Mit ihrem jährlich erscheinenden Report analysierten die Autoren die Entwicklung der Arzneimittelverordnungen in Deutschland. Die aktuelle Ausgabe mit ihren Berechnungen für das Jahr 2005 ist soeben im Wissenschaftsverlag Springer erschienen. Die Herausgeber kommen dabei zu dem Schluss, dass zwei Drittel des Kostenanstiegs durch innovative und therapeutisch sinnvolle Arzneimittel in der Krebstherapie (Zytostatika), Blutdrucksenker (Sartane) oder Antibiotika bedingt sind. Ein Drittel, so Schwabe, beruhe jedoch auf der Verordnung von teuren Analogpräparaten ohne therapeutischen Zusatznutzen. Der starke Kostenanstieg bei den Analogpräparaten hat nach Angaben des Reports dazu geführt, dass die Einsparpotenziale im Jahre 2005 wieder auf 3,5 Milliarden Euro angestiegen sind und damit um 600 Millionen Euro über dem Wert von 2004 (2,9 Milliarden Euro) liegen.
Die größten Kostenreserven verteilten sich laut Report 2005 in den drei Arzneimittelmarktsektoren Analogpräparate, Generika und umstrittene Arzneimittel wie folgt: bei einer wirtschaftlicheren Verordnungsweise ohne therapeutischen Qualitätsverlust könnten 1,6 Milliarden Euro durch die Substitution von teureren Analogpräparaten eingespart werden. An zweiter Stelle folgen die Generika mit einem Einsparpotenzial von 1,3 Milliarden Euro. Der dritte Sektor mit erheblichen Kostenreserven liegt bei den umstrittenen Arzneimitteln mit 600 Millionen Euro.
Kritik von Kassenärzten und Generikaherstellern am Report
Ulrich Weigeldt, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erklärte dazu: "Theorie und Praxis sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Es ist bedauerlich, dass die öffentliche Darstellung des Arzneiverordnungsreports ausschließlich in theoretisch berechneten Milliardenzahlen gipfelt, die als nicht genutzte Einsparpotenziale hingestellt werden." Weigeldt weiter: "Den Rückgang in der Verordnung von umstrittenen Arzneimitteln mit dem Anstieg bei der Verschreibung von Innovationen zu verrechnen, zeugt nicht von guter wissenschaftlicher Praxis." Das habe bereits der Arzneimittel-Atlas des Instituts für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) detailliert ausgeführt. "Dessen Autoren haben eindeutig nachgewiesen: Mehrausgaben im Gesundheitswesen beruhen auf einer verbesserten Versorgung von schwer- und schwerstkranken Patienten", führte der KBV-Vorstand aus.
Der Prozentsatz an umstrittenen Medikamenten sei laut KBV in den vergangenen Jahren ständig zurückgegangen. Habe er 2003 noch 16,5 Prozent bei den Verordnungen und 7,3 Prozent bei den Umsätzen betragen, seien es 2005 nur noch 8 Prozent bei den Verordnungen und 3,7 Prozent bei den Umsätzen gewesen. "Die Vertragsärzte haben ihre Hausaufgaben gemacht. Sie verhalten sich grundsätzlich richtig, wenn sie Innovationen einsetzen, wo es geboten ist, und umstrittene Medikamente immer mehr meiden", so der Vorstand. Weigeldt wies darauf hin, dass kaum ein Land so hohe Verschreibungsquoten von Generika vorweisen könne wie Deutschland: Wo immer diese günstigen Nachahmerpräparate einsetzbar seien, würden die Vertragsärzte sie auch verordnen. Immerhin nehmen sie inzwischen einen Anteil von 77,4 Prozent an allen Verordnungen an.
Einsparpotentiale gäbe es laut KBV durchaus noch bei den Arzneimittelverordnungen. Diese lägen aber außerhalb der Einflusssphäre der Vertragsärzte. "Die Medikamentenpreise sind vielfach deutlich zu teuer. Ein reduzierter Mehrwertsteuersatz würde die gesetzliche Krankenversicherung enorm entlasten. Außerdem könnte das System dreistellige Millionenbeträge sparen, wenn die Krankenhausärzte konsequent bei der Entlassung von Patienten aus dem Krankenhaus Wirkstoffe statt teurer Präparate angeben würden", sagte Weigeldt.
Hermann Hofmann, Erster Geschäftsführer von Pro Generika kritisierte den Report aus anderer Sicht. "Der Arzneiverordnungsreport (AVR) arbeitet mit veralteten Daten, die der Wirklichkeit nicht mehr entsprechen. Bezogen auf die Generikapreise war er bereits bei Drucklegung Makulatur." Hofmann kritisierte weiter, dass der AVR auf Ebene des Apothekenverkaufspreises vergleiche, den die Hersteller nicht beeinflussen können. Der fixe Apothekenzuschlag führt dazu, dass gerade preisgünstige Arzneimittel in Deutschland von der Produktionsstätte bis in die Apotheke um das bis zu Fünffache teurer werden.