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Demografische Entwicklung & Staatsverschuldung

Grüne auf der Suche nach dem "funktionierenden Markt"

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Die als Wirtschaftsliberale bekannten Grünen-Politiker Fritz Kuhn, Christine Scheel, Matthias Berninger wollen gemeinsam mit einigen anderen Grünen-Politikern ihrer Partei ein wirtschaftspolitisches Programm nahe bringen, das eine weitere Annäherung an die FDP und die CDU erlaubt. Im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Welt" hob Kuhn auf die einschlägigen Schlagworte ab: "demografische Entwicklung, Staatsverschuldung, soziale Exklusion". Wegen dieser "neuen Probleme" sei die Erhardsche soziale Marktwirtschaft "an ihre Grenzen gestoßen". Die Ökologisch Demokratische Partei (ÖDP) propagierte jahrelang den Slogan "Weniger ist mehr". Bei den Grünen heißt es jetzt: "Mehr Wert – Grüne Marktwirtschaft". Der Kernsatz der Konzeption lautet: "Grüne Wirtschaftspolitik will funktionierende Märkte mit hoher Wettbewerbsintensität." Als neoliberal wollen die Grünen ihr Konzept nicht bezeichnet wissen.


"Grüne Marktwirtschaft will den Wettbewerb fördern", schreiben Kuhn, Scheel und Berninger. Grundlage dafür sei eine "offene Märkte fördernde Politik". Neben der Marktöffnung komme es im globalen Ordnungsrahmen entscheidend darauf an, funktionierende Märkte anstelle von Monopolen und Oligopolen zu schaffen. Der globale Wettbewerb soll nach Vorstellung der Grünen kraftvoll durchgesetzt werden: "Deshalb ist eine multilaterale Instanz zur Durchsetzung einer Wettbewerbspolitik notwendig."

Dem Staat komme die Verantwortung zu, die Rahmenbedingungen dieser Märkte durch klare Regelsetzungen zu definieren. "Funktionierende Märkte" seien ein gutes Mittel, "um unsere ökologischen und sozialen Ziele zu erreichen".

Auf der Basis eines "anspruchsvollen Ordnungsrahmens" gewähre der Markt Freiheit, damit sich die effizientesten Produkte und Verfahren zur Befriedigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Bedürfnisse durchsetzen könnten. Kuhn, Scheel und Berninger beschreiben ein lehrbuchartiges Marktgeschehen: "Im Markt konkurriert eine große Zahl von Unternehmen um die Entwicklung der besten Lösung." Der funktionierende Markt sei daher das effizienteste Suchverfahren für Innovationen.

Grüne: Die unsichtbare Hand des Marktes wird grün

Schon heute sorgten steigende Kosten auf den Rohstoff- und Energiemärkten dafür, dass "die unsichtbare Hand des Marktes" grün werde. "Schöpferische Zerstörung" überwinde ineffiziente und umweltschädliche Strukturen wie die zentralistische, auf Großkraftwerken beruhende Energieproduktion und ebne den Weg zur Bewahrung der Schöpfung.

Letztlich appellieren Kuhn, Scheel und Berninger an ein verantwortliches individuelles Verhalten der Marktteilnehmer: "Grüne Marktwirtschaft baut auf verantwortliche Marktakteure. Dazu gehören Unternehmen, die sich ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung bewusst sind, und VerbraucherInnen, die qualitativ hochwertige Güter unter Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien nachfragen." Gemeinsam entstehe so die Grundlage für die "Schaffung von Werten". Der Staat flankiert durch klare Regelsetzungen, die neben den Preissignalen des Marktes ökologische und soziale "Leitplanken" bilden.

"Grüne Marktwirtschaft" setze auf Toleranz, Technologien und Talente. Es geht den Politikern um Raum für die Entdeckung neuer Ideen. Die alte grüne Kritik am ungebremsten Wirtschaftswachstum, das die begrenzten Kapazitäten des Planeten überfordere, wird in diesem Zuge über Bord geworfen: "Hier liegt auch der Schlüssel zu mehr Wachstum. Neues Wissen, das Kreativität erzeugt, ist der Nährboden der Produktivität der Zukunft."

Die kreativen grünen Köpfe fordern "mehr Bildung und Forschung"

Dem aktuellen Trend folgend fordern auch die Grünen-Politiker "mehr Investitionen in Bildung und Forschung" und eine "Steigerung der Qualität der Bildungseinrichtungen" als Voraussetzung für Kreativität in der "Wissensgesellschaft". Der begrenzende Faktor der Wissensgesellschaft seien "die kreativen Köpfe" und die Bereitschaft von Staat, Unternehmen und Individuen in Bildung und Wissenschaft zu investieren. "Wir wollen Deutschland wieder zu einem attraktiven Standort für die kreativsten Köpfe der Welt machen. Deshalb muss die Politik die notwendigen Investitionen in Bildung und Wissenschaft auf den Weg bringen."

