Der offiziellen Verlautbarung zufolge will das Bundesforschungsministerium die Rückbaukosten der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) "besser kontrollieren". Ein Sprecher des Ministeriums sagte am Dienstag in Berlin, man habe das Gespräch mit dem Bundesrechnungshof gesucht. Dieser hatte Forschungsministerin Annette Schavan im Zusammenhang mit einer geplanten Milliardenzusage des Bundes für die atomare Wiederaufarbeitungsanlage scharf angegriffen.
Die Anlage in Baden-Württemberg hatte bis zu ihrer Stilllegung im Jahr 1991 lediglich als Versuchseinrichtung gedient. Bei der atomaren Wiederaufarbeitung wird aus den in Atomkraftwerken "verbrannten", hochradioaktiven Brennelementen Plutonium abgetrennt.
Einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge kritisierten die Rechnungsprüfer, der seit 1991 mit dem Rückbau beauftragten WAK GmbH fehle "jeglicher materieller Anreiz, das Projekt schnell und kostengünstig abzuschließen". Die Finanzierungszusage Schavans wirke wie ein "Blankoscheck" für die Firma.
Der Ministeriumssprecher sagte, dass die WAK GmbH zwischenzeitlich von den bundeseigenen Energiewerken Nord (EWN) übernommen worden sei. Davon erwarte man sich eine bessere Kontrolle der Kosten, da die EWN bereits Erfahrung im Rückbau hätten. Zudem werde ein "unabhängiger Sachverständiger" als Projektbegleiter die Arbeiten "beobachten". Der Ministeriumssprecher gab keine Erläuterungen dazu, welche Unternehmen bislang durch den Rückbau der Wiederaufarbeitungsanlage welche Gewinnspannen erzielt haben.
Entsorgung der "hochradioaktiven Atomsuppe" - Die Finanzierungsbeiträge der Atomindustrie wurden begrenzt
Die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) ist immer wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Dabei spielen zum einen die immensen Kosten für die Stilllegung der einstigen Pilotanlage eine Rolle. Aber auch die Sicherheitsvorkehrungen sorgten in der Vergangenheit für negative Schlagzeilen, als Ende 2000 ein Mitarbeiter einer Fremdfirma unbemerkt ein Röhrchen mit plutoniumhaltiger Flüssigkeit aus der WAK entwenden konnte.
Gebaut wurde die WAK in den Jahren 1967 bis 1970 unter Federführung des Forschungszentrums Karlsruhe. Sie diente als Versuchseinrichtung, um die Machbarkeit der industriellen Wiederaufbereitung abgebrannter Kernelemente zu erproben. Von 1971 bis Ende 1990 wurden in der WAK rund 200 Tonnen Kernbrennstoffe aufgearbeitet. Nachdem die Industrie aus dem Projekt einer kommerziellen Wiederaufbereitungsanlage im bayerischen Wackersdorf ausgestiegen war, machte auch die WAK als Erprobungsbetrieb keinen Sinn mehr. Bund, Land und Industrie als Träger vereinbarten die Stilllegung.
In den 1991 unterzeichneten Stillegungsverträgen wurden die Kosten für den Rückbau der Anlage zunächst auf rund 1,9 Milliarden D-Mark geschätzt. Von den Trägern wurden diese Mittel in einen Fonds eingezahlt. Inzwischen sind die Gelder plus Zinsen längst aufgebraucht - 1,1 Milliarden Euro wurden bis Anfang 2005 in den Rückbau investiert. Darüber hinaus anfallende Kosten sollen nach einer ebenfalls 1991 getroffenen Rahmenvereinbarung zu 91,8 Prozent vom Bund und zu 8,2 Prozent vom Land getragen werden.
Die Atomindustrie ist aus dem Schneider, weil ihr Beitrag von vornherein begrenzt wurde.
Als problematisch gilt, dass die Finanzierung damals zugesagt wurde, ohne dass sich die Träger Einfluss auf die operative Geschäftstätigkeit sicherten, die der WAK Betriebsgesellschaft mbH obliegt. So heißt es in einem Bericht des Finanzausschusses des baden-württembergischen Landtags vom September 2005, die Betriebsgesellschaft habe als Folge dieser Konstellation "nicht unbedingt das eigentlich notwendige besondere Engagement beim Rückbau der Anlage" gezeigt.
De facto werden die Kosten für die Stilllegung inzwischen mindestens auf das Doppelte veranschlagt. Die baden-württembergische Landesregierung schätzte den finanziellen Gesamtaufwand im Mai 2005 auf voraussichtlich 1,9 Milliarden Euro. Die Mehrkosten im Vergleich zur ursprünglichen Planung würden sich damit auf rund 930 Millionen Euro belaufen, wovon über 853 Millionen Euro der Bund und rund 76 Millionen Euro das Land tragen müssten. In einem aktuellen Bericht der "Financial Times Deutschland" ist gar von Gesamtkosten in Höhe von 2,2 Milliarden Euro die Rede.
Die Mittel werden sowohl für den Rückbau des so genannten Prozessgebäudes und der Lagergebäude als auch für die Verglasung von radioaktiven Abfällen und deren Endlagerung benötigt. Gelagert werden in der WAK bis heute mehrere Behälter mit hochradioaktiver "Atomsuppe". Nach der bisherigen Planung soll der Rückbau bis 2010 abgeschlossen sein.