DIE Internet-Zeitung

März 2006

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Appell an Merkel

Deutsche Fallschirmjäger sollen Präsidentschaftswahlen in Kongo beiwohnen

In der Debatte um einen möglichen Kongo-Einsatz der Bundeswehr fordert der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Die Kanzlerin kann es nicht länger dem Verteidigungsminister überlassen, die Union - vor allem die CSU - von der Richtigkeit des Einsatzes zu überzeugen", sagte Arnold den "Stuttgarter Nachrichten". Er wies darauf hin, dass konkrete Planungen erst einsetzen könnten, wenn ein klarer politischer Auftrag vorliege. Mit einem Bundeswehreinsatz im Rahmen einer UN-Mission sollen die im Juni geplanten Präsidentschaftswahlen abgesichert werden. Medienberichten zufolge will Verteidigungsminister Franz Josef Jung 500 Fallschirmjäger als Teil einer europäischen Truppe in das zentralafrikanische Land entsenden.

Eklat im Bildungsausschuss

Opposition sieht Minderheitsrecht im Parlament verletzt

Im Streit um das parlamentarische Verfahren zur Föderalismusreform wirft die Opposition der großen Koalition die Verletzung von Minderheitsrechten vor. Im Bildungsausschuss des Bundestages kam es am Mittwoch zu einem Eklat. Die Fraktionen von FDP, Linkspartei und Grünen verließen aus Protest geschlossen die Sitzung. Union und SPD wiesen die Vorwürfe zurück. Nach dem Willen der großen Koalition soll es zur Föderalismusreform nicht in jedem Ausschuss eine Anhörung geben. Vielmehr plant sie eine große gemeinsame Anhörung mit Beteiligung des Bundesrates unter Federführung des Rechtsausschusses. Die harsche Kritik der Opposition entzündete sich daran, dass die Koalition im Bildungsausschuss Oppositionsanträge zur Föderalismusreform von der Tagesordnung nahm.

Westerwelle kritisiert bei großer Koalition Haltung "wie im Absolutismus"

Guido Westerwelle (FDP) - Nachrichten

Der von der Opposition angestrebte Untersuchungsausschuss zur Rolle der Geheimdienste im so genannten Anti-Terror-Krieg stößt bei den Regierungsparteien weiter auf Kritik. SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper sagte am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur, ein solches Gremium sei nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands. Die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste dürfe nicht weiter offen gelegt werden. Empört hat FDP-Chef Guido Westerwelle die Vorwürfe seitens der großen Koalition zurückgewiesen, der von den Liberalen unterstützte Untersuchungsausschuss gefährde die nationale Sicherheit. "Die argumentieren wie Franz Josef Strauß bei der Spiegel-Affäre: Wer den Rechtsstaat verteidige, der schade Deutschland." Das sei eine Haltung "wie im Absolutismus", so Westerwelle.

Revision nicht zugelassen

Gericht weist Klagen gegen Atommüllendlager Schacht Konrad ab

Erstmals hat ein deutsches Gericht über die Genehmigung eines atomaren Endlagers entschieden und den Schacht Konrad in Niedersachsen für die Nutzung freigegeben. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg wies am Mittwoch mehrere Klagen gegen die Genehmigung des Atommüllendlagers ab. Künftig darf in der ehemaligen Eisenerzgrube bei Salzgitter schwach- und mittelradioaktiver Abfall eingelagert werden. Eine Revision gegen das Urteil ließ die Kammer nicht zu. Die Kläger können gegen das Urteil aber noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz setzt jetzt auf rationale Entscheidungen in der Politik.

