DIE Internet-Zeitung

November 2005

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Neuer Fleischskandal in Niedersachsen

Mehr Verantwortungsbewusstsein bei Fleisch-Herstellern und -Händlern gefordert

Im Skandal um überlagertes Rind- und Geflügelfleisch sind in Niedersachsen elf von 16 Proben als "eindeutig genussuntauglich" eingestuft worden. Am Wochenende waren 90 Tonnen Tiefkühlware beschlagnahmt worden. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen forderte Produzenten und Händler auf, ihre Eigenkontrollen zu verbessern. Üble Gerüche, fahles Aussehen und Gefrierbrand bei gefrorenem Fleisch würden jedem Kontrolleur sofort in die Nase und ins Auge springen, kritisierten die Verbraucherschützer "Unschuldsbeteuerungen" von Händlern und Herstellern. Der Deutsche Vegetarier-Bund sieht die jüngsten Fleischskandale dagegen auch als Folge eines falschen Verbraucherverhaltens. Viele Bürger seien nicht bereit, für Lebensmittel einen angemessenen Preis zu zahlen. Der Preiskampf vieler Discounter setze die Hersteller in der Fleisch verarbeitenden Industrie unter einen hohen Kostendruck. Auch deswegen sei zu befürchten, dass die gegenwärtig bekannt gewordenen Skandale keine Einzelfälle seien und auch nicht bleiben würden.

Giftige Wolke über Rheinfelden

Ammoniak bei Panne in Chemiebetrieb ausgetreten

Eine Panne in einer Chemiefabrik im südbadischen Rheinfelden hat am Dienstag zum Austritt von giftigen Gasen geführt. Wie die Polizei mitteilte, trieb eine Ammoniak-Wolke in Richtung Innenstadt. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Eine Mitarbeiterin des Betriebs erlitt Reizungen der Atemwege und musste ärztlich behandelt werden.

Entschieden

Fußball-Weltmeisterschaft mit Mehrweg-Bechern

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr werden die Getränke in den Stadien in Mehrwegverpackungen verkauft. Der Organisationskomitee entschied sich am Wochenende gegen den Einsatz umweltschädlicher Einwegverpackungen. Bereits am Sonntag hatte Coca Cola erklärt, nach dem vom Konzern entwickelten Konzept sollten "soweit wie möglich" kleine Mehrwegflaschen zum Einsatz kommen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßte die Entscheidung. Coca Cola sei "bei seinem Versuch gescheitert, in den Fußballstadien Einweg zu etablieren und das existierende Mehrwegsystem zu verdrängen", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH hatte vom Organisationskomitee gefordert, seine Umwelt-Grundsätze der "Green Goals" zu beachten, in denen festgeschrieben ist, dass Abfälle zu vermeiden sind.

"Heißer Winter"

Diskussionen um geplante Angleichung von Privat- und Kassenpatienten

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach befürwortet die Pläne von SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), gleiche Honorarsätze für privat und gesetzlich Versicherte einzuführen. Dadurch würde der Kreis der Einzahler in die gesetzliche Krankenversicherung erweitert werden. Wenn die große Koalition den Steuerzuschuss zur Krankenversicherung abbauen wolle, dann bleibe als einzige Möglichkeit, höhere Beitragssätze zu vermeiden und auch heute privat Versicherte stärker in die Finanzierung des Solidarsystems einzubeziehen, sagte Lauterbach der "Passauer Neuen Presse". Der Ärzteverband Hartmannbund hingegen hat angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Arztpraxen energisch gegen die Pläne protestiert und mit einem "heißen Winter" gedroht. Auch die gesetzlich Versicherten würden darunter leiden, wenn die Einkünfte der Ärzte durch die Maßnahmen weiter sinken würden.

