DIE Internet-Zeitung
"Verfassungswidrig"

Peffekoven begrüßt Gerichtsbeschluss zur Pendlerpauschale

Am

Der frühere Wirtschaftsweise Rolf Peffekoven hält die Kürzung der Pendlerpauschale zum Jahresbeginn 2007 für verfassungswidrig. Peffekoven schloss sich in der "Süddeutschen Zeitung" der Haltung des Finanzgerichts Niedersachsen an, das in der Neuregelung einen Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sieht. Die niedersächsischen Finanzrichter hatten einen Rechtsstreit um die neue Pendlerpauschale dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt.


Seit Januar können viele Arbeitnehmer ihre Kosten für die Fahrt von der Wohnung zum Arbeitsplatz nicht mehr steuerlich geltend machen. Laut Gesetz beginnt die Berufssphäre nunmehr erst am "Werkstor", der Weg dorthin ist privat. Es gibt jedoch eine Härtefallregelung. Danach können für Wegstrecken von mehr als 20 Kilometern nach wie vor 30 Cent pro Kilometer abgezogen werden.

Peffekoven sagte: "Wenn die Arbeit am Werkstor beginnt, dann darf man auch den Weg ab dem 21. Kilometer nicht subventionieren." Im Übrigen sei es die Privatentscheidung eines jeden Bürgers, wo er wohnen wolle. "Wer in der Stadt wohnt, zahlt viel Miete und hat wenig Fahrtkosten. Wer rauszieht, bei dem ist es umgekehrt. Warum also soll das Finanzamt einen der beiden bevorzugen?", fragte der Mainzer Finanzwissenschaftler.

Dagegen erklärte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Otto Bernhardt (CDU), die Verfassungsrechtlichkeit sei im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens ausführlich geprüft worden. "Natürlich kann man immer sagen, dass die Grenze von 20 Kilometern ungerecht ist. Irgendwo muss es aber eine Grenze geben", sagte er der Zeitung.

Bundesfinanzhof zweifelt an Rechtmäßigkeit der Kürzung der Pendlerpauschale

Werbungskosten

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der seit Anfang des Jahres geltenden Kürzung der Pendlerpauschale. Das teilte das Gericht in einem am 6. September in München veröffentlichten Beschluss mit. Seit Jahresbeginn können Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz erst ab dem 21. Kilometer als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden. Der Bundesfinanzhof betonte, dass die Verfassungsmäßigkeit der entsprechenden Neuregelung im Einkommensteuergesetz (EStG) "ernstlich zweifelhaft" sei. Im vorliegenden Fall hatte das Niedersächsische Finanzgericht in einem Eilverfahren die Eintragung eines Lohnsteuer-Freibetrags, der die anfallenden Fahrtkosten ohne die Kürzung um 20 Kilometer erfasst, auf der Lohnsteuerkarte angeordnet. Die dagegen vom Finanzamt eingelegte Beschwerde wies der BFH nun zurück.

Die Finanzverwaltung hatte die Auffassung vertreten, dass wegen der erheblichen finanziellen Auswirkungen der Gesetzesänderung das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung höher zu bewerten sei als das individuelle vorläufige Rechtsschutzinteresse der Antragsteller. Dem folgte BFH nicht. (AZ: VI B 42/07 - Beschluss vom 23. August 2007)

Der Bundesfinanzhof wies darauf hin, dass die Streitfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist. Die Finanzgerichte von Niedersachsen und dem Saarland, die die Neuregelung für verfassungswidrig halten, haben bereits das Bundesverfassungsgericht angerufen. Die Karlsruher Richter werden aber "voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr" über die Vorlagen entscheiden, sagte die Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts, Dietlind Weinland.

