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Steueroasen am Starnberger See

Bundesregierung lehnt offenbar bessere Prüfung von Einkommensmillionären ab

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Einkommensmillionäre werden von den Finanzämtern nur unzureichend geprüft. Der Bundesrechnungshof kritisierte in seinem am Dienstag vorgelegten Jahresbericht, dass im Bundesdurchschnitt jährlich nur 15 Prozent der Einkommensmillionäre Außenprüfungen über sich ergehen lassen müssen. Dadurch gingen dem Fiskus erhebliche Steuereinnahmen verloren, betonte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels. Als viel zu gering erachtet der Bundesrechnungshof auch die Quote von zwei Prozent bei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen von Unternehmen. Rechnerisch sei damit eine Firma nur alle 50 Jahre an der Reihe. Die Steuergewerkschaft wirft Bayern und anderen Ländern jetzt "eine stillschweigende Tolerierung von Steueroasen für gutbetuchte Bürger" vor. Die Bundesregierung lehnt effektivere Kontrollen der Millionäre offenbar ab.


Gewerkschaftschef Dieter Ondracek sagte der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse": "In den Gegenden, wo relativ viele reiche Menschen wohnen, im Speckgürtel um München, am Starnberger See, in Garmisch, in Baden-Württemberg um Stuttgart herum und in Hessen um Frankfurt liegen unsere Steueroasen."

Ondracek sagte, in den deutschen Steueroasen sei der Prüfdienst "unterbesetzt". Er kritisierte, dass die Geberländer im Finanzausgleich wie Bayern die Kontrolldichte nicht erhöhten, um vermögende Bürger nicht zu verärgern.

Bundesregierung lehnt effektive Kontrollen offenbar ab

Nach einer bundeseinheitlichen Verordnung sollen Einkommensmillionäre regelmäßig überprüft werden. Je nach Bundesland reiche die Prüfungsquote von 10 bis 60 Prozent, sagte Engels. Er forderte das Bundesfinanzministerium auf, bei den Ländern auf eine höhere Prüfungsdichte hinzuwirken. "Lohnend sind sie allemal", betonte Engels. Jede Sonderprüfung ergebe Mehreinnahmen von durchschnittlich 135.000 Euro.

Um die Außenprüfungen zu erleichtern, sollte die Begründungspflicht bei Prüfungsanordnungen in diesen Fällen entfallen, fordert der Rechnungshof. Außerdem sollte eine Aufbewahrungspflicht für Belege eingeführt werden.

Diese Forderungen des Bundesrechungshofes werden von der Bundesregierung aber offenbar abgelehnt. Der Rechnungshof beschreibt in seinem Bericht die Reaktion des zuständigen Bundesministeriums auf seine Empfehlungen so: "Die Empfehlungen des Bundesrechnungshofes, eine Belegaufbewahrungspflicht einzuführen und den Begründungszwang für die Anordnung der Außenprüfung bei diesem Personenkreis zu streichen, werde von allen obersten Finanzbehörden der Länder unterstützt. Dies könne aber aus Gründen des vorgesehenen Bürokratieabbaus zurzeit nicht realisiert werden."

Belege aufzubewahren und eine Begründungspflicht für die Finanzämter zu streichen stellen nach Auffassung der Bundesregierung scheinbar einen unzumutbaren Bürokratieaufwand dar.

15.600 "Einkunftsmillionäre"

Nach Angaben des Rechnungshofes hatten im Jahre 2004 rund 15.600 von 27,7 Millionen Steuerpflichtigen ein Einkommen von 0,5 Millionen Euro oder mehr. Die Finanzbehörden bezeichnen diese Fälle mit bedeuten den Einkünften auch heute noch als "Einkunftsmillionäre". Diese Steuerpflichtigen erzielen ihre Einkünfte nicht aus unternehmerischer Tätigkeit, sondern aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen oder aus Vermietung und Verpachtung.

Sie zahlten im Jahre 2001 rund 10 Milliarden Euro Einkommensteuer. Dies entspricht rund 5,5 Prozent des gesamten Aufkommens der Einkommensteuer von 177 Milliarden Euro. Im Durchschnitt zahlte jeder Einkunftsmillionär 570.000 Euro Einkommensteuer. Entsprechend sehr viel höher sind die tatsächlichen Einkünfte.

