"In einer Zeit, in der mehr und mehr Gesundheitsbehörden weltweit auf Generika angewiesen sind, kann es nicht hingenommen werden, dass das Handeln einer Firma eine der wichtigsten Quellen für erschwingliche Medikamente bedroht", meint Fournier.
Mehr als 350.000 Menschen haben sich nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen einer Petition gegen das Vorgehen von Novartis angeschlossen, darunter Erzbischof Desmond Tutu, die ehemalige Schweizer Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und der Schriftsteller John le Carré. Darüber hinaus hätten weltweit Patientengruppen und Nichtregierungsorganisationen gegen die Klage protestiert.
"Wir sind auf erschwingliche Medikamente aus Indien angewiesen und befürchten, dass das Vorgehen von Novartis deren Verfügbarkeit in den ärmsten Regionen der Erde beeinträchtigen wird", so Unni Karunakara, medizinischer Direktor der Kampagne für Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten. Es sei äußerst wichtig, dass Indien den Spielraum internationaler Handelsabkommen nutze und hierbei als ein Modell für andere Staaten diene. "Sollte Novartis erfolgreich sein, werden diese Möglichkeiten in Indien und eventuell anderen Staaten ausgeschlossen sein."
Am Montag fand am obersten Zivilgericht im indischen Chennai einer der letzten Verhandlungstage der Klage von Novartis gegen die Sektion 3(d) des indischen Patentgesetzes statt - eine Klausel, die die Gewährung von Patentmonopolen auf wirkliche Innovationen beschränken soll. Das Urteil wird in einem Monat erwartet.
Die gestiegene Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von antiretroviralen Medikamenten habe es erst erlaubt, seit 2000 weltweit mit der Behandlung von HIV/Aids-Patienten zu beginnen, so Ärzte ohne Grenzen. Indien werde oft als die "Apotheke der Welt" beschrieben: Indische Medikamente machten derzeit mindestens ein Viertel aller von Ärzte ohne Grenzen eingekauften Medikamente aus und sind offenbar das Rückgrad aller HIV/Aids-Projekte der Organisation, in denen rund 80.000 Menschen behandelt werden. Über 80 Prozent der HIV/Aids-Medikamente in diesen Projekten stammen den Angaben zufolge aus Indien.