Am 06-09-2007

CSU-Huber wirbt für die Pendlerpauschale und stößt auf wenig Begeisterung

BMW-Arbeiter kritisieren "Wahlversprechen"

Bei Adolf Weber kann der CSU-Chef nicht punkten. Als Erwin Huber ihm am Montag (7. Juli) am Werksausgang von BMW ein Flugblatt in die Hand drücken will, winkt der 54-Jährige mürrisch ab. "Das sind doch nur Wahlversprechen", mault der Mechaniker hinter dem Ausgang, "alles Lügenmärchen." Huber lächelt unbeirrt und verteilt eifrig weiter. Die CSU will die alte Pendlerpauschale zurückhaben. Das wollen auch viele der Arbeiter, die an Huber vorbeischlendern - nur der CSU trauen sie dieses Vorhaben nicht zu. Schließlich hat die CSU die Pendlerpauschale, die sie jetzt angeblich wieder einführen möchte, mit abgeschafft. Bei BMW in Dingolfing ist Schichtwechsel. Zu Hunderten strömen die Mitarbeiter auf den Werkshof. Am Ausgang steht Huber mit seinem Stapel Flugblättern und einem Dauerlächeln. Hektisch hantiert er mit dem Papierhaufen und gibt sich unverkrampft: "Grüß Gott", "Na, habt Ihr es geschafft für heute?", grüßt er die Arbeiter. Viel Enthusiasmus kommt ihm nicht entgegen. Mal bekommt er ein "Servus" zurück, mal nur einen kritischen Blick oder ein hämisches Lachen. Wortlos gehen die meisten an Huber vorbei, manche lästern. "Gibt es Benzin auch billiger?", ruft ein Arbeiter beim Weggehen. Ein anderer schaut abschätzig auf das Flugblatt. "Das schmeiß ich gleich eh wieder weg", sagt er.

"Das sind doch Kindereien hier", schimpft Weber, "da lachen doch alle drüber." Sein Leben lang habe er CSU gewählt, erzählt er, aber jetzt sei er "Protestwähler". Immer höhere Preise, immer nur Enttäuschungen - das sei ihm genug gewesen. Auch die Kürzung der Pendlerpauschale ärgert den Mechaniker. 13 Kilometer fährt er jeden Morgen zum Werk - zu wenig für Steuervergünstigungen. Seit Anfang 2007 gilt die Pendlerpauschale erst ab dem 21. Kilometer. Wer einen kürzeren Weg zur Arbeit hat, geht leer aus. "Klar merke ich das", sagt der Mechaniker.

Erwin Schleifer geht es ähnlich. Der 47-Jährige arbeitet in der Lackiererei bei BMW. 15 Kilometer muss er jeden Tag hinfahren. "Dass wir die alte Pendlerpauschale zurückkriegen, ist ja wohl das mindeste", sagt er. Für Hubers Auftritt hat er nur ein müdes Lächeln übrig. "Alles Wahlkampftaktik", sagt er, "die haben es ja selbst abgeschafft - und jetzt machen sie hier so eine Show."

Den Vorwurf muss sich Huber oft anhören. Die CSU hat die Kürzung der Pendlerpauschale mit beschlossen. Das bestreite er nicht, sagt der Parteichef, aber die Umstände hätten sich grundlegend geändert. Die Spritpreise seien mittlerweile explodiert und die Steuereinnahmen gestiegen, wiederholt er immer wieder. Nun sei es ein "Gebot der Gerechtigkeit", etwas für die Berufspendler zu tun.

Diese Botschaft will der CSU-Chef auch am Werkstor verbreiten. "Jawoll, wir tun etwas für die arbeitende Bevölkerung", wiederholt Huber gebetsmühlenartig beim Austeilen. "Ha!", ruft ein Monteur beim Vorbeigehen und lacht laut auf. Er deutet auf das CSU-Zeichen auf dem Flugblatt und grinst vor sich hin. Mehr fällt ihm dazu nicht ein.

Andere finden es "ganz gut", wie sich Huber bemüht. "Passt schon", sagt Johann Eibl auf dem Weg in die Werkshalle. Begeisterung klingt anders. Zur Forderung nach der alten Pendlerpauschale nicken die meisten zustimmend. Nur an die Umsetzung wollen viele nicht glauben. "Das hier ist vielleicht publikumswirksam, aber nicht von Erfolg gekrönt", sagt Josef Pötzing.