Nach einer bundeseinheitlichen Verordnung soll dieser Personenkreis regelmäßig von der Außenprüfung der Finanzämter geprüft werden. Es soll grundsätzlich keine prüfungsfreien Zeiträume geben. Tatsächlich aber führten die Finanzämter bundesweit in den Jahren 2000 und 2001 jährlich bei nur 5 Prozent der 15.600 Einkunftsmillionäre Außenprüfungen durch. Da in der Regel ein Zeitraum von drei Jahren geprüft wird, so der Rechnungshof, ergab sich eine jährliche Prüfungsquote von etwa 15 Prozent.

Der Rechnungshof übt herbe Kritik an den Finanzämtern. Bei einer Stichprobe habe man festgestellt, dass ein Finanzamt, das für die Besteuerung von rund 100 Einkunftsmillionären zuständig sei, "keinen davon prüfte. Die Prüfung unterblieb selbst in den Fällen, in denen die Notwendigkeit eindeutig erkennbar war. Die Steuern wurden häufig entsprechend der Erklärung des Steuerpflichtigen festgesetzt. Selbst Flüchtigkeitsfehler und Rechenfehler, die zu Steuermindereinnahmen in sechsstelliger Höhe führten, korrigierten die Finanzämter nicht."

Die Außenprüfungen bei den Einkunftsmillionären seien teilweise sehr arbeitsintensiv, weil der Steuerpflichtige nicht verpflichtet sei, die steuererheblichen privaten Unterlagen, wie zum Beispiel Nachweise und Rechnungen, nach der Abgabe der Steuererklärung aufzubewahren. Der Rechnungshof kritisiert auch die Millionäre selbst: "Die Außenprüfungen verzögerten sich, weil die Steuerpflichtigen keine Belege vorlegten."

Bundesrechnungshof: Dies ist nicht hinnehmbar

Nach Auffassung des Bundesrechnungshofes ist eine Prüfungsquote von bundesweit etwa 15 Prozent viel zu gering. Wegen der langen prüfungsfreien Zeiträume werde "eine der Rechtslage entsprechende und gleichmäßige Besteuerung der Einkunftsmillionäre nicht erreicht. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein kleiner Personenkreis mit bedeutsamen Einkünften von mehr als 0,5 Millionen Euro kaum geprüft und in der Regel antragsgemäß veranlagt wird."

Personen mit hohem Einkommen und unterschiedlichen Einkunftsarten hätten "Möglichkeiten ihr zu versteuerndes Einkommen zu gestalten". Sie setzten ihr Vermögen auch dazu ein, weitere Einkünfte zu erzielen. Die Außenprüfungen dienten dazu, "eine gerechte Veranlagung der Steuerpflichtigen zu gewährleisten". Die Mehreinnahmen von 135.000 Euro pro Außenprüfung belegten deren Notwendigkeit.

Der Bundesrechnungshof hält außerdem die Unterschiede bei den Prüfungsquoten in einzelnen Bundesländern von 10 Prozent bis 60 Prozent für zu groß. "Die unterschiedlichen Prüfungsquoten bedingen, dass in einem Land die Mehrzahl der Einkunftsmillionäre geprüft werden, während sie in einem anderen Land – bei einem Prüfungszeitraum von drei Jahren – statistisch nur alle dreißig Jahre einer Außenprüfung unterliegen. Dies widerspricht dem Gebot der gesetzmäßigen und gleichmäßigen Besteuerung." Wenn alle Länder die Außenprüfung stärkten, könnten sie auch alle von den Mehreinnahmen profitieren.

Einheitliche Prüfung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern

In Unternehmen treten laut Rechnungshof "aufklärungsbedürftige Sachverhalte oft erst durch eine intensive und systematische Betriebsprüfung zu Tage. Sofern Verträge oder sonstige Unterlagen eingesehen werden, die auch für die Besteuerung der Gesellschafter oder Geschäftsführer von Bedeutung sind, sollten diese von einem Finanzamt bearbeitet werden. Dies wäre ein Beitrag zur Steuergerechtigkeit."

Außerdem könne damit Doppelarbeit vermieden werden. Eine einheitliche Außenprüfung "dieser oft bundesweit und international tätigen Unternehmen und der Gesellschafter, Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder durch eine Bundesbehörde hilft, die Steuergerechtigkeit unabhängig vom Sitz des zuständigen Finanzamtes zu gewährleisten". Der Bundesrechnungshof hat daher empfohlen, dass an Außenprüfungen der Einkunftsmillionäre Prüfer des Bundeszentralamtes für Steuern mitwirken.