"Vollkommen unnötig"

Managerhaftung ist für die Regierung kein vorrangiges Thema

Die direkte Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten bei fehlerhaften Kapitalmarktinformationen ist nach Informationen des "Handelsblattes" bei der neuen Koalitionsregierung derzeit nicht auf die Tagesordnung. "Das Thema Managerhaftung ist im Rahmen der Koalitionsverhandlungen nicht erörtert worden", habe Michael Meister, Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, gesagt. Meister, der sich persönlich für eine Verschärfung der Haftung ausspreche, sehe dieses Thema jedoch - "mit Blick auf die Finanzprobleme des Bundes" - nicht als vorrangig an.

Kritik an deutschen Abgeordneten

EU-Parlament modifizierte neue EU-Chemikalien-Verordnung

Nach mehr als zweijähriger Debatte hat das Europäische Parlament am Donnerstag in Erster Lesung über die unter der Abkürzung "REACH" bekannte neue EU-Chemikalien-Verordnung abgestimmt. REACH steht für Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien und sieht vor, dass Unternehmen chemische Stoffe in einer zentralen Datenbank registrieren müssen. Die Hersteller müssen, gestaffelt nach der Menge, in der ein Stoff produziert wird, Tests und Informationen zur Verfügung stellen, um das Risiko eines Stoffes zu bewerten. Das Parlament hat das Regelwerk, das Verbraucher und die Umwelt schützen soll, offenbar im Bereich der Registrierung zu Gunsten der Chemieindustrie abgemildert. Der Verband der Chemischen Industrie zeigte sich denn auch zufrieden in diesem Bereich und hofft nun auf den Ministerrat, um im Bereich Bewertung und Zulassung von Chemikalien weitere Veränderungen am Entwurf der Kommission zu erreichen. Umweltschützer und Verbraucherverbände reagierten mit Unverständnis: "Es ist nicht rational zu erklären, dass den Parlamentariern die Wünsche der Chemieindustrie wichtiger sind als die eigene Gesundheit und die ihrer Kinder", meint Edda Müller von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Im Gesetzgebungsverfahren ist nun der EU-Ministerrat, der Vertretung der nationalen Regierungen, am Zug.

Kahlschlag

Protest gegen Urwaldvernichtung vor der finnischen Botschaft

Greenpeace-Aktivisten brachten heute die Urwaldzerstörung aus Finnland nach Berlin. Vor die finnische Botschaft legen die Umweltschützer 15 Kubikmeter Astwerk aus einem abgeholzten Urwald. Auf einem Transparent stand: "Schützt Finnlands Urwälder - kein Papier und Holz aus Urwaldzerstörung". Der Grund für die Aktion: Die finnische Regierung lässt die letzten Urwälder im Norden des Landes weiter abholzen. Seit Anfang Oktober fällt das staatliche finnische Forstamt Metsähallitus nahe des Inari-Sees in Nordfinnland wieder im Urwald. Greenpeace Untersuchungen haben ergeben, dass der Einschlag im Urwaldsogar gesetzlich geschützte Arten zerstört, wie seltene Baumpilze. Deutschland ist Finnlands wichtigster Abnehmer des aus diesem Urwaldholz hergestellten Papiers.

Castor-Transport am Wochenende

Atomkraftgegner kündigen Vielzahl von Aktionen gegen Atomtransport an

"Vielfältige fantasievolle und bunte Aktionen" gegen den für dieses Wochenende erwarteten Castor-Transport nach Gorleben haben Atomkraftgegner angekündigt. Nach Informationen der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg soll der Transport mit zwölf hochradioaktiven Glaskokillen am Samstag um 17:20 Uhr am französischen Verladebahnhof in Valognes abfahren und am Sonntag um 11:50 Uhr die deutsch-französische Grenze bei Lauterbourg passieren. Damit könnte der Transport auf dem Weg ins Wendland bereits gegen Mitternacht Lüneburg erreichen. Bereits am Montag Abend könne der Transport vom Verladekran in Dannenberg Richtung Gorleben starten.

Tag "Journalisten hinter Gittern"

Derzeit 186 Journalisten im Gefängnis

Anlässlich des internationalen Tags "Journalisten hinter Gittern" am Mittwoch hat die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen die Regierungen verschiedener Länder aufgerufen, die in ihren Ländern inhaftierten Journalisten freizulassen. Weltweit seien derzeit 186 Medienleute im Gefängnis, weil sie ihren Job erledigt haben, hunderte seien in diesem Jahr vorrübergehend festgenommen worden. Vor allem wer über Machtmissbrauch, Korruption oder Drogenhandel berichte, lebe gefährlich.

