DIE Internet-Zeitung
"Kürzungspläne"

Verkehrsclub wirft Regierung Politik gegen Bus und Bahn vor

Am

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, "die Kürzungspläne" der Bundesregierung für die Mittel des öffentlichen Nahverkehrs zu stoppen und sich für ein attraktives Angebot von Bus und Bahn einzusetzen. Nach Ansicht des VCD ist ein guter öffentlicher Nahverkehr unerlässlich, um Mobilität für alle zu sichern und gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen zu schonen. "Angesichts steigender Benzinpreise, hoher Feinstaubbelastungen in den Städten und einer alternden Gesellschaft ist eine Kürzung der Mittel für Bus und Bahn kurzsichtig und unverantwortlich", meint Michael Gehrmann vom VCD. Im Ergebnis wären höhere Fahrpreise, steigende Umweltbelastung und Einschränkungen der Mobilität die Folge.


Die Bundesregierung hatte im Februar beschlossen, die so genannten Regionalisierungsmittel in der laufenden Legislaturperiode um acht Prozent zu kürzen, was 2,3 Milliarden Euro entspricht. Der zugehörige Gesetzentwurf geht im Rahmen der Haushaltsberatungen in dieser Woche ins parlamentarische Verfahren.

Um drohende Zugstreichungen zu verhindern, startete der VCD am Dienstag in Berlin eine bundesweite Protestaktion. Mit rund 300.000 Postkarten sowie einem Protestformular im Internet unter www.vcd.org sammelt der Umwelt- und Verbraucherverband bis zum 10. Mai Unterschriften gegen eine Verschlechterung des Bus- und Bahnangebotes. Diese möchte der VCD vor den entscheidenden Sitzungen des Bundestages an Bundesfinanzminister Steinbrück übergeben und die Abgeordneten informieren.

"Wenn Steinbrück den Bundeshaushalt entlasten will, sollte er unsinnige Ausgaben und Subventionen im Verkehrssektor streichen, statt einen Teil der Daseinsvorsorge anzugreifen", fordert Gehrmann. Allein die Steuerbefreiung von Kerosin für nationale Flüge und die fehlende Mehrwertsteuer auf internationale Flugtickets bedeute den Verzicht auf jährliche Einnahmen von rund 900 Millionen Euro. "Hier liegt ein großes Potential für den Bundeshaushalt und positive Umweltwirkungen gibt es gratis dazu." Auch bei "unsinnigen Großprojekten" wie der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Nürnberg - Erfurt oder dem Transrapid könne gespart werden, ganz abgesehen von Rekordausgaben für den Straßenneubau.

Ministerium und Verband streiten über Verwendung von Eisenbahn-Geldern

Zweckentfremdung?

Zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Interessenverband Allianz pro Schiene ist ein Streit um die Verwendung von Nahverkehrs-Fördermitteln entbrannt. Das Ministerium beharrte am Mittwoch auf dem Vorwurf, viele Bundesländer würden die Regionalisierungsmittel zweckentfremden. Wenn die Allianz pro Schiene zu einem anderen Ergebnis komme, müsse die Interessenvereinigung von den Ländern andere Zahlen als der Bund bekommen haben, oder die Untersuchung besitze "nicht die notwendige Tiefe", hieß es im Ministerium in Berlin. Allianz pro Schiene wies den Vorwurf der Zweckentfremdung unter Verweis auf eine Studie zurück. Die Regierung suche nur nach einer Rechtfertigung für die geplanten Kürzungen. Nach Darstellung der Bundesregierung verwenden die Länder lediglich 5 bis 5,5 Milliarden der rund 7 Milliarden Euro Fördermittel wie vorgesehen für den Schienennahverkehr. Außerdem gebe es "zahlreiche Hinweise auf einen ineffizienten Mitteleinsatz".

Allianz pro Schiene weist diese Darstellung zurück. Eine aktuelle Studie der Beratungsfirma SCI Verkehr im Auftrag der Allianz pro Schiene zeige, dass die Länder die zweckgebundenen Regionalisierungsmittel tatsächlich 1:1 für den Nahverkehr ausgäben. "Die aktuelle Studie gibt zum ersten Mal einen bundesweiten Überblick über die Verwendung der Mittel. Gleichzeitig widerlegt sie Äußerungen führender Bundespolitiker, die immer wieder von einer Zweckentfremdung der Mittel in Milliardenhöhe als Rechtfertigung für die geplanten Kürzungen gesprochen hatten", sagte Dirk Flege von Allianz pro Schiene.

