Guido Westerwelle
- Oppositionsfraktionen ringen um den Untersuchungsauftrag - Regierungsfraktion will Ausschussvorsitz
- Westerwelle fordert Regierungserklärung wegen Warnung vor atomaren Anschlägen
- Westerwelle fordert weniger Mehrwertsteuer für Energie
- Kampeter: Steuerreform erst nach der Bundestagswahl
- Schick: "Brotkrumen des Populismus"
SPD-Fraktionschef Körper vertrat die Auffassung, die Bundesregierung habe im Parlamentarischen Kontrollgremium "nichts an Informationen vermissen" lassen. Es sei "eindeutig nachgewiesen, dass die BND-Mitarbeiter im Irak auftrags- und weisungsgemäß gearbeitet haben und wir eindeutig keine aktive Unterstützung an der operativen Kriegsführung der Amerikaner im Irak geleistet haben".
Ex-Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer befürchtet durch einen öffentlichen Untersuchungsausschuss eine Beschädigung des Bundesnachrichtendienstes (BND). Der CDU-Bundestagsabgeordnete warnte im Bayerischen Rundfunk vor negativen Auswirkungen auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen durch das Gremium. Das Vertrauen werde verloren gehen, weil "Dinge nach außen gespielt werden".
Westerwelle sagte hingegen, nicht die parlamentarische Kontrolle von Regierung und Geheimdienst gefährde die Sicherheit, sondern die Vertuschung der Vorwürfe. Er hielt der Union vor, sie mauere in Sachen Aufklärung ausschließlich aus dem Grund, die SPD zu schonen. "Koalitionäre Rücksichtnahme in Maßen verstehe ich", fügte der FDP-Chef hinzu. Wenn "die Axt an die Wurzel unseres Rechtstaates gelegt wird, fehlt mir dafür aber jedes Verständnis".
Die FDP sei "eine staatstragende Partei" und wisse, dass man Geheimdienste brauche. Aber die amtierende Bundesregierung habe im Umfeld der Vorgänge in Bagdad "erkennbar die Unwahrheit gesagt". "Auch in Zeiten der Terrorismusbekämpfung sollten wir den Rechtsstaat und unsere Verfassung als unbestrittenen Kompass beachten", so Westerwelle.
Oppositionsfraktionen ringen um den Untersuchungsauftrag - Regierungsfraktion will Ausschussvorsitz
Am Dienstag beschlossen die Grünen als letzte Oppositionsfraktion die Einsetzung eines solchen Untersuchungsausschusses. Die Fraktion hatte sich mit der Entscheidung sehr schwer getan. Am 17. Januar hatte sie sich bei einer Gegenstimme von Ex-Außenminister Josef Fischer für den Untersuchungsausschuss ausgesprochen. In den Tagen danach waren die Grünen aber von dem klaren Votum wieder abgerückt. Das ehemalige Regierungsmitglied Renate Künast hatte erklärt, dass der angekündigte Regierungsbericht den Ausschuss obsolet machen könnte.
Am Dienstag Abend trafen sich Vertreter von FDP, Linkspartei und Grünen im Bundestag, um über den genauen Untersuchungsauftrag zu ringen. Eine Übereinkunft noch in dieser Woche wird von allen Fraktionen trotz zunächst unterschiedlicher Ansätze nicht ausgeschlossen.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sagte, es gehe seiner Partei nicht darum, den BND "an den Pranger" zu stellen. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte, ohne die Ermittlungsergebnisse des Ausschusses abzuwarten, die Situation wäre anders, falls wenn es eine "politische Deckung" für die Weitergabe militärisch relevanter Daten gegeben hätte.
Links-Fraktion und die FDP wollen führende Regierungsmitglieder von Rot-Grün vor den Ausschuss laden, um auch öffentlich Verantwortlichkeiten zu klären. Dabei geht es um die Ex-Minister Joschka Fischer (Grüne) und Otto Schily (SPD) sowie möglicherweise auch um Alt-Kanzler Gerhard Schröder und den damaligen Kanzleramtschef und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD).
Den Untersuchungsauftrag wollen FDP und Links-Fraktion breit fassen. Dabei geht es neben der Rolle des BND im Irak um CIA-Flüge über Deutschland, Foltervorwürfe und Vernehmungen deutscher Staatsbürger in Syrien und Guantanamo. Für die Grünen wollten den Untersuchungsauftrag zunächst sehr eng fassen. Jetzt signalisierte Fraktionschef Kuhn offenbar Zustimmung zu den Forderungen von FDP und Linkspartei. Lediglich den letzten Punkt sehen die Grünen als erledigt an.
Der FDP-Innenexperte Max Stadler hofft auf eine Einigung der Opposition auf den Untersuchungsauftrag noch in dieser Woche. Der Ausschuss könnte dann nächste Woche im Bundestag beschlossen werden und noch im März seine Arbeit aufnehmen.
SPD-Fraktionschef und Ex-Verteidigungsminister Peter Struck (SDP) möchte, dass der Ausschuss seine Arbeit noch vor der Sommerpause abschließt. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer reklamierte für die Union als größter Fraktion den Ausschussvorsitz.