Zwischen Wirtschaft und Politik

PR-Manager Hunzinger steht wegen Falschaussage vor Gericht

Der PR-Manager Moritz Hunzinger muss sich seit Mittwoch wegen des Vorwurfs der uneidlichen Falschaussage vor dem Amtsgericht Stuttgart verantworten. Der Unternehmer soll als Zeuge im FlowTex-Untersuchungsausschuss des Stuttgarter Landtags die Unwahrheit über die Finanzierung einer wirtschaftspolitischen Umfrage gesagt haben. Die so genannte Umfrage-Affäre hatte im Sommer 2004 zum Rücktritt des damaligen baden-württembergischen Wirtschaftsministers Walter Döring (FDP) geführt. Hunzinger sorgt wegen seiner engen Verbindungen zu Wirtschaft und Politik immer wieder für Schlagzeilen. Zwischen 1990 und 1999 soll er 1.057.200 Mark an Parteien gespendet haben. Dabei ging es offenbar unter anderem um Geschäfte für Banken und die Rüstungsindustrie.

Staat trägt Risiko

3,6 Milliarden Euro Investitionsgarantien für Unternehmen

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums hat die Bundesregierung im Jahr 2005 für Direktinvestitionen von deutschen Unternehmen im Ausland und deren Erträge Investitionsgarantien von 3,6 Milliarden Euro übernommen. Die Garantien dienten den Angabne zufolge 74 Projekten in 18 Ländern. Dieses um 43 Prozent gesteigerte Deckungsvolumen stellt offenbar das zweithöchste seit Bestehen des Garantieinstruments 1960 dar. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos rechtfertigte die staatlichen Milliardengarantien damit, dass die Bundesregierung durch die Investitionsgarantien Risiken für die Unternehmen abdecke. Sie trage damit dazu bei, die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu stärken.

"Größere Anstrengungen"

Braun fordert drastische Einschränkung der Frühverrentungs-Praxis

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kritisiert die Pläne der Bundesregierung zur Förderung Älterer. Um die hohe Arbeitslosigkeit älterer Menschen zu bekämpfen und ihre Beschäftigungschancen wieder zu verbessern, müsse die Frühverrentungspraxis drastisch eingeschränkt werden, sagte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun der "Berliner Zeitung". Außerdem sollten ältere Arbeitnehmer größere Anstrengungen zur Weiterbildung unternehmen.

"Wichtiger Tag"

Bundesländer stimmen für Föderalismusreform

Die Regierungschefs der Bundesländer stimmten am Montag für eine Föderalismusreform. Auf einer Sondersitzung der Ministerpräsidentenkonferenz plädierten in Berlin 15 Länder dafür, das Reformpaket am Freitag in den Bundesrat einzubringen. Mecklenburg-Vorpommern enthielt sich der Stimme. Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stimmte der vorgesehenen Neuordnung der Bund-Länder-Kompetenzen bei lediglich zwei Enthaltungen zu. Zuvor hatten bereits Präsidium und Bundesvorstand der CDU die Reform einstimmig gebilligt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach nach einer Sondersitzung des Kabinetts von einem "wichtigen Tag für die bundesstaatliche Ordnung" Deutschlands. Bund und Länder hätten Handlungsfähigkeit bewiesen und "deutlich gemacht, dass wir künftig Verantwortlichkeiten klarer zuordnen wollen". Die Umweltverbände NABU und BUND haben die Ministerpräsidenten für ihre Zustimmung zur geplanten Föderalismusreform heftig kritisiert. Am Freitag wird sich der Bundestag in erster Lesung mit der Reform befassen.

Bundesverfassungsgericht

Kein Schadenersatz für Hinterbliebene des SS-Massakers in Distomo

Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht zu Schadenersatz verpflichtet wegen eines Massakers der Waffen-SS im griechischen Dorf Distomo im Jahre 1944. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte vier Hinterbliebenen der Opfer bereits einen individuellen Schadensersatzanspruch verwehrt. Eine daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde nahm des Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an, wie das Gericht am Freitag in Karlsruhe mitteilte.