Die Untersuchung habe ergeben, dass die Mittel für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und dabei "insbesondere" für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) verwendet worden seien. Gleichzeitig hätten die Bundesländer "die Gestaltungsspielräume des Regionalisierungsgesetzes" genutzt. "Auffällig ist in einigen Bundesländern der geringe Detaillierungs- und Transparenzgrad der Haushaltspläne. Diese Praxis erschwert die Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung und kann zu Missverständnissen führen", meint Lars Neumann von SCI Verkehr.

"Die Länder tragen eine Mitschuld daran, dass die Vorwürfe zur Zweckentfremdung bis heute immer wieder laut werden und die Kürzungsdebatte anheizen. Sie haben versäumt, rechtzeitig Transparenz herzustellen, um den Vorwürfen zu begegnen. Es gibt jedoch keinen Grund sich zu verstecken, denn der Nahverkehr auf der Schiene ist eine echte Erfolgsgeschichte", meint Dirk Flege.

Eine zentrale Forderung der Allianz pro Schiene an die Bundesregierung ist deshalb, die Länder bei der anstehenden Revision der Regionalisierungsmittel auf Transparenz bei der Mittelverwendung zu verpflichten "und zwar nach einer einheitlichen Methodik".

Das Schienenbündnis fordert, die Zweckbindung der Mittel beizubehalten. Dies habe sich bewährt. Die Regionalisierungsmittel sollten "mindestens auf dem Niveau von heute erhalten bleiben, um die weiter steigende Zahl von Fahrgästen zu bewältigen". Auch solle die Dynamisierung beibehalten werden, um den öffentlichen Nahverkehr gegenüber dem chronisch überlasteten Straßenverkehr konkurrenzfähig zu halten.

Am 12-04-2006

Verkehrsclub kritisiert "überteuerte Großprojekte" der Bahn

Berliner Hauptbahnhof

Anlässlich der offiziellen Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofs am kommenden Freitag sprach sich der Verkehrsclub Deutschland (VCD) gegen derart "überteuerte Großprojekte" aus und verlangte vielmehr Investitionen in das bestehende Schienennetz. "Die enormen Ausgaben" für den "größten Umsteigebahnhof Europas" stünden nicht im richtigen Verhältnis zum Nutzen für das System Schiene und den öffentlichen Verkehr insgesamt. Mit dem Ausbau "der bestehenden dezentralen Strukturen" in Berlin hätten nach Auffassung des Verbandes ähnliche Effekte bei deutlich geringeren Kosten erreicht werden können. Viele Fahrgäste müssten künftig mit mehr Umsteigevorgängen und längeren Reisezeiten rechnen. Auch die auf den ersten Blick positiven Fahrzeitgewinne im Fernverkehr nützten nicht allen Reisenden gleichermaßen. Zwar seien jetzt im Regional- und Fernverkehr in und um Berlin viele Züge schneller unterwegs. Kürzere Fahrzeiten bedeuteten aber noch lange keine "kürzere Reisezeiten" von Tür zu Tür. "Durch den Wegfall der beiden Fernbahnhöfe Zoologischer Garten und Ostbahnhof sind viele Menschen weiter weg vom Start- und Zielpunkt ihres Fernzuges", kritisiert Heidi Tischmann vom Verkehrsclub. Damit kämen auf die Bahnkundinnen und Bahnkunden "zusätzliches Umsteigen und insgesamt längere Reisezeiten zu."

Der Berliner Hauptbahnhof ist nicht das einzige Großprojekt der Bahn, das sich nach Ansicht des umweltorientierten Verkehrsclubs als nachteiligt erweist. Auch auf dem neu in Betrieb gehenden Streckenabschnitt von Nürnberg nach München sei das Verhältnis von finanziellem Aufwand und verkehrlichem Ertrag "miserabel". Knapp 25 Minuten kürzere Fahrzeit von Nürnberg nach München hätten Kosten von 3,6 Milliarden verursacht.