Informationsbeauftragte

"Offenlegung von Aktivitäten und Bezügen"

Die Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten Deutschlands hat am 14. November 2005 zwei Entschließungen gefasst, in denen die Datenschützer mehr Transparenz von Funktionsträgern fordern. ngo-online dokumentiert den Wortlaut der Entschließung "Offenlegung von Aktivitäten und Bezügen der Mitglieder öffentlicher Organe und Gremien":

Öffentliche Unternehmen und Gremien

Datenschützer fordern Offenlegung von Funktionärs-Bezügen

Mitglieder öffentlicher Gremien und Funktionsträger dem Staat gehörender Unternehmen sollen nach Ansicht der Informationsfreiheitsbeauftragten Deutschlands ihre Aktivitäten und Bezüge offenlegen müssen. Auf ihrer Sitzung am Montag beschlossen die Datenschutzbeauftragten aus den Ländern, in denen es bereits ein Informationsfreiheitsgesetz gibt, zwei entsprechende Entschließungen. Sie forderten Bundes- und Landesgesetzgeber auf, "mehr Transparenz in den öffentlichen Unternehmen zu schaffen".

"Shell schafft Tatsachen"

Umweltschützer gegen Öl- und Gasausbeutung in Russland

Anlässlich der Beratungen des Verwaltungsrats der Osteuropabank über das Öl- und Gasprojekt Sakhalin II im fernen russischen Osten veröffentlichten Umweltschutzorganisationen die aus ihrer Sicht "10 wichtigsten Gründe", warum die Osteuropabank (European Bank for Reconstruction and Development, EBRD) das Projekt nicht fördern sollte. Wahrend das Projekt noch in Diskussion sei, schaffe der Ölkonzern Shell Tatsachen.

In Laboratorien

"2.265.489 Versuchstiere zu Forschungszwecken verbraucht"

Der Deutsche Tierschutzbund beklagt, dass auch 2004 die Versuchstierzahlen in Deutschland weiter angestiegen seien. Dies belege die Bilanz der Versuchstierstatistik des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft. Nach dieser seien 2.265.489 Tiere zu Forschungszwecken und somit 153.000 mehr als im Vorjahr "verbraucht" worden. Die Gentechnologie sei offenbar auch bei Tierversuchen "eine neue Spielwiese für die Wissenschaft". Eine Expertengruppe des Verbraucherschutzministeriums versucht weiterhin, Alternativmethoden zu den Tierversuchen "ausfindig zu machen".

Neuer Pflichtverteidiger

Prozess gegen Holocaust-Leugner Zündel vorerst geplatzt

Der Prozess gegen den Holocaust-Leugner Ernst Zündel vor dem Landgericht Mannheim ist vorerst geplatzt. Der Vorsitzende Richter Ulrich Meinerzhagen setzte die Hauptverhandlung am Dienstag aus, um einen neuen Pflichtverteidiger zu bestellen und diesem die Einarbeitung zu ermöglichen. Einen Termin für eine neue Verhandlung nannte er nicht. Staatsanwalt Andreas Grossmann geht offenbar davon aus, dass der Prozess frühestens Anfang 2006 neu beginnt.

Ohne Gegenkandidaten

SPD wählt Platzeck zum neuen SPD-Vorsitzenden

Die SPD hat den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Der 51-Jährige Platzeck erhielt am Dienstag auf dem SPD-Parteitag in Karlsruhe 99,4 Prozent der Stimmen. 512 von 515 Delegierten stimmten für Platzeck, der damit Nachfolger von Franz Müntefering ist. Es gab zwei Nein-Stimmen und eine Enthaltung. Platzeck hatte keinen Gegenkandidaten.

