Die Untersuchungen wurden den Angaben zufolge von der in Berlin ansässigen Gesellschaft für Lebensmittel-Forschung mbH (GfL) durchgeführt. Das Forschungsinstitut ist ein auf Frucht- und Gemüsesäfte spezialisiertes, staatlich akkreditiertes Prüflabor.
Die Umwelthilfe forderte die Discounter Aldi und Lidl am Montag in gleich lautenden Schreiben auf, die betroffenen Säfte und alle weiteren potenziell ITX-belasteten Produkte aus ihrem Sortiment zu entfernen, wie dies in anderen betroffenen Ländern längst geschehen sei. Von den Verpackungsherstellern Elopak und TetraPak verlangte die DUH, keine Verpackungen mehr auszuliefern, von denen Druckchemikalien wie ITX ins Produkt gelangen können.
Beide Hersteller sollen bereits seit mindestens Anfang September über die ITX-Belastungen in unterschiedlichen Getränken unterrichtet worden sein, ohne die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren oder die Getränkeabfüller und Händler zum Verkaufsstopp aufzufordern. "Es kann nicht sein, dass in allen betroffenen Ländern die belasteten Produkte binnen Stunden aus den Regalen verschwinden, nur in Deutschland nicht", kritisiert Jürgen Resch von der Umwelthilfe. "Es ist nicht normal, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die einen gesunden Apfel- oder vitaminreichen Gemüsesaft kaufen, gleich noch einen Chemiecocktail gratis mitgeliefert bekommen." Auch wenn die Industrie versuche, das Gegenteil zu suggerieren, sei bisher keineswegs erwiesen, dass ITX gesundheitlich unbedenklich sei.
Umwelthilfe: Das Gesundheitsrisiko von ITX ist völlig unbekannt
Bisher lägen entwarnende Untersuchungen nur zur Frage einer erbgutverändernden Wirkung von ITX vor, die allerdings von der Industrie selbst in Auftrag gegeben worden seien. Über mögliche andere gesundheitsschädigende Wirkungen von ITX gebe es dagegen keine Untersuchungen.
Die Europäische Agentur für Nahrungsmittelsicherheit EFSA habe Anfang Dezember 2005 eine entwarnende Stellungnahme zu ITX mit dem Hinweis relativiert, es gebe Datenmaterial nur über mögliche gentoxische Wirkungen. Auch das dem Verbraucherschutzministerium unterstellte Deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) habe in einer Stellungnahme vom 25. November 2005 auf die mangelnde Datenlage für eine vollständige toxikologische Bewertung hingewiesen.
"ITX und andere Druckchemikalien haben in Getränken nichts zu suchen", sagte Resch. Es sei erschreckend, dass über die möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen von Stoffen wie ITX, die ganz offensichtlich in großem Stil mit Lebensmitteln in Kontakt kämen, so wenig bekannt sei. Deshalb müsse die einfache Regel gelten: "Wer Apfelsaft kauft, muss sich darauf verlassen können, dass Apfelsaft drin ist und nicht als Beilage ITX".
Resch forderte Verbraucherschutzminister Horst Seehofer und die in den Ländern zuständigen Ressortchefs auf, dem Beispiel ihres italienischen Kollegen zu folgen und umfassend nach ITX in Kartonverpackungen fahnden zu lassen. Wenn Monate nach der ersten Aufdeckung immer noch Verunreinigungen festgestellt werden könnten, sei die Industrie gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, offensichtlich nicht in der Lage, das Problem schnell und umfassend zu lösen. Es sei Aufgabe des Staates und nicht die einer Umweltschutzorganisation, seine Bürger vor verseuchten Lebensmitteln zu schützen.
Bereits im November sei ITX in italienischer Baby-Milch festgestellt worden. Damals seien die Produkte ausschließlich in Getränkekartons des schwedischen Herstellers TetraPak abgefüllt gewesen. In der Folge seien über 2 Millionen Liter des Herstellers Nestlé vom Markt genommen. Dasselbe geschah laut Umwelthilfe mit vergleichbaren Produkten in Spanien, Portugal und Frankreich.
Im Vorfeld der Veröffentlichung der EFSA-Stellungnahme habe TetraPak Ende November in Italien auf ganzseitigen Zeitungsanzeigen verkündet, der Stoff sei zwar gesundheitlich unbedenklich, man werde aber dennoch seine Verwendung bei der Kartonherstellung rasch stoppen. Für die voreilige Entwarnung wurde TetraPak offenbar von der EU gerügt.
Im Januar habe die kroatische Nahrungsmittelagentur ITX in österreichischen Fruchtsäften festgestellt. 33.000 Getränkekartons seien daraufhin konfisziert worden.
Die von der Umwelthilfe initiierten ITX-Untersuchungen bei Aldi und Lidl beträfen nun erstmals nicht mehr nur TetraPak, sondern auch dessen norwegischen Konkurrenten Elopak, in dessen Kartons der Aldi-Apfelsaft vertrieben werde. Betroffen seien auch nicht mehr nur Milchgetränke, sondern wie in Kroatien Fruchtsäfte.
Aldi und Lidl sind den Angaben zufolge die größten Fruchtsaftverkäufer auf dem deutschen Markt. Insgesamt werden über Discounter etwa 60 Prozent der Fruchtsaftgetränke vertrieben.