Da man bekanntlich jeden Euro nur einmal ausgeben könne, muss nach Auffassung des VCD "auch beim Einsatz der öffentlichen Mittel für die Bahn eine möglichst große Wirkung für das gesamte Schienennetz im Vordergrund stehen. Die Alternativroute über Augsburg hätte mit ähnlichem Ergebnis viel weniger Geld gekostet."

Der VCD fordert von der Politik und der Deutschen Bahn AG daher, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und "noch anstehende Prestigeprojekte" wie die Strecke Erfurt - Nürnberg durch den Thüringer Wald oder den Bahnhof Stuttgart 21 zu stoppen. Statt dessen müssten Investitionen "mit einer großen Flächenwirkung" und positiven Effekten für das gesamte Schienennetz oberste Priorität erhalten.

Ein weiterer Fehler im Verkehrskonzept der Deutschen Bahn AG werde an den Fahrplanänderungen auf der Strecke Berlin - Hamburg deutlich. Hier werde die Anzahl der schnellen ICE-Verbindungen ohne Zwischenhalt erhöht und zugleich die Zahl der täglich verkehrenden IC und EC-Züge verringert. Diese Änderung steht nach Auffassung des VCD "exemplarisch für eine falsche Strategie der Bahn: Menschen abseits der großen Zentren wird der Einstieg ins System Bahn benso erschwert wie Fernreisenden, die ihr Fahrrad für die umweltschonende Mobilität am Zielort mitnehmen möchten."

Am 23-05-2006

Bahn zerstört offenbar einsatzbereite Interregio-Waggons

Bahnprivatisierung

Recherchen des Bündnisses "Bahn für alle" zufolge lässt die Deutsche Bahn AG bei Chemnitz aus den Beständen der Zuggattung Interregio rund 150 Reisezugwagen, 8 Bistrowagen und 12 Fahrrad-Gepäckwagen "systematisch zerstören". Die Wagen "befinden oder befanden" sich offenbar in einem einsatzbereiten Zustand. Das Material habe einen geschätzten Wert von mehreren Hundert Millionen Euro. Die systematischen Zerstörung von wertvollen Reisezugwagen und Bistros der ehemaligen Zuggattung "InterRegio" ist für das Bündnis "Bahn für alle" beispielhaft für das Projekt "Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG". Otto Wiesheu, Mitglied des Bahnvorstands, erklärte am 1. Juni im Verkehrsausschuss des Bundestags, es sei das Recht der Bahn, so zu verfahren; im übrigen müsse verhindert werden, dass die Konkurrenz sich mit dem rollenden Material Vorteile verschaffe. Einige Beobachter sehen in dem Vorgehen ein typisches Beispiel für einen "staatlichen Monopolisten". Die Kampagne "Bahn für alle" widerspricht. Die Maßnahme sei ein typisches Beispiel für die zerstörerischen Wirkungen einer Privatisierung der Bahn.

Dafür gebe es - so die Initiative "Bahn für ale" - drei Gründe: Erstens habe die Zuggattung InterRegio für eine "Flächenbahn" gestanden. Darunter verstehe man einen Schienenverkehr, der auch Regionen erschließe, in die kein ICE komme. Seit der InterRegio verschwunden sei, seien große Regionen wie die Ostsee-Küste, Ostfriesland oder auch Oberschwaben/Bodenseegebiet "ganz oder weitgehend vom Schienenfernverkehr abgehängt worden". Mit dem Abbau des InterRegio sei Ende der neunziger Jahre, ab Beginn der Orientierung auf einen Bahnbörsengang, begonnen worden. Mit der weiteren Privatisierung solle die Bahn in der Fläche nochmals stark reduziert und außerdem auch 5000 Kilometer Schienen gekappt werden.

Zweitens sei der InterRegio weitgehend kostendeckend betrieben worden. Nur eine Bahn in öffentlichem Eigentum ermögliche einen Schienenverkehr, der gerade eine "schwarze Null" schreibt, meint die Initiative. Es sei vor allem die "Renditeorientierung", wegen der diese Zuggattung zerstört worden sei. Private Investoren wollten mindestens vier Mal höhere Renditen als derzeit gegeben. Sie würden noch mehr Züge und Strecken kappen, die aus ihrer Sicht unrentabel seien, befürchtet "Bahn für alle".

