Offen sei, ob es dafür ein neues Bundestagsmandat geben müsse. SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck plädierte dafür, zumindest im Bundestag über den Einsatz zu sprechen. Nach der NATO-Außenministerkonferenz werde man die Entscheidung der Bundesregierung abwarten, wie man dann mit zusätzlichen Anforderungen der NATO an Überwachungs- und Aufklärungsflügen der Luftwaffe umgehe.
Vom Auswärtigen Amt sowie vom Verteidigungsministerium wurde darauf hingewiesen, dass noch keine Entscheidung zu dem Einsatz gefallen sei. "Die Anfrage wird geprüft", sagten die jeweiligen Ministeriumssprecher. Vorgesehen ist, sechs Flugzeuge mit insgesamt 250 Mann nach Afghanistan zu entsenden, die für ein halbes Jahr Aufklärung für alle ISAF-Truppen fliegen sollen.
Äußerst unzufrieden äußerte sich die FDP-Wehrexpertin Birgit Homburger über den Umgang mit dem Parlament. Die Afghanistan-Informationspolitik der Bundesregierung sei "eine bodenlose Frechheit", kritisierte sie. Die Obleute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses seien in der Woche vor Weihnachten durch die Bundesregierung lediglich über eine Anfrage der NATO unterrichtet worden.
Für die Links-Fraktion kommt ein Einsatz - "mit oder ohne eine Unterrichtung" - nicht in Frage. Es bleibe beim Nein der Fraktion zur Entsendung deutscher Tornado-Kampflugzeuge nach Afghanistan, erklärte der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Paul Schäfer. Statt sich immer mehr in den Krieg in Afghanistan hineinziehen zu lassen, sollte Deutschland die Bundeswehr zurückholen und stattdessen die zivile Hilfe ausweiten.
Schäfer verwies auf den Angriff von ISAF-Einheiten auf Rebellen in der ostafghanischen Provinz Paktika, der bis zu 150 Todesopfer gefordert habe. Dieser Angriff sei ein erster "bitterer Vorgeschmack" auf die erwartete Frühjahrsoffensive gegen Aufständische in Afghanistan. Der so genannte Stabilisierungseinsatz ISAF mutiere immer mehr zum Kampfeinsatz. Die Grenze zu dem von den USA geführten "Anti-Terror-Krieg" drohe völlig zu verwischen. "Der vor allem aus der Luft geführte Angriff bestätigt die Ablehnung der Linksfraktion gegen die Entsendung deutscher Tornado-Kampflugzeuge ins afghanische Kriegsgebiet", so Schäfer. "Deutschland würde dadurch immer mehr zur kriegführenden Partei."
Unabhängig von den politischen Diskussionen bereiten sich die Piloten im Aufklärungsgeschwader 51 "Immelmann" im schleswig-holsteinischen Jagel offenbar bereits intensiv auf den Einsatz vor. Die Tornados sollen auf dem Flughafen in Kabul stationiert werden. Sie sollen in ganz Afghanistan Aufklärung für alle ISAF-Truppen fliegen.
Die allwetterfähigen "Recce-Tornados" verfügen über Spezialkameras, die gestochen scharfe Fotos schießen können. Die Kameras sind in einem Behälter unter dem Rumpf der Maschine angebracht. Darin befindet sich eine Kamera mit langer Brennweite, die Aufnahmen aus verschiedenen Höhen ermöglicht, und eine Kamera, die Panoramabilder des überflogenen Gebietes machen kann. Ein zusätzliches Infrarotauge kann zur thermischen Abtastung eines Zielgebietes genutzt werden. Anhand von Wärmeunterschieden ist es in der Lage, zum Beispiel getarnte Fahrzeuge im Gelände zu erkennen.
"Unsere Technik ist in der Lage, das Nummernschild eines Autos in fünf Kilometer Entfernung gestochen scharf zu fotografieren", erklärt ein "Tornado"-Pilot. "Tornados" wurden in Deutschland schon zur Bewältigung von Hochwasserkatastrophen und bei Verbrecherjagden eingesetzt. Die Spezialmaschinen waren auch in den Balkankriegen im Einsatz. Sie können mit ihrem "Geländefolgeradar" (terrain following radar) computergesteuert mit über 1400 Kilometer in der Stunde in nur 30 Meter Höhe Bergkuppen, Stromleitungen und andere Hindernisse "überspringen".
Die NATO hatte darauf hingewiesen, dass es für die von ihr geführten ISAF-Kontingente erhebliche Defizite bei der Aufklärung gebe. Hauptsächlich amerikanische und britische Jagdbomber fliegen nach Aussage von Offizieren täglich um die 30 bis 50 Einsätze in den Kampfzonen Süd- und Ostafghanistans. Die deutschen Tornados sollen offenbar dabei helfen, die Ziele auszuwählen.