Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte am Montag zur Frage der Steuerfinanzierung: "Ja, wir haben uns da gestern geeinigt." Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) bestätigte, dass über "zusätzliche Einnahmen" von bis zu 24 Milliarden Euro aus Steuermitteln diskutiert werde.
Bezüglich der Einbeziehung der Privaten Krankenversicherung (PKV) sagte Schmidt sagte, die Koalition wolle eine Versicherungspflicht für alle einzuführen. Dies bedeute für die Privaten, "dass sie jeden aufnehmen müssen". Zöller stellte in Aussicht, dass die Bürger zudem künftig leichter innerhalb der PKV wechseln können, indem sie ihre Altersrückstellungen mitnehmen.
Die Spitzenrunde im Kanzleramt erteilte dem Bundesfinanz- und dem Gesundheitsministerium Prüfaufträge, um Finanzierungsmöglichkeiten durchzurechnen. Übereinstimmend halten die Beteiligten am Ziel fest, am kommenden Sonntag die Eckpunkte der Reform festzuzurren. Schmidt betonte: "Wir werden es in dieser Woche schaffen."
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte: "Es geht in keinem Fall darum, den Bürgern in die Tasche zu greifen." Die Versicherten müssten wissen, dass mit ihrem Geld sparsam umgegangen werde. Merkel sagte, "Hauptteil" der Gesundheitsreform seien Strukturveränderungen, Einsparungen und die Einführung von mehr Wettbewerb.
FDP-Chef Guido Westerwelle sprach von einem "faulen Kompromiss" zu Lasten der Bürger. Merkels "heilige Eide", dass die Menschen nicht übermäßig belastet würden, seien "Schall und Rauch". Das einzige, was man bereits klar erkennen könne, seien die steigenden Kosten für die Bürger, so Westerwellle. "Die große Koalition ist wieder nur groß im Abkassieren." Nach Angaben des FDP-Gesundheitsexperten Daniel Bahr wären für einen Steuerzuschuss von 24 Milliarden Euro ein Gesundheitssoli von zwölf Prozent oder eine Anhebung der Mehrwertsteuer um drei Punkte auf dann 22 Prozent nötig.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Frank Spieth, kritisierte, dass sich die große Koalition ebenso wie schon Rot-Grün an "Einsparpotentiale bei der Pharmalobby" nicht heranwage. Die Arbeitgeber würden aus ihrer sozialen Verantwortung entlassen. "Wenn die Finanzierung der Gesundheitsleistungen für Kinder und Jugendliche komplett auf die Steuerzahler abgewälzt wird, gleichzeitig aber die Regierung an einer Steuerentlastung für die Unternehmen bastelt, ist offensichtlich, dass die Steuerfinanzierungspläne mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun haben", so Spieth. "Die Bürgerinnen und Bürger sollen die Lasten tragen, damit die Unternehmensgewinne in Deutschland weiter steigen. Die Arbeitgeber werden doppelt entlastet und weitere Milliarden einsparen." Gleichzeitig würden Privatversicherte "alimentiert, die dann keine gesonderten Beiträge für ihre Kinder mehr abführen müssen".