Kürzung des Arbeitslosengeldes
Verschiebungen soll es bei den Freibeträgen für die Altersvorsorge geben. Der Freibetrag für private Altersvorsorge soll auf 250 statt derzeit 200 Euro pro Lebensjahr angehoben werden. Im Gegenzug soll aber der Höchstbetrag für sonstiges Vermögen von 200 auf 150 Euro pro Lebensjahr gesenkt werden. Von einer Anrechnung unberührt bleiben Einzahlungen in Riester-Verträge zur Altersvorsorge.
Hinzu kommt die Beweislastumkehr bei eheähnlichen Gemeinschaften. Zukünftig werde "bei Vorliegen gewisser Kriterien vermutet, dass eine Bedarfsgemeinschaft besteht: Wenn nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille der Partner anzunehmen ist, dass sie Verantwortung für einander tragen und für einander einstehen. Damit wird die Beweislast umgekehrt." In der Praxis bedeutet das nach Angaben der Bundesregierung: "Der Betroffene muss die Vermutung gegebenenfalls widerlegen und dies auch beweisen."
Außerdem sollen gleichgeschlechtliche Partnerschaften eheähnlichen Gemeinschaften gleichgestellt werden. Sie könnten eine Bedarfsgemeinschaft bilden, auch wenn es sich nicht um eine eingetragene Lebenspartnerschaft handele.
Bundesregierung: Arbeitslose erhalten manchmal "zu Unrecht" Arbeitslosengeld
Mit Hilfe "automatisierter Datenabgleiche und Datenabfragen" soll künftig ein "unberechtigter Leistungsbezug" verhindert werden. So soll ermittelt werden, ob Personen "zu Unrecht" Arbeitslosengeld II beziehen. Kraftfahrzeughalterdaten sollen beim Kraftfahrt-Bundesamt geprüft werden können. Weiterhin sollen künftig vor Ort ein Außendienst und "Stellen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten" eingerichtet werden. Außendienstmitarbeiter sollen die Haushalte stärker überprüfen. Ein solcher Außendienst soll den Behörden gesetzlich vorgeschrieben werden. Die Sanktionierung insbesondere wiederholter Pflichtverletzungen werde vereinfacht.
Volkssolidarität: "Neue Hatz auf Arbeitslose"
"Die Bundesregierung eröffnet eine neue Runde bei der Hatz auf Arbeitslose", kritisierte Bernd Niederland von der Volkssolidarität. Statt diese zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen, würden neue Forderungen und "neue Abstrafungsinstrumente geschaffen". Mit diesem "Optimierungsgesetz" solle "auf Kosten der Arbeitslosen gespart werden". Die Regierung wolle verschärft gegen die Betroffenen vorgehen anstatt deren Situation grundlegend zu verbessern.
"Jeder vermutliche Straftäter wird mit der Unschuldsvermutung strafrechtlich besser behandelt als von Arbeitslosigkeit betroffenen Paare", so Niederland. "Diese müssen nun beweisen, dass sie nicht eheähnlich zusammenleben. Diese Regelung ist nicht hinnehmbar und darf vom Bundestag nicht akzeptiert werden."
Mit dem neuen Kontrolldienst und dem Datenabgleich zwischen Behörden sowie der Aufgabe an Job-Center, jeweils 200 angebliche Missbrauchsfälle aufzudecken, werde "eine unerträgliche Atmosphäre geschaffen". Die Aufgabe der Behörden sei nicht "die Jagd auf vermeintlich Arbeitsunwillige", sondern Arbeitslosen neue Chancen auf eine sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit zu eröffnen. Im übrigen habe die Bundesregierung "bisher keinerlei empirisch belegte Statistik über Leistungsmissbrauch" vorlegen können.
Linke: "Sozialspitzel, die den Erwerbslosen bis in die Schlafzimmer hinterher schnüffeln"
Nach Auffassung von Katja Kipping (Linksfraktion) steht im Zentrum des "Optimierungsgesetzes" die "Verschärfung von Repression und Überwachung". Die örtlichen Träger der Grundsicherung würden verpflichtet, einen Außendienst einzurichten, um Wohnung und Lebensverhältnisse von Erwerbslosen zu überprüfen. "Damit wird die Zahl der Sozialspitzel, die den Erwerbslosen bis in die Schlafzimmer hinterher schnüffeln sollen, deutlich erhöht." Im Schlafzimmer habe der Staat jedoch nicht zu suchen.
Anstatt Erwerbslose mit solchen Stigmatisierungskampagnen weiter "zu beleidigen", solle die Bundesregierung lieber dafür sorgen, dass die Agenturen den bei Erwerbslosen vorhandenen Beratungsbedarf überhaupt decken könnten. "Schließlich häufen sich die Fälle, in denen Erwerbslose monatelang auf ein Beratungsgespräch warten müssen", so Kipping.
Wenn Einsparungen im Haushalt notwendig seien, sei bei der Bekämpfung von Steuerbetrug und Wirtschaftskriminalität mehr zu holen als bei Menschen, die von 345 Euro und weniger im Monat leben müssen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf würden Erwerbslose zum Einsparpotential degradiert. So gelte beispielsweise in Zukunft als Bedarfsgemeinschaft, wer ein Jahr und länger zusammen lebt. "Damit wird jede Wohngemeinschaft von Studierenden zur Bedarfsgemeinschaft", so Kipping. Diese "staatlich verordnete gegenseitige finanzielle Inhaftnahme von Menschen, die zusammen leben", passe nicht ins 21. Jahrhundert.
Die Linksfraktion fordert einen Kurswechsel in der Arbeitsmarktpolitik: "Statt Erwerbslose in fragwürdige Sofortmaßnahmen zu pressen, wäre ein Ausbau der öffentlichen Beschäftigung angesagt. Statt Menschen, die zusammen leben, unter den Generalverdacht einer Bedarfsgemeinschaft zu stellen, muss soziale Sicherheit konsequent vom Individuum aus gedacht werden. Statt Erwerbslose und deren Kinder mit dem Arbeitslosengeld II in Armut und Ausgrenzung zu treiben, bedarf es einer individuellen sozialen Grundsicherung, die ein Leben jenseits der Armut und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht."
Nach Angaben der Bundesregierung bezogen Ende 2005 4,96 Millionen erwerbsfähige Hilfebedürftige Arbeitslosengeld II. Insgesamt 6,74 Millionen Personen in 3,73 Millionen Bedarfsgemeinschaften hatten Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.