Am 07-07-2008

CSU genervt über Bundestags-Antrag der Linken zur Pendlerpauschale

Im Land für und im Bund gegen Pendlerpauschale

Entsetzt reagierte die CSU-Landesgruppe auf den Antrag der Linksfraktion zur Wiederherstellung der alten Pendlerpauschale im Deutschen Bundestag. Dies sei ein "durchsichtiges, taktisches Manöver" und ein "Politikspektakel", verbreitete die Landesgruppe in einer Erklärung. Man werde den Antrag am Donnerstag im Bundestag "gemäß den Spielregeln in der Koalition ablehnen", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer am Dienstag in Berlin. Ungeachtet dessen halte die CSU an ihrer Forderung fest, zur alten Regelung der Pendlerpauschale ab dem 1. Kilometer zurückzukehren. Die Linksfraktion plant, am Donnerstag einen Antrag unter dem Titel "Entfernungspauschale sofort vollständig anerkennen - Verfassungsmäßigkeit und Steuergerechtigkeit herstellen" in den Bundestag einzubringen. Mit diesem Thema macht die CSU in Bayern derzeit Wahlkampf. Ziel ist, die Pendlerpauschale wieder ab dem ersten Kilometer und nicht wie zurzeit ab dem 21. Kilometer auszuzahlen. Die CSU will also ein Vorhaben im Bundestag ablehnen, für das sie im bayerischen Landtagswahlkampf offensiv wirbt. In der Erklärung der CSU-Landesgruppe heißt es, als die große Koalition nach der letzten Bundestagswahl die Abschaffung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer mit den Stimmen der CSU abgeschafft hat, "klaffte im Bundeshaushalt eine strukturelle Lücke von 60 Milliarden jährlich". Die Entspannung der öffentlichen Haushalte mache aber nun aus CSU-Sicht "eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale möglich". Auch wenn es der CSU bisher nicht gelungen sei, die Koalition dafür zu gewinnen, halte man den Koalitionsvertrag ein, "der verpflichtet, einheitlich abzustimmen".

Linke-Parteivize Klaus Ernst nannte die Erklärung "angekündigten Wahlbetrug". Der CSU sei "die Koalitionsräson wichtiger als Verbesserungen für die Menschen".

Auch die FDP kritisierte die angekündigte Ablehnung. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte der "Mittelbayerischen Zeitung", im Bundestag werde klargestellt, "ob die CSU für oder gegen die Beschneidung der Pendlerpauschale ist. Entweder verleugnet sie ihren Wahlkampf, oder sie stellt sich gegen ihre bisherige Politik."

Am 23-09-2008

CSU stimmt im Bundestag gegen die Pendlerpauschale

Pendlerpauschale nur zum Stimmenfang

Im bayerischen Landtagswahlkampf spricht sich die CSU vehement für die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale aus, im Bundestag stimmt sie genau gegen dieses Vorhaben. Am Donnerstag (25. September) stand im Deutschen Bundestag ein Antrag der Linken zur Abstimmung, die Pendlerpauschale wieder einzuführen. Doch die CSU-Abgeordneten lehnten es vier Tage vor der bayerischen Landtagwahl ab, dem Antrag zuzustimmen, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sofort wieder vollständig als Werbungskosten beziehungsweise Betriebsausgaben anzuerkennen. Insgesamt stimmten 450 Abgeordnete gegen den Antrag, dafür stimmten 96 Parlamentarier. Es gab eine Enthaltung. Die Links-Fraktion verfügt über 53 Mandate, so dass der Antrag auch von 43 Abgeordneten anderer Fraktionen unterstützt wurde. Seit Januar 2007 können nach einem Beschluss der großen Koalition die ersten 20 Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz nicht mehr steuerlich abgesetzt werden. Die CSU hatte die Abschaffung der alten Pendlerpauschale beschlossen, im Landtagswahlkampf macht sie seit Monaten Stimmung für die Wiedereinführung. Wie die Links-Fraktion fordert die CSU - im Wahlkampf - eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale ab dem 1. Kilometer.

