Lebensbedingungen der Palästinenser
Der Kölner Erzbischof Joachim Meisner hatte laut Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) an die Berliner Mauer erinnert und meinte im Schatten der israelischen Trennanlage in Bethlehem, so sperre man Tiere ein, aber nicht Menschen. Dabei hätten alle Bischöfe das israelische Recht auf eine sichere Existenz beteuert.
Ein Sprecher Meisner hat die von der FAZ wiedergegebenen Äußerungen teilweise dementiert. "Er kann das so nicht bestätigen", sagte sein Sprecher Christoph Heckeley am Dienstag in Köln laut dpa. Meisner habe aber gesagt: "Dass ich so was in meinem Leben noch mal sehen muss, das hätte ich nicht gedacht." Zudem habe er prophezeit: "Diese Mauer wird fallen wie die Berliner Mauer auch."
Kardinal Karl Lehmann sagte laut FAZ: "Wir wissen um die Angst der Israelis, die von Terrorismus bedroht sind und deren staatliches Existenzrecht von manchen noch immer in Frage gestellt wird. Aber wir haben bei unseren Besuch auch die erschreckende, geradezu katastrophale Situation kennen gelernt, der die Palästinenser ausgesetzt sind."
Der emeritierte katholische Limburger Bischof Franz Kamphaus habe die Christen in Deutschland aufgerufen, sich verstärkt für Gerechtigkeit "in den von Israel widerrechtlich besetzten Gebieten Palästinas" einzusetzen. Der Ausbau der jüdischen Siedlungen sowie der Bau von Mauern und getrennten Straßennetzen verstärke die Hoffnungslosigkeit der Palästinenser und fördere die politische und religiöse Radikalisierung, sagte der Bischof nach der Rückkehr aus dem Heiligen Land.
Israels Botschafter Stein entsetzt über Kritik von Bischöfen
Der israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, hat die katholischen Bischöfe wegen ihrer Äußerungen scharf kritisiert. Er zeigte sich am Dienstag in Berlin "entsetzt und empört". Wenn man Begriffe wie "Warschauer Ghetto" oder "Rassismus" im Zusammenhang mit der israelischen beziehungsweise palästinensischen Politik benutze, "dann hat man alles vergessen oder nichts gelernt und moralisch versagt".
"Anstatt sich in Demagogie zu üben, hätten sich die Bischöfe über die Ursachen informieren müssen, die israelische Regierungen veranlasst haben, die erzwungenen und notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um Israelis vor Terror zu schützen", so Stein. Der israelische Botschafter betonte, "das Erhalten des Lebens" habe Vorrang vor der Qualität des Lebens.
Eine Seite des Konflikts zu dämonisieren und doppelte Maßstäbe anzulegen, könne nicht der Weg derjenigen sein, die einen Beitrag zum Frieden leisten wollten. Wenn Bischöfe sich so äußerten wie während dieser Reise, "tragen sie nicht zur Aussöhnung und Frieden bei, sondern erzeugen bei uns das Gegenteil". Darüber hinaus leisteten sie auch keinen Beitrag zu einem sachlichen katholisch-jüdischen Dialog.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat dem Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke wegen dessen Äußerungen zu den Lebensbedingungen der Palästinenser Antisemitismus vorgeworfen. "Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr", sagte Vizepräsident Dieter Graumann dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Auch der Zentralrat wisse, dass die Situation der Palästinenser nicht leicht sei. "Wer aber deren Lage mit dem Leiden der Juden in den Ghettos der Nazis gleichsetzt, der hat aus der Geschichte nichts gelernt. Diese Äußerung hat antisemitischen Charakter."
Graumann sagte, der Vergleich zeuge "von dem judenfeindlichen Versuch, mit Hinweis auf Verbrechen der Nachfahren der Opfer die Taten der Nazis zu relativieren". Der Zentralrat erwarte vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, eine Klarstellung. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies die Haltung der katholischen Kirche und des Vatikan ist", sagte Graumann.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth fordert von den bayerischen Bischöfen Gregor Maria Hanke und Walter Mixa eine Entschuldigung für deren Äußerungen zu den Lebensbedingungen der Palästinenser. "Es ist eine inakzeptable Entgleisung, wenn der Eichstätter Bischof Hanke die Lebensbedingungen der Palästinenser in Ramallah mit denen der Juden im Warschauer Ghetto vergleicht und der Augsburger Bischof Mixa ihm hier sekundiert", sagte Roth am Dienstag in Berlin.
Reaktion der Bischöfe
Seitens der deutschen Bischofskonferenz wurde die Kritik an der Haltung der Bischöfe beim Besuch in Israel zurückgewiesen. Der Besuch sei durchgängig von einer "hohen Sensibilität" geprägt gewesen, erklärte die Bischofskonferenz am Dienstag in Bonn. In allen Ansprachen habe der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, das Existenzrecht Israels ausdrücklich unterstrichen. Es könne deshalb keine Rede davon sein, die Bischöfe hätten "eine Seite des Konflikts dämonisiert" und "doppelte Maßstäbe" angelegt. Das Gegenteil sei richtig.
Das Bistum Eichstätt teilte mit am 6. März mit, der Bischof von Eichstätt Gregor Maria Hanke habe beim Besuch der deutschen Bischöfe im Heiligen Land "seine persönliche Betroffenheit artikuliert, so unter anderem nach dem Besuch in Ramallah und Betlehem: Der unmittelbare Eindruck der Situation war für den Bischof erschütternd."
Offiziell habe sich die Bischofskonferenz zu der Kritik Israels geäußert. "Im Wissen um das unsagbare Leiden des jüdischen Volkes und in großer Betroffenheit darüber" habe Bischof Hanke das Lebensrecht Israels betont. Vergleiche zwischen den Geschehnissen des Holocaust und der gegenwärtigen Situation in Palästina seien nicht annehmbar und "waren auch nicht beabsichtigt", heißt es in der Stellungnahme weiter.
Weiterhin erklärt das Bistum, die Situation der Menschen in Ramallah, Betlehem und anderen Regionen Palästinas bewege zum "tiefen Mitgefühl". Mit besonderer Sorge erfülle den Bischof, dass viele palästinensische Christen sich gezwungen sähen, das Land zu verlassen.