Image

Greenpeace kritisiert "Landliebe" wegen Gen-Soja

Nach Angaben von Greenpeace wurde in Futtermittelproben von Landliebe-Milchlieferanten gentechnisch manipuliertes Soja nachgewiesen. Greenpeace bezieht sich auf Analyseergebnisse "eines international renommierten Labors". In zwei von fünf Proben seien Gen-Soja über dem Kennzeichnungsgrenzwert von 0,9 Prozent festgestellt worden. In einem Fall habe der Sojaanteil des Futters sogar zu 100 Prozent aus Gen-Soja bestanden. "Dabei vermittelt das Image der Marke Landliebe eine besonders naturnahe und traditonelle Art der Milchproduktion", kritisieren die Umweltschützer.

Rüge für Landgericht

Durchsuchung der Wohnung einer Richterin war verfassungswidrig

Die Verfassungsbeschwerde einer Richterin, die sich gegen die Anordnung der Durchsuchung ihrer Wohnung wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gewandt hatte, war erfolgreich. Im Rahmen der Durchsuchung war unter anderem auf die im Computer der Beschwerdeführerin gespeicherten Daten sowie auf die Einzelverbindungsnachweise ihres Mobilfunktelefons Zugriff genommen worden. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hob mit Urteil vom 2. März 2006 einstimmig die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts auf. Die Verfassungsrichter sahen durch die Hausdurchsuchung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zudem sei wegen des "äußerst geringen" Tatverdachts seitens des Landgerichts dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht hinreichend Rechnung getragen worden.

Eine Million Spam-Mails

Verbraucherschützer fordern Gesetz gegen Spam-Mails

Bei der Spam-Beschwerdestelle des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) ist nach Angaben des Verbandes die Millionengrenze erreicht. Seit Beginn des Anti-Spam-Projekts im Juli letzten Jahres hätten Verbraucher mehr als eine Million der lästigen Spam-Mails "zur Verfolgung" an die Verbraucherschützer weitergeleitet. Die Verbraucherzentrale kritisierte eine "unzureichende Gesetzeslage". Zwischen dem wirtschaftlichen Schaden und den Möglichkeiten, wirksam gegen Spam vorzugehen, bestünde "ein krasses Missverhältnis", sagte Patrick von Braunmühl und forderte gesetzliche Regelungen. Ein entsprechender Gesetzentwurf sei wegen der Neuwahlen im vergangenen Jahr nicht mehr verabschiedet worden. Die neue Regierung plane aber kein Anti-Spam-Gesetz.

EU-Verordnung in Kraft

Mehr Transparenz über den Schadstoffausstoß der Industrie

Ab 2007 sollen mehr Informationen über den Schadstoffausstoß und das Abfallaufkommen von Industriegebieten ins Internet gestellt werden. Grundlage hierfür ist die EU-Verordnung zur Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und Verbringungsregisters (PRTR-Pollutant Release and Transfer Register), die im Februar in Kraft getreten ist. Ab 2007 müssen die berichtspflichtigen Betriebe ihre Freisetzungen in die Medien Luft, Wasser und Boden erstmals melden, sofern sie dabei bestimmte Mindestschwellen übersteigen. Zudem ist die Abfallverbringung außerhalb des Unternehmensstandorts - für gefährliche Abfälle ab 2.000 Kilogramm und für sonstige Abfälle ab 2.000 Tonnen - berichtspflichtig. Die EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Daten jährlich an die Europäische Kommission weiterzuleiten. Die EU-Kommission soll die Daten im Internet veröffentlichen.

Postkontrolle

Verfassungsgericht erörtert Jugendstrafvollzug

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erörtert seit Mittwoch die Notwendigkeit eines Gesetzes zum Jugendstrafvollzug. Anlass ist die Verfassungsbeschwerde eines jugendlichen Haftinsassen. Dessen Anwalt kritisierte, der Gesetzgeber habe es versäumt, eine eigene gesetzliche Grundlage für den Jugendstrafvollzug auf den Weg zu bringen.

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