Die CSU-Landesgruppe bezeichnete nun den Linke-Antrag als "durchsichtiges taktisches Manöver" zurück. "Wir brauchen schlichtweg eine Mehrheit im Bundestag", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Albert Rupprecht zur Begründung, warum es jetzt keine Zustimmung geben könne. Zudem sei der Linke-Antrag nicht identisch mit den Forderungen der CSU.

Linkspartei-Vize Klaus Ernst hielt den Christsozialen hingegen Wählertäuschung vor. "Das ist angekündigter Wahlbetrug", sagte er mit Blick auf die CSU-Aussagen im bayerischen Wahlkampf, die "alte Pendlerpauschale jetzt" wieder einführen zu wollen.

Auch Grünen-Fraktionsvize Christine Scheel warf der CSU vor, in Berlin mit dem Nein zur Pendlerpauschale "in Opposition gegen sich selbst" zu stehen. Auf eine solche "Propaganda" werde der bayerische Wähler am Wochenende nicht hereinfallen. Der FDP-Abgeordnete Volker Wissing sprach vom "politischen Wackeldackel CSU".

Am 25-09-2008

Abschaffung der Pendlerpauschale war verfassungswidrig

Schlappe für Hessische Landesregierung

Das Bundesverfassungsgericht hat die Abschaffung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig erklärt. Bis zu einer Neuregelung sei rückwirkend zum 1. Januar 2007 die Pauschale vorläufig unbeschränkt ab dem ersten Entfernungskilometer wieder zu gewähren, entschieden die Karlsruher Richter am Dienstag (9. Dezember). Bei der geforderten Neuregelung sei der Gesetzgeber allerdings "nicht verpflichtet, die Pendlerpauschale in alter Form wieder einzuführen", betonte Gerichtsvizepräsident Andreas Voßkuhle. In der geltenden Regelung sah das Gericht aber einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung. Seit Januar 2007 konnten die ersten 20 Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz nicht mehr steuerlich abgesetzt werden. Lediglich Fahrtkosten ab dem 21. Kilometer konnten über eine Härtefallregelung "wie Werbungskosten" mit 30 Cent pro Kilometer abgezogen werden. Der Staat erhoffte sich damit Einsparungen von 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. Die vom Gesetzgeber angeführte Begründung für die Streichung der Entfernungspauschale reichte den Karlsruher Richtern nicht aus. Das "fast ausschließlich angeführte Ziel der Haushaltskonsolidierung" könne trotz aller Dringlichkeit für sich genommen die Streichung der Entfernungspauschale nicht rechtfertigen, betonte der Zweite Senat. Der "rein fiskalische Zweck staatlicher Einnahmeerhöhung" sei kein hinreichender Grund. Anerkannt wären höchstens "Förderungs- und Lenkungsziele" wie verkehrs- und umweltpolitische Ziele.

Der Zweite Senat entschied über Normenkontrollanträge des Bundesfinanzhofs sowie der Finanzgerichte Niedersachsens und des Saarlandes, die die Streichung der Pendlerpauschale für verfassungswidrig hielten.

Die Entscheidung des Zweiten Senats erging mit 6 zu 2 Richterstimmen.

(AZ: 2 BvL 1/07 u.a. - Urteil vom 9. Dezember 2008)

Die Bundesregierung reagierte bereits auf das erwartete Urteil. Nun gelte wieder die alte Pendlerpauschale ab dem ersten Entfernungskilometer, teilte das Bundesfinanzministerium. Dies beziehe sich rückwirkend auf die Jahre 2007 und 2008 und auch auf 2009, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Nicolette Kressl (SPD), in Karlsruhe.

Man werde das Urteil so schnell wie möglich umsetzen, damit die Bürger "noch zu Beginn 2009 ihre Steuerrückerstattungen erhalten", hieß es, vermutlich mit Blick auf den Wahlkampf. Millionen Pendler bekämen damit "schnell ihr Geld". Ab dem 1. Januar 2009 gelte "automatisch wieder" das bis zum 31. Dezember 2006 geltende Recht.