Geostrategische Ziele

Friedensbewegung kritisiert Deutschlands "weltweite Ambitionen"

Für die deutsche Friedensbewegung ist der außenpolitische Teil des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD vor allem eine Sammlung "wohlklingende Phrasen". Und dort, wo es konkret werde, sei er problematisch. "die stärkere Betonung der nationalen Interessen im Europäischen Einigungsprozess, die Rehabilitierung des Anbiederungskurses der CDU/CSU an die US-Kriegspolitik gegen den Irak, eine aktivere Industriepolitik zur Konsolidierung der deutschen und europäischen Rüstungsproduktion, die offensivere Formulierung geostrategischer Ziele in Osteuropa, im Nahen und Mittleren Osten und in Asien, den in Erwägung gezogenen Einsatz der Bundeswehr im Inneren, die Unterordnung der Entwicklungspolitik unter sicherheitspolitische Belange." Die Experten der drei Parteien hätten im Wesentlichen fortgeschrieben, was auch in der rot-grünen Koalition außenpolitischer Konsens gewesen sei: Die Bundesregierung beschreite weiter "den Weg Deutschlands von einer europäischen Mittelmacht zu einer hoch gerüsteten Großmacht mit weltweiten Ambitionen".

Informationsbeauftragte

"Transparenz in öffentlichen Unternehmen gefordert"

Die Arbeitsgemeinschaft der Informationsbeauftragten Deutschlands hat am 14. November 2005 zwei Entschließungen gefasst, in denen die Datenschützer mehr Transparenz von Funktionsträgern fordern. ngo-online dokumentiert den Wortlaut:

Betroffene Politiker

Anschlag auf Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan

Die Bundeswehr ist in Afghanistan zum Ziel eines Selbstmordattentates geworden. Bei dem Anschlag in der afghanischen Hauptstadt Kabul starb nach Angaben des Bundesverteidigungsmininsteriums am Montag ein Bundeswehrsoldat; ein weiterer wurde schwer und ein dritter leicht verletzt. Darüber hinaus sollen auch mehrere afghanische Zivilisten durch die Explosion getroffen worden sein. Bei dem Anschlag, der sich in der Nähe einer UN-Einrichtung im Osten Kabuls ereignete, wurde ein Bundeswehr-Geländefahrzeug vom Typ Wolf von einem mit Sprengstoff beladenen Pkw gerammt und teilweise zerstört.

Gegen Enthaltsamkeits-Kampagnen

Experten fordern bessere Sexualaufklärung Jugendlicher gegen Aids

Im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids haben Experten am Montag auf einer internationalen Tagung in Berlin eine wirksamere Sexualaufklärung für Jugendliche vor allem in Entwicklungsländern gefordert. Da fast die Hälfte der Bevölkerung in den weniger entwickelten Ländern gegenwärtig unter 25 Jahren alt sei, werde ihr Sexualverhalten "mehr denn je" die Ausbreitung von Aids entscheidend beeinflussen, betonte die Präsidentin des US-amerikanischen Alan Guttmacher Forschungsinstituts, Sharon Camp. Mit heute weltweit über einer Milliarde Jugendlichen und Heranwachsenden habe es noch nie eine so große Generation junger Menschen gegeben.

Weintrauben

Für Kinder "akut giftige Pestizid-Mengen" in Früchten gefunden

Der Verzehr gespritzter Tafeltrauben aus dem Supermarkt kann besonders die Gesundheit von Kindern akut gefährden, warnt die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Pestizidbelastung mehrerer getesteter Proben habe die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegte "Akute Referenzdosis" bis zum Vierfachen überstiegen. Bereits bei einmaliger Überschreitung dieses Grenzwertes besteht nach Einschätzung der Umweltschützer die Gefahr von Gesundheitsschäden. Solche Extrembelastungen wurden in elf von 77 getesteten Traubenproben und einer von 84 untersuchten Pfirsich- und Nektarinenproben deutscher Supermärkte festgestellt. Betroffen sind Produkte von Edeka, Lidl, Metro, Rewe und Tengelmann in Berlin, Dortmund, Dresden, Frankfurt, Köln, Mannheim, München und Stuttgart. Die Früchte stammten aus der Türkei und Italien.