Drittens nehme die Zerstörung des InterRegio-Materials die materielle Privatisierung teilweise vorweg. Der Bund könnte diesen Akt stoppen. Ihm gehöre die Deutsche Bahn AG noch immer zu 100 Prozent. Er beziehungsweise die Steuerzahlenden finanzierten den Schienenverkehr in erheblichem Maße. Dafür müsste der Bund aber im Aufsichtsrat seiner Verantwortung gerecht werden, fordert die Initiative. Eine Bahn in öffentlichem Eigentum müsse auch eine Bahn in öffentlichem Interesse sein.

Am 07-06-2006

Verkehrsclub fordert klare Trennung von Infrastruktur und Transport

Börsengang der Bahn

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat angesichts der am Donnerstag tagenden Koalitionsarbeitsgruppe über den Börsengang der Deutschen Bahn AG die zur Diskussion stehenden Privatisierungsmodelle kritisiert. Der VCD erwartet, dass keine der Varianten einen zukunftsfähigen kundengerechten Bahnverkehr gewährleisten kann. Nachdem der Bundestag schon im Juni alle Möglichkeiten verworfen habe, eine klare Trennung zwischen Infrastruktur und Transport zu vollziehen, gehe es jetzt nur noch um Fragen nach der juristischen Eigentümerschaft des Netzes. Dabei werde versucht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, um die Verantwortlichen aus Politik und der DB AG zufrieden zu stellen. "Wenn SPD und CDU sich auf das so genannte Eigentumssicherungsmodell einigen, beschneiden sie sich selbst jeglicher zukünftiger Einflussmöglichkeiten auf das Schienennetz, obwohl Jahr für Jahr Steuermittel in den Erhalt fließen", kritisierte der VCD-Bundesvorsitzende Michael Gehrmann. Da die Deutsche Bahn AG dann allein über das Netz entscheidee, sei dieses Modell nichts anderes als ein "verschleierter integrierter Börsengang" mit all seinen Nachteilen. "Ein Modell, in dem der Staat auch aufgrund des Grundgesetzes die formale Verantwortung trägt, dafür jedes Jahr Milliarden ausgibt, aber dennoch nichts mehr auf der Schiene zu entscheiden hat, ist nicht nur aus verkehrspolitischer Sicht eine Bankrotterklärung", meint Gehrmann.

Der VCD sieht auch im Rückholrecht des Staates keine ausreichende Kontrollfunktion. Für die "Investoren" hingegen sei die Lösung eine Einladung, "kurzfristig hohe Erträge aus dem Netz zu erwirtschaften, ohne langfristige Investitionen übernehmen zu müssen". Das Beispiel der gescheiterten Privatisierung der Infrastruktur in Großbritannien habe bewiesen, dass ein vernachlässigtes Schienennetz nur unter großen finanziellen Anstrengungen durch den Staat wieder aufzubauen sei.

Für den VCD ist eine strikte Trennung von Infrastruktur und Betrieb zwingend notwendig. Nur diese Lösung verspreche verkehrspolitisch, wettbewerbsrechtlich, verbraucher- sowie haushaltspolitisch langfristig den größten Erfolg, vermutet Heidi Tischmann, Bahnexpertin des Verkehrsclubs." Auch beschäftigungspolitisch ist sie vielversprechend, da nur mehr Verkehr auf der Schiene langfristig Arbeitsplätze in der Bahnbranche sichert."