Bundesfinanzministerium und Hessische Landesregierung bedauern Urteil

Das Verfassungsgericht habe sich "leider nicht" der Rechtsauffassung von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat angeschlossen, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Bundesfinanzministerium und Hessischer Landesregierung. Diese betonen: "Auch wenn wir diese Entscheidung für falsch und ihre nachteiligen Konsequenzen für die Reformfähigkeit unseres Landes für noch nicht absehbar halten, ist sie selbstverständlich für unser politisches Handeln bindend."

Die Bundesregierung werde keine Maßnahmen ergreifen, um die mit der Umsetzung des Urteils einhergehenden Steuerausfälle von insgesamt rund 7,5 Milliarden Euro für die Jahre 2007 bis 2009 an anderer Stelle einzusparen. Der Verzicht auf eine Gegenfinanzierung bis Ende 2009 solle der "Stärkung der Konjunktur" dienen. Wie eine künftige Neuregelung der Pendlerpauschale ab dem Veranlagungszeitraum 2010 aussehen werde, werde die Bundesregierung "zur gegebenen Zeit entscheiden".

Über sieben Millionen Bürger fahren über 20 Kilometer zur Arbeit Von der Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale profitieren mehrere Millionen Arbeitnehmer. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden parallel zur Karlsruher Verfassungsgerichtsentscheidung mitteilte, sind im Jahr 2004 rund 7,6 Millionen Menschen mehr als 20 Kilometer bis zur Arbeit gefahren. Bei 7,4 Millionen Menschen betrug der Arbeitsweg bis zu 20 Kilometer.

Somit hätten von der damaligen Entfernungspauschale, die keine Kilometerbeschränkung vorsah, 15 Millionen Bundesbürger profitiert. Ihnen seien steuerlich insgesamt 69,1 Milliarden Kilometer anerkannt worden. 2004 ist laut Statistikamt das letzte verfügbare und vollständige Veranlagungsjahr.

Am 09-12-2008

Steuerbescheide zur Rückzahlung der Kilometerkosten nur unter Vorbehalt

Verwirrung um Pendlerpauschale

Knapp zwei Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt es neue Verwirrung um die Pendlerpauschale. Hintergrund ist, dass die Finanzbehörden die Steuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 zur Rückzahlung der Kilometerkosten nur unter Vorbehalt erlassen. Das Bundesfinanzministerium verteidigte dieses Vorgehen. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat die Finanzämter in einem Schreiben angewiesen, dass Rückzahlungen der Pendlerpauschale mit einem sogenannten Vorläufigkeitsvermerk versehen werden. Die Steuerbescheide, die derzeit an die Arbeitnehmer verschickt werden, enthalten deshalb den Zusatzpassus: "Sollte aufgrund gesetzlicher Neuregelung dieser Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich."

Der Vizepräsident des Finanzgerichts des Saarlandes, Peter Bilsdorfer, warf Steinbrück deshalb eine "Verdummung des Steuervolks" vor. Der Passus erlaube es der nächsten Bundesregierung nach der Bundestagswahl, die Pendlerpauschale rückwirkend zuungunsten der Pendler erneut zu ändern.

Auch der Bund der Steuerzahler kritisierte die Entscheidung des Finanzministers. Verbandspräsident Karl Heinz Däke sagte: "Der Vorläufigkeitsvermerk führt zu großer Verwirrung. Der Finanzminister hätte diese Formulierung in den Steuerbescheiden nicht zulassen dürfen."

Der Präsident des Automobilclubs ADAC, Peter Meyer, sprach von einem "Wortbruch". Vor knapp zwei Monaten sei die Rückerstattung der Pauschale für die ersten 20 Kilometer von Steinbrück noch als Beitrag zur Konjunkturbelebung verkauft worden.

Das Finanzministerium äußerte "große Verwunderung" über die Debatte. Das Urteil aus Karlsruhe sehe "bis zu einer gesetzlichen Neuregelung" eine Anwendung des alten Rechts zur Pendlerpauschale "im Wege vorläufiger Steuerfestsetzung" vor. Die Finanzverwaltung habe also keine andere Möglichkeit, als die Steuerbescheide für vorläufig zu erklären.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember entschieden, dass die von der großen Koalition verabschiedete Kürzung der Pendlerpauschale auf Arbeitswege ab dem 21. Kilometer in den Jahren 2007 und 2008 verfassungswidrig war. Die Bundesregierung hatte darauf hin eine Rückkehr zur alten Kilometerpauschale von 30 Cent ab dem ersten Kilometer Arbeitsweg beschlossen.

