Der Initiative liegen Zahlen zu Exporterstattungen des deutschen Hauptzollamts Hamburg-Jonas vor. Das hatte 40 Unternehmen befragt. Elf davon hätten der Veröffentlichung ihrer Daten zugestimmt. Eine Mehrheit der Subventionsempfäner habe jedoch auf Geheimhaltung bestanden, so Wiggerthale.
548 Unternehmen hätten im Jahr 2005 solche Exporterstattungen kassiert, so die Verbände. Empfänger seien unter anderem die Emsland-Stärke GmbH mit 7,69 Millionen Euro (Getreide, Stärke), die Vion Trading GmbH mit 6,78 Millionen (Rindfleisch), Bayer Material Science AG mit 3,03 Millionen (Zucker) und Cerestar (Cargill) mit 2,02 Millionen Euro (Getreide) gewesen. Nach Oxfam-Erkenntnissen hat zudem der Südzucker-Konzern inklusive Tochtergesellschaften – nach Abzug der Produktionsabgaben – für die Jahre 2002 bis 2005 durchschnittlich rund 90 Millonen Euro Exporterstattungen pro Jahr erhalten. Die meisten großen Subventionsempfänger seien aber der Öffentlichkeit noch immer nicht bekannt.
"Während die Gewinne der großen Konzerne steigen, werden Millionen von Kleinbauern weltweit durch das Exportdumping in die Armut abgedrängt. Die Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit einer Wende in der Förderpolitik hin zu einer sozial gerechten, regionalen, bäuerlichen, ökologisch verträglichen und tiergerechten Landwirtschaft", meint Wiggerthale.
Nach Auffassung der Agrarreferentin des BUND, Reinhild Benning, wird mit den EU-Beihilfen "richtig Kasse gemacht". Sie kritisiert, dass derzeit die Direktbeihilfen an landwirtschaftliche Betriebe nicht an umwelt- oder sozialverträgliche Kriterien gebunden seien. So besitze der "Familienclan Rethmann" neben dem größten Entsorgungskonzern Deutschlands (Remondis) auch über 7.000 Hektar in Ostdeutschland. Für eine solche Fläche zahle die EU rund drei Millionen Euro jährlich aus dem Agrarbudget, und dies, ohne besondere Leistungen für Umwelt- und Tierschutz einzufordern.
"Diesen Subventionen fehlt jede gesellschaftliche Legitimation. Wir können nicht hinnehmen, dass unsere Steuergelder Milliardäre reicher machen, statt gezielt Umwelt- und Tierschutz zu fördern", meint Benning. Bei der anstehenden Überarbeitung der EU-Agrarpolitik im Jahr 2008 müsse der "Überförderung von Großbetrieben" ein Riegel vorgeschoben werden. Sie forderte die EU-Kommission und die Länder auf, bei ihrer aktuellen Abstimmung der landwirtschaftlichen Förderprogramme dafür sorgen, dass die Gelder "für konkrete Leistungen wie etwa Ökolandbau, Arten- und Grundwasserschutz keinesfalls wie geplant zusammengestrichen werden", fordert die Umweltschützerin.
Die Vergabe von Steuergeldern müßten an Leistungen der Betriebe gebunden werden, meint auch Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter. "Angesichts der gewaltigen Umweltprobleme durch Klimawandel, Artensterben und Bedrohung der letzten Urwälder können wir es uns nicht leisten, die Agrargelder blind zu verteilen. Betriebe, die mit genmanipulierten Pflanzen Natur und Nahrung gefährden oder Futtermittel aus Regenwaldgebieten einsetzen, dürfen nicht auch noch staatlich gefördert werden", fordert Hofstetter.
Nach Darstellung der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) sind auch viele Bauern mit dem derzeitigen Subventionssystem nicht einverstanden. So verwies Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft darauf, dass die Gelder "sehr ungleich" ausgeschüttet würden. Die bisherige Verteilung komme den Betrieben zugute, die mit möglichst wenig Menschen möglichst viel Fläche bewirtschafteten. "Solche Betriebe können ganz legal auf umgerechnet bis zu 120.000 Euro (Subventionenen) je Arbeitskraft im Betrieb kommen", so Jasper. Im Durchschnitt kämen alle Höfe aber nur auf 9.000 Euro je Arbeitskraft.
Bäuerliche Betriebe würden somit "drastisch benachteiligt". Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft fordert daher eine "Berücksichtigung des Faktors Arbeit" bei der Zuteilung von Geldern. Neben Leistungen für die Umwelt müsse auch die Beschäftigungsleistung der Betriebe beachtet werden, damit die EU nicht länger die Streichung von Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft fördere.
Die Verbände verwiesen darauf, dass die EU-Kommission im Jahr 2007 erneut die europäische Agrarpolitik überprüfen wolle. Die EU habe dem Druck der Öffentlichkeit zwar nachgegeben und schreibe den Mitgliedsstaaten die Veröffentlichung der Empfänger von EU-Agrargeldern mit Angabe der Summe und des Förderzwecks vor. Doch Brüssel lasse den Mitgliedstaaten damit Zeit bis 2009.
Die Verbände sehen darin keinen Zufall, sondern vermuten das Kalkül, so lange mit der Veröffentlichung zu warten, bis die Debatte um den Umbau der EU-Agrarpolitik abgeschlossen ist. Sie forderten die Bundesregierung auf, die Karten schon jetzt auf den Tisch zu legen, wie es andere EU-Staaten wie die Niederlande oder Dänemark längst praktizierten.