Auf sieben Seiten mit dem Untertitel "Erwartungen der Wirtschaft an die künftige Bundesregierung" hatte der DIHK vor der Bundestagswahl eine radikale Kehrtwende in der Umweltpolitik gefordert. Unternehmen, die von einer deutschen Vorreiterrolle im Umweltschutz profitieren, waren nach Darstellung der Umwelthilfe von der Veröffentlichung entsetzt. Gleichzeitig sei "wegen des einseitigen Strategiepapiers" die Diskussion über die Zwangsbeiträge aller Gewerbetreibenden an die Industrie- und Handelskammern und den DIHK so heftig wie selten zuvor aufgeflammt.
Die DUH Umweltschutz-Service GmbH sieht sich von dem DIHK-Papier in besonderer Weise betroffen, weil sie gleich auf mehreren Feldern, die in dem Forderungskatalog angesprochen seien, tätig sei. Nach Überzeugung des Berliner DUH-Anwalts Remo Klinger verstößt das Strategiepapier sowohl gegen den Wortlaut der DIHK-Satzung, wonach der Verband ausdrücklich das "Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft" zur Geltung bringen müsse, als auch gegen den dem DIHK gesetzlich übertragenen Auftrag.
Als Dachorganisation der 81 deutschen Industrie- und Handelskammern sei der DIHK an die im IHK-Gesetz festgeschriebene Abwägungs- und Ausgleichspflicht gebunden. Nach Paragraph 1 dieses Gesetzes hätten die Industrie- und Handelskammern "das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ... wahrzunehmen ... und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder -betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen." Einseitige politische Stellungnahmen seien dem DIHK untersagt.
"Das Positionspapier des DIHK zur Umweltpolitik läuft diesen Grundsätzen diametral zuwider", meint Klinger. "Die einseitige Parteinahme zu Lasten der im Umweltschutz tätigen Unternehmen ist völlig inakzeptabel. Das Papier stellt einen offensichtlichen Verstoß gegen die Pflicht zur ausgleichenden und abwägenden Berücksichtigung der Interessen aller Kammermitglieder dar. Es ist richtig und notwendig, dass sich die Betroffenen zur Wehr setzen."
In dem Papier mit insgesamt 20 Forderungskomplexen soll der DIHK nach Darstellung der Deutschen Umwelthilfe praktisch alle Fortschritte in der Umweltpolitik der vergangenen Jahrzehnte in Frage gestellt haben, jede Vorreiterrolle des Technologiestandortes Deutschland im Umweltschutz als schädlich abgelehnt haben, den Verzicht auf die geltenden nationalen Klimaschutzziele gepredigt und die Aufhebung der Tagesgrenzwerte beim Feinstaub verlangt haben. Der künftigen Regierung sei ein neuer Ressortzuschnitt empfohlen worden, der die Zerschlagung des Bundesumweltministeriums bedeutet hätte. Weiterhin sollten die Möglichkeiten von Verbandsklagen im Umweltschutz sollten gegen Null zurückgedrängt werden.
Insgesamt, heißt es in der Klageschrift der Deutschen Umwelthilfe erschöpfe sich das Papier "in einer völlig einseitigen Darstellung", die die mit der Ausbreitung ökologischer Zukunftstechnologien verbundenen Chancen konsequent außer Acht lasse. Rechtswidrig ist nach Überzeugung der DUH auch die Tatsache, dass die Unternehmen und Verbände der betroffenen Umweltbranche in keiner Weise an der Vorbereitung des Strategiepapiers beteiligt worden seien.
Ziel der Klage sei es, den DIHK zur Rücknahme des Papiers zu veranlassen und für die Zukunft "eine aktive Ausgrenzungspolitik dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaft gegenüber der dynamischen Umweltbranche und zugunsten der DIHK-Traditionsmitglieder zu verhindern", sagte Resch. Die DUH rief alle Unternehmen und Verbände der Umweltbranche auf zu überprüfen, ob sie von den Vorstellungen des DIHK-Positionspapiers tangiert sind und gegebenenfalls entsprechende Schritte einzuleiten. Nach Angaben der Umwelthilfe haben bereits zahlreiche Unternehmen ihre Bereitschaft signalisiert, die Klage zu unterstützen.