Am 05-02-2009

Bundestag beschließt Rückkehr zur alten Pendlerpauschale

Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel

Gut zwei Jahre nach Kappung der Pendlerpauschale hat der Bundestag am Donnerstag (20. März) eine weitgehende Rückkehr zur alten Regelung beschlossen. Damit können Pendler den Weg zur Arbeit künftig wieder vom ersten Kilometer an steuerlich geltend machen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, die Pauschale rückwirkend zum 1. Januar 2007 wieder einzuführen. Für die Steuerzahler bedeutet die Entscheidung eine Entlastung in Höhe von jährlich 2,53 Milliarden. Nach Angaben der Steuergewerkschaft müssen die Bürger nach der Entscheidung des Bundestages nicht aktiv werden, um zu Rückzahlungen zu kommen. "Der Bescheid, der vorläufig war, wird endgültig", sagte Steuergewerkschaftschef Ondracek. Zur bisherigen vorläufigen Regelung gibt es zwei wesentliche Unterschiede: Zum einen können Arbeitnehmer auch dann Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel geltend machen, wenn diese den Betrag der Entfernungspauschale übersteigen. Zum anderen sollen auch Unfallkosten wieder berücksichtigt werden.

Die Neuregelung wirkt sich ferner auf die Sozialkassen aus: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können bestimmte Sozialversicherungsbeiträge, die sie im Jahr 2008 bezahlt haben, zurückfordern. Viele Arbeitgeber zahlen ihren Mitarbeitern Kilometerpauschalen zusätzlich zum Lohn für den Weg zur Arbeit. Seit Beginn des Jahres 2007 mussten auch bei diesen Zuschüssen für die ersten 20 Kilometer Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden. Diese Abgaben können jetzt für das Jahr 2008 zurückgefordert werden, wenn die Firmen rückwirkend die Pauschalsteuer von 15 Prozent zahlen. Die Unternehmen erhalten dann ihren Arbeitgeberanteil zurück, die Mitarbeiter Lohnsteuern und Sozialabgaben.

Die Deutsche Steuergewerkschaft (DSTG) begrüßte die Entscheidung der Abgeordneten und lobte sie als Durchbruch. "Das ist das richtige Signal", sagte der Bundesvorsitzende Dieter Ondracek.

Der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, räumte Fehler der großen Koalition ein: "Wir haben leistungswillige Arbeitnehmer nicht leistungsgerecht behandelt", sagte der CSU-Politiker.

Der SPD-Abgeordnete Florian Pronold wies die Verantwortung für die Kappung allein der Union zu. "Wir als SPD waren schon immer für die Beibehaltung der Pendlerpauschale."

Vor diesem Hintergrund warfen die Liberalen der schwarz-roten Koalition Scheinheiligkeit vor. "Diese Koalition hat unser Land nicht vorangebracht, nicht einen Millimeter. Wir führen genau das wieder ein, was wir hatten, bevor wir Sie hatten", sagte der FDP-Finanzexperte Volker Wissing. "Die Pendlerpauschale ist kein Ruhmesblatt der Großen Koalition", kommentierte die Linke-Fraktionsvize Barbara Höll. Beide Fraktionen unterstützten in der Abstimmung jedoch die Vorlage von Union und SPD.

Lediglich die Grünen stimmten aus grundsätzlichen Erwägungen gegen das Gesetz und forderten langfristige Lösungen: "Ich hätte es für richtig gehalten, dass die große Koalition nicht nur dafür sorgt, das der alte Rechtszustand wieder hergestellt wird, sondern dass sie sagt, was passiert denn dann.", sagte Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel. Zudem kritisierte sie die Kosten der Neuregelung. "Wir haben jetzt im Jahr 2009 ungeplante Steuerausfälle für Bund, Länder und Gemeinden von bis zu sechs Milliarden Euro."

Am 20-03-2009

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