Am 29-09-2006

Staatsanwalt ermittelt gegen DB-Vorstand wegen InterRegio-Zerstörung

Verdacht auf Untreue

Nach Angaben des Bündnisses "Bahn für Alle" ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Vorstand der Deutschen Bahn AG wegen des Verdachts auf Untreue. Die Ermittlungen gingen zurück auf eine Anzeige der Verkehrsexperten Professor Heiner Mohnheim, Gangolf Stocker, Rainer Schulz und des früheren Bundestagsabgeordneten Peter Conradi (SPD), die sich bei Bahn für Alle engagieren. Sie werfen dem DB-Vorstand vor, durch die Verschrottung von 170 InterRegio-Waggons Betriebsvermögen der Deutschen Bahn veruntreut zu haben. Die Waggons sollen sich in technisch einwandfreiem Zustand befunden haben und für weitere zehn bis 15 Jahre eingesetzt werden können. Insgesamt sei ein Schaden von rund 20 Millionen Euro entstanden. Nach Ansicht von "Bahn für Alle" ist "die sinnlose Verschrottung funktionstüchtiger Betriebsteile" nur ein Vorgeschmack auf den drohenden Börsengang der Deutschen Bahn. Mit dem Ziel, das Hochpreissegment zu stärken und damit "fit für die Börse" zu werden, sei "die überaus erfolgreiche Zuggattung InterRegio" Ende der neunziger Jahre schrittweise eingestellt worden. Für einen Börsengang drohe dieses Schicksal voraussichtlich auch dem InterCity.

"Die Verschrottung funktionstüchtiger Waggons ist ein Symbol für die Absurdität des geplanten Börsengangs", meint Professor Monheim. Schon jetzt zeige sich: "Der geplante Verkauf ist eine gigantische Verschleuderung öffentlichen Eigentums".

Bahn-Vorstand Otto Wiesheu habe im Verkehrsausschuss des Bundestags erklärt, dass die Deutsche Bahn AG durch die Zerstörung der Waggons habe verhindern wollen, dass Konkurrenten die Wagen kauften und sich so Wettbewerbsvorteile verschafften. "Dieses Verhalten ist für eine an Rendite orientierte Bahn sicher rational, nicht aber für eine Bahn, die Menschen befördern will", so Monheim. Damit zeige sich, "worum es bei dem Börsengang geht: um Rendite, nicht um Mobilität."

Der Zusammenschluss "Bahn für Alle" wird getragen von Attac, Robin Wood, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), den Initiativen "Bürgerbahn statt Börsenbahn" und "Bahn von unten", von UMKEHR und den Naturfreunden Deutschlands. Er setzt sich ein für eine "verbesserte Bahn in öffentlicher Hand" nach dem Vorbild der Schweiz. "Bahn für Alle" fordert den Bundestag auf, sich an diesem Erfolgsmodell zu orientieren und in einem Gutachten prüfen zu lassen, wie eine Entlastung des Haushalts durch eine optimierte Bahn in öffentlicher Hand erreicht werden kann. (Aktenzeichen bei der Staatsanwaltschaft Berlin: 4 Wi Js 768/06)

Am 09-10-2006

Protest gegen Bahn-Privatisierung auch in Scheibchen

Bündnis "Bahn für Alle"

Das Bündnis "Bahn für Alle" warnt vor einer scheibchenweisen Privatisierung der Bahn. "Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist gegen jede Privatisierung. Das müssen die gewählten Volksvertreter endlich zur Kenntnis nehmen", sagte Winfried Wolf von "Bahn für Alle". "Auch ein Verkauf eines Viertels der Anteile ist Privatisierung und Abbau pur. Es gibt kein einziges sachliches Argument, weshalb der Verkauf von Bahn-Anteilen Vorteile für Beschäftigte, Fahrgäste oder die öffentliche Hand bringen würde." So solle der Bund dem Vorschlag des Kanzleramtes zufolge Bahn-Schulden in Höhe von 15 bis 18 Milliarden Euro übernehmen - ein Vielfaches des erwarteten Verkaufserlöses. "Bahn für Alle" appellierte an die Koalitionspolitiker, sich nicht über den Willen der Bevölkerung hinwegzusetzen. Eine repräsentative Emnid-Umfrage habe am Wochenende ergeben, dass 71 Prozent der Bevölkerung für eine Bahn in öffentlicher Hand seien. Bei einer TED-Abstimmung des Bayerischen Rundfunks hätten am Mittwochmorgen 95 Prozent gegen einen Börsengang votiert. 2369 Radiohörer beteiligten sich an der Abstimmung.