Auch die Grünen sprechen wie alle anderen Parteien vornehmlich von den kleinen und mittleren Unternehmen: Grüne Marktwirtschaft brauche mehr UnternehmerInnen. Die Wirtschaftspolitik sei an den großen Unternehmen, nicht aber an den Bedürfnissen der Kleinen und Mittleren Unternehmen ausgerichtet, heißt es in dem Konzept. Letztlich geht es möglicherweise weniger um Unternehmertum, als vielmehr um eine unfreiwillige Selbständigkeit und Ich-AGs: "Wir brauchen mehr Menschen, die bereit sind, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern und für andere Arbeitsplätze zu schaffen. Steuerpolitik, Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Zugang zu Kapital und soziale Absicherung wollen wir an diesem Ziel ausrichten."

Keine "pauschalierten Heuschreckendebatten"

Gefordert wird weiterhin eine "Internationalisierung" der Wirtschaftspolitik. Deutschland sei bezogen auf gut qualifizierte Menschen längst ein Auswanderungsland. Trotz der hohen Arbeitslosigkeit, Bildung und Fortbildung rechnen die Grünen offenbar mit einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften: "Wir brauchen eine gezielte Einwanderung gerade der Hochqualifizierten, um eine weltoffene und innovative Ökonomie auf Dauer zu halten."

Die von Einwanderern gegründeten Unternehmen trügen heute erheblich zu Ausbildung und Wachstum bei. Sie müssten stärker in den Blick der Politik genommen werden. Kuhn, Scheel und Berninger plädieren für den Abbau auch der verbleibenden Schutzmechanismen: "Statt ausländisches Kapital in pauschalierten Heuschreckendebatten schlecht zu reden, müssen wir mehr ausländische Direktinvestitionen nach Deutschland holen, indem Verkrustungen und Abschottungen unserer Wirtschaft konsequent aufgebrochen werden."

"Public Private Partnership aktiv nutzen" - zum Beispiel bei der Bundeswehr

In vielen Fällen könnten öffentliche Aufgaben dadurch effizienter erbracht werden, "dass Private einbezogen werden". Investierten Private zum Beispiel in die bessere Wärmedämmung öffentlicher Gebäude, so könnten dadurch die öffentlichen Haushalte und die Umwelt entlastet werden.

Ein anderes Beispiel von Kuhn, Scheel und Berninger betrifft die Bundeswehr: "Der Modernisierungsprozess der Bundeswehr muss durch das Outsourcing von Leistungen, die Private im Wettbewerb besser erbringen können, wie zum Beispiel der Einkauf von Dienstreisen oder bestimmte informationstechnische Leistungen, weiter vorangetrieben werden." Es sei nicht zu verstehen, warum die schwarz-rote Koalition die erfolgreiche Arbeit der dafür gegründeten Gesellschaft gestoppt habe.

Entscheidend bei der Umsetzung von Vorhaben der Public Private Partnership sei, "dass sie kompetent gemanagt werden und die notwendigen Ressourcen dafür bereitgestellt werden". Häufig versuche die öffentliche Hand, diese Maßnahmen ohne das notwendige Know-how umzusetzen, meinen die Grünen-Politiker. Die Folge seien dann langwierige Rechtsauseinandersetzungen und Mehrkosten für die öffentliche Hand.

Ein schlechtes Beispiel sei die Übertragung von Betriebsleistungen der Berliner Charité an ein Unternehmenskonsortium. Offenbar sind die Grünen der Auffassung, dass Private mit Großprojekten nicht gut zurecht kommen: "Schon das Vertragsvolumen ist viel zu groß, als dass hier eine effiziente Steuerung möglich wäre." Letztlich kommt es - so die bemerkenswerte Schlussfolgerung der Grünen - auf die Management-Fähigkeiten der öffentlichen Hand an: "PPP-Projekte können nur so gut sein, wie das Management der öffentlichen Hand, das sie gestaltet. Deshalb wollen wir das notwendige Know-how in der öffentlichen Verwaltung aufbauen."

Jedenfalls solle "bei jeder öffentlichen Beschaffung oder jedem öffentlichen Investitionsvorhaben" geprüft werden, ob es nicht durch die Ausschreibungen und die Einbeziehung von Privaten günstiger abgewickelt werden könne.

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