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"Rückfall ins Mittelalter"

EU-Parlament will Steinmeier zu Foltervorwürfen befragen

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Das Europäische Parlament verlangt Aufklärung darüber, ob deutsche Geheimdienste Aussagen aus Folterverhören in anderen Staaten genutzt haben. Der deutsche Geheimdienst soll nach einer Aussage des ehemaligen britischen Botschafters in Usbekistan, Craig Murray, von Informationen profitiert haben, die durch Folter in Usbekistan erzwungen wurden. Das habe Murray vor dem nichtständigen CIA-Ausschuss des Europäischen Parlaments am Donnerstag in Brüssel angegeben, teilte die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Sylvia-Yvonne Kaufmann (Linkspartei) mit. Die Verbindung sei über den Bundeswehrstützpunkt im usbekischen Termes gelaufen.


Ex-Botschafter Murray habe weiter angegeben, dass der britische und der amerikanische Geheimdienst massiv von Informationen profitierten, die durch Folter des usbekischen Geheimdienstes an Hunderten Menschen erpresst worden seien. Murray hatte in seiner Eigenschaft als Botschafter seinerzeit gegen die Praxis protestiert und versucht, das britische Außenministerium in dieser Frage zu sensibilisieren.

Vom Rechtsberater der britischen Regierung bekam er damals die Antwort, dass es sich nicht um Verstöße der Antifolterkonvention der UN handelt, wenn Großbritannien und der britische Geheimdienst, nachrichtendienstliche Informationen nutzen, die ganz klar durch massive Folter erlangt wurden.

Kaufmann bezeichnete es als "Skandal", wenn durch die britische Regierung eine solche Rechtsposition bezogen werde. Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments forderte, dass sich der Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages nun auch mit der Frage befassen müsse, was der Bundesnachrichtendienst tatsächlich über Folterungen und über illegale Verschleppungen in Usbekistan wisse.

Murray war nach seinen Protesten im britischen Außenministerium aus dem diplomatischen Dienst suspendiert worden.

Der sogenannte "nichtständige Ausschuss zu der vermuteten Heranziehung europäischer Staaten für die Beförderung und die unrechtmäßige Inhaftierung von Gefangenen durch die CIA" wurde auf Beschluss des Europäischen Parlaments am 18. Januar 2006 eingesetzt. Kaufmann erwartet, dass noch vor der Sommerpause ein Bericht zu den Ergebnissen der Ausschussarbeit vorgelegt werden kann.

Pflüger: Nur Deutschland soll "voll" geheimdienstlich mit dem autoritären Regime in Usbekistan zusammengearbeitet haben

Nach Darstellung des Europaabgeordneten Tobias Pflüger (Linkspartei) richteten sich die Vorwürfe von Ex-Botschafter Murray vor dem CIA-Untersuchungsausschuss des Europaparlaments vor allem gegen Deutschland. So habe nach den Aussagen Murrays von den in Usbekistan ansässigen Botschaften "allein die deutsche Botschaft voll geheimdienstlich mit dem autoritären Regime in Usbekistan zusammengearbeitet". Deutsche Behörden hätten insbesondere auch von der Verschleppung von Gefangenen durch die CIA aus Afghanistan nach Usbekistan profitiert.

"Murrays Aussagen runden" nach Auffassung Pflügers "das Bild der polizeilich-militärischen Kooperation von Deutschland und Usbekistan ab". Dreh- und Angelpunkt dieser Kooperation sei der Militärstützpunkt der Bundeswehr in Termes über den der gesamte Nachschub für Afghanistan, für zahlreiche NATO- und EU-Mitgliedstaaten und die deutsche Zone im Norden des Landes laufe.

"Im Anti-Terror-Krieg sind deutsche Behörden offensichtlich bereit, auch schwere Menschenrechtsverletzungen für sich zu nutzen", so Pflüger. "Besonders pikant, dass sich Deutschland mit der von Verteidigungsstaatssekretär Friedbert Pflüger arrangierten Einladung des ehemaligen usbekischen Innenministers nach Hannover selbst über EU-Ratsbeschlüsse schlicht hinweggesetzt hat."

"Diese Kumpanei muss umgehend aufhören", fordert Pflüger. "Es ist höchste Zeit den deutschen Militärstützpunkt in Termes zu schließen." Die deutsche und die EU-Politik der "doppelten Menschenrechtsstandards" nach dem Motto: "Der Zweck heiligt die Mittel" müsse beendet werden.

Nach Angaben des SPD-Abgeordneten Klaus-Dieter Fritsche sollen neben Steinmeier auch der jetzige Chef des Bundesnachrichtendienstes Ernst Uhrlau und sein Nachfolger als Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt vor dem EU-Sonderausschuss aussagen. Erwogen wird offenbar auch die Vorladung von Ex-Außenminister Joschka Fischer.

Kreissl-Dörfler sieht beim Einsatz von Folter im "Kampf gegen Terrorismus" einen "Rückfall ins Mittelalter".

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