Auch an der Basis der Parteien wachse laut „Bahn für alle“ der Widerstand: Gegen die Privatisierung der Bahn habe sich am Wochenende auch die Grüne Jugend ausgesprochen, die Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen. "Die Menschen wollen eine Bahn, mit der sie zuverlässig vom Wohnort zur Arbeit, zu den Schwiegereltern oder in den Urlaub fahren können - keinen Global Player, der Milliarden im Ausland investiert", sagte Hendrik Auhagen von Attac.

Das Bündnis "Bahn für Alle" besteht aus Attac, ROBIN WOOD, BUND, "Bürgerbahn statt Börsenbahn", "Bahn von unten", UMKEHR, den NaturFreunden Deutschlands sowie dem VCD Brandenburg und setzt sich eigenen Angaben zufolge für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand ein.

Am 08-11-2006

Große Koalition beschloss Börsengang der Bahn

"Logisch unmöglicher Kompromiss"

Nach dem Willen der großen Koalition soll die Deutsche Bahn AG spätestens 2009 an die Börse gehen. Die Verkehrspolitiker der großen Koalition verständigten sich am 8. November auf Eckpunkte für die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee kündigte an, bis Ende März einen Gesetzentwurf vorzulegen. Die Bundesregierung scheint nicht auf die Unterstützung der Bevölkerung bei diesem Privatisierungsvorhaben zu bauen. So berichtet sie auf ihrer Website kaum über den geplanten Börsengang, sondern in erster Linie darüber, was - scheinbar - alles nicht privatisiert werden soll. So soll - nach Darstellung der Bundesregierung - das Schienennetz beim Bund verbleiben und der Bahn "zur Nutzung überlassen" werden. Kritiker vom Bündnis "Bahn für Alle" werfen der Koalitionsspitze vor, die Zustimmung ihrer Fraktionen zur Bahn-Privatisierung "erzwungen" zu haben. Die Bahn werde geopfert, um Handlungsfähigkeit der Koalition zu demonstrieren. "Die Abgeordneten mussten nach nur einem Tag Prüfmöglichkeit dem Vorschlag zustimmen, ein in 170 Jahren entstandenes Verkehrssystem privaten Finanzinvestoren zu übereignen", kritisierte Bündnissprecher Winfried Wolf. Das heute noch 34.000 Kilometer lange Schienennetz bleibt nach Darstellung der Regierung vollständig "im Besitz" des Bundes. Das treffe auch auf Bahnhöfe, Service-Einrichtungen und Werkstätten zu. Die Bahn solle das Netz aber "bewirtschaften" können. Wie lange die Bahn das Netz betreiben dürfe, werde noch vertraglich festgelegt.

Die Einigung sieht laut Bundesverkehrsminister Tiefensee weiterhin vor, dass der Bund "keine weiteren" Schulden der Deutschen Bahn mehr übernehmen werde. Außerdem werde die Bundesnetzagentur für einen "fairen Wettbewerb auf der Schiene" sorgen. Die Jobgarantie bei der Bahn soll nur noch bis 2010 fortgeführt werden.

Wolf: Kompromissmodell im Bundestagsantrag logisch unmöglich

Der Verkehrswissenschaftler Wolf hält das Kompromissmodell im Bundestagsantrag für "logisch unmöglich". Der Antrag mische "in unsinniger Weise" die zwei gegensätzlichen von SPD und Union bevorzugten Privatisierungsmodelle. "Dies führt zu einem logisch unmöglichen Vorschlag: eine Infrastruktur in Bundeseigentum, die jedoch von einer privaten Aktiengesellschaft bewirtschaftet und bilanziert werden soll", so Wolf.

Offen bleibe in dem Antrag, "ob nur das Gleisnetz oder auch die Bahnhöfe dem Bund gehören sollen und wer die Verbindlichkeiten von 15 Milliarden Euro übernehmen soll, die auf dem Bahnnetz lasten".

"Bahn für Alle" kritisiert "das Durchpeitschen des Antrages" als undemokratisch. Wie aktuelle Umfragen belegten, sei eine überragende Mehrheit der Bevölkerung für eine Bahn in öffentlicher Hand. Auch eine große Gruppe in der SPD- Bundestagsfraktion lehne die Privatisierung ab. Die Parlamentarische Linke habe kurz vor der Einigung der Koalitionsspitzen formuliert, dass "Lösungskonzepte auch ohne Börsengang möglich gemacht werden" müssten.