Am 08. Mär. 2006 unter: nachrichten
Westerwelle fordert Regierungserklärung wegen Warnung vor atomaren Anschlägen
Anschläge auf Atomkraftwerke
Angesichts der aktuellen Debatte über mögliche Terroranschläge fordert FDP-Chef Guido Westerwelle eine Regierungserklärung zur Inneren Sicherheit. "Nach den Äußerungen des Verteidigungsministers und des Innenministers halte ich es für erforderlich, dass die Bundesregierung im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung abgibt zu der Frage: Wir ernst ist die Bedrohungslage in Deutschland wirklich?", sagte Westerwelle am 17. September in Berlin. "Ein Bundesinnenminister, der meint, atomare Anschläge von Terroristen seien nur eine Frage der Zeit, muss ja Erkenntnisse haben - oder er spricht ins Blaue hinein", meint Westerwelle, der offenbar die Reaktion der Anti-Atombewegung fürchtet. Die atomkritische Ärzteorganisation <a href="/lexikon/ippnw">IPPNW</a> sieht Schäuble bereits als potenziell neuen "prominenten Atomkraftgegner".
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte auf die Möglichkeit eines terroristischen Anschlags mit nuklearem Material hingewiesen und betont: "Viele Fachleute sind inzwischen überzeugt, dass es nur noch darum geht, wann solch ein Anschlag kommt, nicht mehr, ob."
Die IPPNW gratulierte Schäuble "zu seiner Einsicht hinsichtlich der akuten Gefahr von terroristischen Atomanschlägen. Wenn Schäuble jetzt konsequent weiterdenkt, haben wir in ihm bald einen weiteren prominenten Atomkraftgegner gewonnen, denn der vielleicht größte Risikofaktor für Atomterror ist die zivile Atomenergie selbst", so IPPNW-Pressesprecher Sven Hessmann.
Die IPPNW begründe seit Jahren ihre Forderung nach einem schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomkraft auch mit dem Hinweis auf die Gefahr durch Atomterrorismus. Zugleich warnte die Organisation vor "Schäubles Panikmache und seinem Überwachungswahn". Dies sei die falsche Antwort auf die Terrorgefahr sei. Die IPPNW rufe daher zusammen mit anderen Ärzteorganisationen zur Demonstration "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn" am kommenden Samstag in Berlin auf.
Hessmann sagte, jedes neue Kernkraftwerk erhöhe die Menge an Uran und nuklearem Material, das abgebaut, weiterverarbeitet, gehandelt, transportiert und gelagert werde. "Auf jeder Stufe besteht die Gefahr, dass Material für eine schmutzige Bombe abgezweigt wird." Einen absoluten Schutz biete nur der schnellstmögliche Ausstieg aus der Atomenergie.
Viele Atomkraftwerke böten einen mangelhaften Schutz vor terroristischen Angriffen: Bereits im Jahr 2000 sei regierungsintern zahlreichen deutschen Atomkraftwerken eine mangelnde Auslegung gegen Flugzeugabstürze bescheinigt worden, so Hessmann. Bei den Atomkraftwerken Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar-1, Philippsburg-1 und Krümmel heiße es: "fehlende bzw. unzureichende Auslegung gegen Flugzeugabsturz". Auch dem Atomkraftwerk Neckarwestheim-1 werde eine "fehlende Auslegung gegen Flugzeugabsturz" bescheinigt.
Die zivile Nutzung der Atomenergie erhöhe zudem "die Gefahr eines Terroranschlages mit einer tatsächlichen Atombombe", so Hessmann. Wegen der weltweit begrenzten Vorräte an abbaubaren Uranerz werde die Atomindustrie in der Zukunft voraussichtlich auf reaktorfähiges Plutonium aus Wiederaufbereitungsanlagen zurückgreifen müssen. Reaktorfähiges Plutonium aber könne "relativ leicht" zur Herstellung von Atomwaffen verwendet werden.
Eine Ausdehnung der Wiederaufbereitung "inklusive der damit verbundenen Verarbeitung, Lagerung sowie dem Handel und Transport von reaktorfähigem Plutonium würde die Möglichkeiten für Terroristen und einzelne Staaten, an atomwaffenfähiges Material zu gelangen, vervielfachen", so Hessmann. Auch bei strengen Sicherheitsvorkehrungen ließen sich in einer modernen Wiederaufbereitungsanlage sichere Aussagen nur über den Verbleib von 99 Prozent des Plutonium-Bestandes treffen. Etwa ein Prozent des Plutoniums könne "aus verfahrenstechnischen Gründen" nicht genau bestimmt werden und gelte offiziell als "Material Unaccounted For" (MUF).
Laut IPPNW ist das eine "gravierende Sicherheitslücke": Das potentielle MUF der hochmodernen Wiederaufbereitungsanlage Rokkasho Mura werde nach Aussagen britischer Experten etwa auf 50 Kilogramm Plutonium pro Jahr geschätzt - "genug Stoff für etwa sechs bis acht Atomwaffen".
