Die Karlsruher Richter gaben der Verfassungsbeschwerde eines aus der Psychiatrie entlassenen Mannes aus Oberbayern statt, der im Rahmen der weiteren ambulanten Behandlung seinen Arzt teilweise von der Schweigepflicht entbinden sollte. Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte dies für den Fall angeordnet, dass der Patient nicht genügend mitarbeiten oder die Therapie abbrechen würde.
Der Mann war zuvor sieben Jahre in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Er hatte aufgrund einer Psychose einen versuchten Totschlag, eine Körperverletzung mit Todesfolge und eine versuchte schwere räuberische Erpressung begangen. Nach der Entlassung aus der Psychiatrie wurde er unter die Führungsaufsicht eines Bewährungshelfers gestellt und begab sich in die ambulante psychotherapeutische Behandlung.
Durch eine Verpflichtung zur Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht werde der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, rügte das Verfassungsgericht. Es bestehe die Gefahr, dass staatlichen Stellen Befunde über seinen psychischen Zustand bekannt würden. Wer sich in ärztliche Behandlung begebe, dürfe erwarten, "dass alles, was der Arzt im Rahmen seiner Berufsausübung über seine gesundheitliche Verfassung erfährt, geheim bleibt und nicht zur Kenntnis Unberufener gelangt".
Das Verfassungsgericht wies jedoch auf ein geplantes Gesetzesvorhaben der Bundesregierung hin. Der Gesetzentwurf zur Reform der Führungsaufsicht vom 7. April 2006 sehe vor, dass sich zum Beispiel Ärzte gegenüber dem zuständigen Gericht, der Führungsaufsichtsstelle und dem Bewährungshelfer offenbaren müssen, "soweit dies für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist". (AZ: 2 BvR 1349/05 - Beschluss vom 6. Juni 2006)