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Neuer Fleischskandal in Niedersachsen

Mehr Verantwortungsbewusstsein bei Fleisch-Herstellern und -Händlern gefordert

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Im Skandal um überlagertes Rind- und Geflügelfleisch sind in Niedersachsen elf von 16 Proben als "eindeutig genussuntauglich" eingestuft worden. Am Wochenende waren 90 Tonnen Tiefkühlware beschlagnahmt worden. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen forderte Produzenten und Händler auf, ihre Eigenkontrollen zu verbessern. Üble Gerüche, fahles Aussehen und Gefrierbrand bei gefrorenem Fleisch würden jedem Kontrolleur sofort in die Nase und ins Auge springen, kritisierten die Verbraucherschützer "Unschuldsbeteuerungen" von Händlern und Herstellern. Der Deutsche Vegetarier-Bund sieht die jüngsten Fleischskandale dagegen auch als Folge eines falschen Verbraucherverhaltens. Viele Bürger seien nicht bereit, für Lebensmittel einen angemessenen Preis zu zahlen. Der Preiskampf vieler Discounter setze die Hersteller in der Fleisch verarbeitenden Industrie unter einen hohen Kostendruck. Auch deswegen sei zu befürchten, dass die gegenwärtig bekannt gewordenen Skandale keine Einzelfälle seien und auch nicht bleiben würden.


In Frankreich investierten die Verbraucher etwa 30 Prozent des Haushaltseinkommens für Lebensmittel, während diese Ausgaben in Deutschland nur elf Prozent ausmachten, sagte der Vorsitzende des Vegetarier-Bunds, Thomas Schönberger.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht dagegen vor allem Herstellter, Händler und Kontrolleure in der Pflicht. Die geltende Rechtslage reiche grundsätzlich aus. Produzenten und Aufsichtsbehörden sorgten allerdings nicht ausreichend dafür, dass qualitativ gute und geprüfte Lebensmittel in den Handel kämen, kritisierte die Verbraucherzentrale. Die einzelnen Wirtschaftsverbände aus Landwirtwirtschaft, Verarbeitung und Handel sollten ein Interesse daran haben, dass der Ruf ihrer Branche nicht ruiniert werde, forderten die Verbraucherschützer. Sie müßten daher bessere Kontrollen initiieren und "schwarze Schafe aus ihren Reihen eliminieren."

Auch die Informationspolitik der zuständigen Behörden lässt nach Ansicht der Verbraucherzentrale "noch sehr zu wünschen übrig". Bei einem Lebensmittelskandal mit verdorbener Ware müssten die Namen der Hersteller und die betroffenen Produkte und Geschäfte so schnell wie möglich veröffentlicht werden - und zwar auch dann, wenn von dieser keine gesundheitliche Gefährdung ausgehe. Die Verbraucherschützer forderten anlässlich der aktuellen Häufung der Skandale, die amtliche Lebensmittelüberwachung nicht kommunalen Sparzwängen zu opfern, sondern sie im Gegenteil auszubauen.

Im Bereich der Strafverfolgung empfehlen die Verbraucherschüter die Einrichtung von Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften. Verhängte Bußgelder sollen nach Ansicht der Verbraucherzentrale der Lebensmittelüberwachung zufließen. Kriminelle Firmen sollten zudem die Kosten der Kontrollen und notwendiger Nachkontrollen zahlen müssen.

Von dem am Wochenende beschlagnahmten Tiefkühlfleisch aus dem nordrhein-westfälischen Gelsenkirchen sind nach ersten Auswertungen des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 16 Proben 11 ranzig, überlagert und verdorben, teilte das Landwirtschaftsministerium am Mittwoch in Hannover mit. Bei dem beschlagnahmten Fleisch handelte es sich um Schweinefleisch, Rindfleisch, Hühnerfleisch, Pferdefleisch und Putenfleisch.

Nach einer ersten Bewertung der Papiere durch das Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen waren vier Partien von vornherein als Lebensmittel eingestuft worden, die nicht verkehrs- und nicht handelsfähig seien. Es handelt sich um verschiedene Fleischreste vom Schwein und Separatorenfleisch von Puten, hieß es. Sämtliches Material ist beschlagnahmt und wird derzeit untersucht.

Das Verbraucherschutzministerium in Düsseldorf hatte am Wochenende mitgeteilt, dass Produkte aus dem Gelsenkirchener Betrieb auch nach Baden-Württemberg, Brandenburg und Hamburg geliefert wurden. Erst kürzlich war ein Geflügelvermarkter aus dem niedersächsischen Kreis Cloppenburg wegen der Lieferung verdorbenen und manipulierten Fleisches in die Schlagzeilen geraten.

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