Am 17. Sep. 2007 unter: welt-online
Westerwelle fordert weniger Mehrwertsteuer für Energie
CDU will Steuerreform erst nach Bundestagswahl
Nach der Debatte über die Wiedereinführung der Pendlerpauschale sieht sich die Bundesregierung mit einer weiteren Steuerforderung konfrontiert. FDP-Chef Guido Westerwelle verlangte wegen steigender Preise die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas, Strom und Öl von 19 auf 7 Prozent. Das Bundeswirtschaftsministerium wies den Vorstoß am 26. März umgehend zurück. Laut CDU ist "nach der Bundestagswahl" mit einer erneuten Steuerreform zu rechnen. Reformen nach Wahlen gehen meist zu Lasten der breiten Bevölkerung.
Westerwelle sagte, bezahlbare Energie sei ein Grundbedürfnis: "Heizen ist so wichtig wie Kleidung und Nahrung." Der FDP-Chef nannte die Energiekosten den "Brotpreis des 21. Jahrhunderts". Deshalb solle für Energie ebenso wie bereits für Lebensmittel nur noch der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten. "Fahren und Heizen, ob mit Öl, Strom oder Gas, darf kein Luxus werden", forderte er. Zwei Drittel der Energiekosten seien vom Staat gemacht. "Der Staat ist Preistreiber und kann sich Entlastung leisten."
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) lehnte den Vorschlag ab. Zwar stimme er zu, dass Energie bezahlbar bleiben müsse, sagte er. Deswegen müsse es in Deutschland auch eine ausreichende Energieerzeugung geben. Jetzt aber einfach die Mehrwertsteuer auf Gas, Öl und Strom absenken zu wollen, sei "nicht der richtige Weg".
Glos sagte andererseits, dass sich die Politik generell mit der Frage des reduzierten Satzes von sieben Prozent befassen müsse. So gebe es bei der Eingruppierung der Waren in die verschiedenen Mehrwertsteuersätze noch "viel Ungereimtes". Als Beispiele nannte der den reduzierten Steuersatz für Hundefutter und Schnittblumen.
Kampeter: Steuerreform erst nach der Bundestagswahl
CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter erwartet eine Steuerreform aber erst nach der Bundestagswahl. Anliegen beider Unions-Parteien sei ein umfassendes Steuerkonzept, sagte er. Dabei könne auch etwa die Frage der Pendlerpauschale "ein Element" sein. Die Umsetzung sehe er aber "eher in der nächsten Legislaturperiode".
Westerwelles Forderung wurde derweil von Steuerzahlerverbänden und der Linken begrüßt. Der Bundesgeschäftsführer des Steuerzahlerbunds, Reiner Holznagel, sagte, das System gehöre auch insgesamt auf den Prüfstand. "Da sind beispielweise Produkte mit einer reduzierten Mehrwertsteuer belegt, bei denen es nicht mehr zeitgemäß ist, beispielsweise Tiernahrung oder Rennpferde." Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, nannte die FDP-Forderung "konsequent und richtig". Auch der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips, forderte eine Prüfung des Vorschlags.
Linke-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch begrüßte den Westerwelle-Vorstoß "ausdrücklich", hob aber hervor, dass eine Senkung des Steuersatzes vor allem den Normalverbrauchern zugutekommen solle und "nicht zur Profitreserve für Unternehmen" werden dürfe.
Schick: "Brotkrumen des Populismus"
Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick warf dem FDP-Chef dagegen Populismus vor. Es sei sicherlich nicht falsch, die Energiekosten als Brotpreis des 21. Jahrhunderts zu bezeichnen. Viele Menschen hätten unter den Preissteigerungen zu leiden, so Schick. "Aber anstatt sich ernsthaft Gedanken zu machen, giert er nach den Brotkrumen des Populismus und hofft auf Stimmen von den kleinen Leuten, um die sich seine Partei sonst einen feuchten Kehricht schert."
Schick wirft Westerwelle vor, in der Öffentlichkeit anderes zu fordern als im Finanzausschuss. "So viel Prinzipienlosigkeit muss man erst einmal hinbekommen: Im Finanzausschuss fordert die FDP lautstark Schluss mit den vielen Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer. Jetzt ruft ihr Vorsitzender nach neuen Ausnahmen." In ihrem Grundsatzprogramm setze sich die FDP "vollmundig" für eine höhere "steuerliche Belastung umweltschädigenden Verbrauchs" ein. Jetzt schlage ihr Vorsitzender das genaue Gegenteil vor: die steuerliche Entlastung des Energieverbrauchs. Das sei "durchschaubar und ohne eine Spur von Nachhaltigkeit".
Schick plädiert für eine Gratwanderung zwischen ökologischen und sozialen Zielen: "Wir setzen auf eine Fortentwicklung der ökologischen Finanzreform, um ökologische Lenkungswirkung und sozialen Ausgleich zu verbinden."