Dann binnen 36 Stunden eine Zustimmung der SPD-Fraktion erzwingen zu wollen, verletze "die parlamentarischen Anstandsregeln", sagte der ehemalige Bundestagsabgeordnete Hendrik Auhagen für das Bündnis "Bahn für Alle". "Mit dieser Ignoranz wird Demokratiemüdigkeit gefördert." Auhagen ist Mitglied des Attac-Rates.

Das Bündnis "Bahn für Alle" wird getragen von Attac, ROBIN WOOD, BUND, "Bürgerbahn statt Börsenbahn", "Bahn von unten", UMKEHR, den NaturFreunden Deutschlands sowie dem VCD Brandenburg und setzt sich ein für eine verbesserte Bahn in öffentlicher Hand. Am Freitagabend findet in Hamburg eine Demonstration gegen die Privatisierung statt.

Am 10-11-2006

Proteste gegen steigende Bahn-Preise

"Rekordgewinne"

Die Umweltschutzorganisation Robin Wood protestierte am Sonntag gegen die zum Jahreswechsel angekündigten "saftigen Fahrpreiserhöhungen der Deutschen Bahn" und die Privatisierungspläne für das Unternehmen. Die Organisation entrollte auf der Dachkonstruktion des Bahnhofs ein Transparent mit der Aufschrift "Börsenbahn = Preiswahn – Privatisierung stoppen". Fahrgäste wurden darauf aufmerksam gemacht, welche Nachteile die Bahnkunden nach Auffassung der Umweltschützer bei einem Börsengang der Bahn in Kauf nehmen müssten. Trotz der "Rekordgewinne" des Konzerns würden Anfang 2007 die Fahrpreise im Nahverkehr um 3,9 Prozent und im Fernverkehr sogar um 5,6 Prozent steigen, kritisierte Jürgen Mumme von Robin Wood. Damit lägen die Erhöhungen "klar über dem Anstieg der Mehrwertsteuer". Offenbar sollten die Bahnkunden tief in die Tasche greifen, "damit Bahnchef Mehdorn eine attraktive Bilanz für die Börse präsentieren kann", vermutet Mumme.

In einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag der Initiative "Bahn für Alle" hätten sich im November 71 Prozent der Befragten für den Verbleib der Deutschen Bahn in öffentlichem Besitz ausgesprochen. Das sei nicht verwunderlich, "schließlich hätte ein Börsengang der Bahn neben erhöhten Preisen noch weitere Nachteile: Chaos durch nicht aufeinander abgestimmte Fahrpläne und Tarife verschiedener Anbieter, noch mehr Verspätungen und die Streichung von Verbindungen."

Außerdem würde der Klimaschutz torpediert. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung hätte ergeben, dass ein Börsengang den Verkehrsanteil der umweltfreundlichen Bahn am gesamten Verkehrsaufkommen senken und den Ausstoß klimaschädlicher Gase steigern würde. Dennoch wolle Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee bis Ende März ein Privatisierungsgesetz erarbeiten. "Das ist gegen jede Vernunft und gegen den erklärten Willen der Bevölkerung", kritisiert Mumme.

Dieser Auftrag sei jedoch noch keine Entscheidung für den Börsengang; darüber werde der Bundestag erst im Sommer nächsten Jahres entscheiden.

Im Vergleich zu 2005 habe die Deutsche Bahn in diesem Jahr 800 Millionen Euro weniger investiert. Vor allem bei Instandhaltung und Wartung sei gespart worden, "so dass Netz und Züge immer maroder werden". Die Züge würden dadurch immer unpünktlicher, im Fernverkehr komme jeder dritte Zug verspätet ans Ziel, behauptet die Organisation. "Die Zeche für die geschönte Bilanz zahlen die Bahnkunden schon jetzt mit Verspätungen und ab dem 1. Januar dann auch durch erhöhte Preise", so Mumme. "Beim Verkauf der Bahn müssten die Strecken eine Rendite von mindestens acht Prozent bringen, was nur durch Streckenstreichungen, Lohndumping und weiter steigende Ticketpreise zu erreichen wäre."

Am 11-12-2006

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