall als Honorar ein Drittel des erstrittenen Betrages erhalten sollte. Die Anwältin erstritt dann zugunsten ihrer Mandanten eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 312.000 D-Mark (159.500 Euro). Hiervon erhielt sie absprachegemäß 104.000 D-Mark (53.200 Euro).

Das Anwaltsgericht in Sachsen bewertete dieses Vorgehen aber als Verstoß gegen die Grundpflichten eines Rechtsanwalts und verurteilte die Anwältin zu einer Geldbuße von 25.000 Euro, die der Sächsische Anwaltsgerichtshof dann auf 5000 Euro herabsetzte.

Dagegen legte die Anwältin Verfassungsbeschwerde ein. Ihre Mandanten seien "mittellos" und könnten nur über die Vereinbarung eines Erfolgshonorars zu ihrem Recht kommen. Das Verfassungsgericht folgte ihr. Solche Rechtsuchende hätten das Bedürfnis, das Kostenrisiko durch eine erfolgsbasierte Vergütung zumindest teilweise auf den Anwalt zu verlagern. (AZ: 1 BvR 2576/04 - Beschluss vom 12. Dezember 2006)

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