"Die zahlreichen Fälle, die in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen gesorgt haben, zeigen: Wir müssen überforderten Eltern bessere Hilfe zukommen lassen und den Schutz der Kinder verbessern", so Schneider.
Ärzte, Krankenkassen und Jugendämter sollten ein vernetztes Hilfesystem bilden, erklärte der Wohlfahrtsverband. Die Krankenkassen hätten am ehesten die Übersicht, ob Kinder regelmäßig zu den Pflichtuntersuchungen gebracht würden und könnten die Jugendämter informieren, wenn das nicht der Fall sei.
"Wichtig ist, dass die Eltern sich für die Vorsorgeuntersuchung einen Arzt ihres Vertrauens suchen können", sagte Wohlfahrtsverbands-Hauptgeschäftsführer Schneider. Es gehe nicht darum, ein staatliches Kontrollsystem einzuführen, sondern zu erkennen, wo Hilfen nötig seien. Um diese den Betroffenen auch gewähren zu können, müsse sichergestellt sein, dass sowohl die Jugendämter als auch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Familienhilfe entsprechend ausgestattet seien. In den vergangenen Jahren sei die Förderung präventiver Angebote massiv zurückgefahren worden.
Die Prävention und Hilfsangebote müssten dringend ausgebaut werden, forderte der Wohlfahrtsverband. Er begrüße es daher sehr, dass im Koalitionsvertrag von CDU und SPD die Verbesserung des Kinderschutzes durch den Ausbau "sozialer Frühwarnsysteme" Berücksichtigung finde.
Bereits gegen frühere Forderungen nach Pflichtuntersuchungen für Kinder hatte sich allerdings deutliche Kritik erhoben. So hält der Berliner SPD-Abgeordnete Thomas Kleineidam eine Pflichtuntersuchung für wenig sinnvoll, um Misshandlungen aufzudecken. Dafür seien die Abstände zu groß, weil sechs der neun Untersuchungen im ersten Lebensjahr anstünden. Dagegen spreche aber eine Störung des Vertrauensverhältnisses zum Arzt - Eltern könnten auf einen Arztbesuch nach einem Unfall verzichten, wenn sie damit rechnen müssten, die Verletzungen könnten als Misshandlung interpretiert werden. Zudem müsste ein umfassendes Überwachungssystem aufgebaut werden, bei dem nicht einmal klar sei, wie es funktionieren solle.
Die gute Absicht könne gar nach hinten losgehen, warnte Kleineidam: Die Krankenkassen würden die Kosten für staatlich verordnete Pflichtuntersuchungen nicht übernehmen, und erst recht nicht die Kosten des Überwachungssystems. "Und so wie unser System strukturiert ist, spricht nach meiner Einschätzung viel dafür, dass diese Kosten in Millionenhöhe zu Lasten des heute ohnehin schon belasteten Jugendhilfehaushalts finanziert werden", schrieb Kleineidam in einer Stellungnahme.