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"Erhebliche neue Anhaltspunkte"

Verbrecher dürfen nach Absitzen der Haftstrafe nicht beliebig inhaftiert bleiben

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung erschwert. Diese Maßregel sei nur dann erlaubt, wenn während der Haft "erhebliche" neue Anhaltspunkte für eine große Allgemeingefährlichkeit des Verurteilten bekannt würden. Der BGH erklärte am Freitag im Falle eines wegen schweren Raubes verurteilten Mannes die vom Landgericht Gera angeordnete nachträgliche Sicherungsverwahrung für nichtig. Der 2. Strafsenat in Karlsruhe verwies auf den "hohen Rang" des Freiheitsgrundrechts.


Die Bundesrichter betonten, dass "nicht schon jeder während des Vollzugs aufgetretene Ungehorsam" - auch wenn er "neu" ist - die Einleitung eines Verfahrens zur Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung rechtfertige. Diese Maßregel solle nach dem Willen des Gesetzgebers "nur bei einer geringen Anzahl denkbarer Fälle in Betracht kommen" und müsse verhältnismäßig sein.

Im vorliegenden Fall seien die Vorfälle während des Vollzugs der Strafhaft zwar "neu" gewesen, sie belegten aber nicht in dem vom Gesetz erforderten Maß eine "erhebliche Gefährlichkeit" des Verurteilten, heißt es in dem BGH-Urteil.

Das Landgericht hatte unter anderem argumentiert, der drogenabhängige Mann habe während der Haft eine Therapie verweigert und sei weiterhin gewaltbereit. Er habe einen Vollzugsbeamten bedroht. Das Landgericht hatte deshalb gegen den Mann, der bis 28. September 2004 eine sechseinhalbjährige Haftstrafe verbüßte, am 4. Februar 2005 nachträglich die Sicherungsverwahrung angeordnet.

Der BGH verwies die Sache nun nicht an das Landgericht zurück, sondern entschied letztinstanzlich im Sinne des Verurteilten, dass dessen Sicherungsverwahrung nun "wegfällt". (AZ: 2 StR 272/05 - Urteil vom 25. November 2005)

FDP hatte verfassungsrechtliche Bedenken

Die begrüßte die restriktive Haltung des BGH. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen , begrüßte die "strengen Kriterien" des BGH für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung. Er verwies darauf, dass die FDP-Bundestagsfraktion dem entsprechenden rot-grünen Gesetz 2004 wegen "erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken" nicht zugestimmt habe. Denn damit sei die nachträgliche Sicherungsverwahrung für Straftäter auch dann eingeführt worden, wenn die Anordnung nicht im Urteil selbst vorbehalten sei. "In keinem anderen europäischen Land findet sich ei Essen rartige gesetzliche Regelung", so van Essen.

Aus Sicht der FDP ist "insbesondere die Ersttäterunterbringung unverhältnismäßig". Es müsse bezweifelt werden, ob bei einem Ersttäter prognostiziert werden könne, "dass Essen t hoher Wahrscheinlichkeit erneut schwerwiegend straffällig werden wird", so van Essen.

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