Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf müssten Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gegenüber Anlegern persönlich haften, wenn sie über die Situation ihres Unternehmens vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch informierten.
Während Aktionärsschützer wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz darauf setze, dass die "letzte große Lücke" im Anlegerschutz, also die Außenhaftung der Manager, bald geschlossen werde, atme der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) auf und sprach von einer "schöpferischen Denkpause".
Für den Bundesverband der Deutschen Industrie ist die Einführung einer Managerhaftung "vollkommen unnötig". Das deutsche Recht biete genügend Möglichkeiten, Vorstandsmitglieder persönlich zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Bräunig, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung.
Das Bundesfinanzministerium hatte Ende 2004 bereits einen Vorstoß unternommen. Doch der Entwurf wurde von der rot-grünen Bundesregierung nach Protesten der Wirtschaft wieder zurückgezogen. Im neuen Koalitionsvertrag heißt es zu dieser Problematik schlicht, dass der Anlegerschutz unter dem Leitbild des mündigen Bürgers "angemessen auszugestalten" sei.
Die rot-grüne Bundesregierung hatte nach Unternehmenspleiten und Bilanzskandalen im Zusammenhang mit Unternehmen des "Neuen Marktes" mehrere Anlegerschutzgesetze auf den Weg gebracht. Seit dem ersten November ist etwa das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (Umag) in Kraft. Danach können Aktionäre, die bereits ein Prozent des Grundkapitals besitzen, eine Sonderprüfung beantragen und gegen Vorstände und Aufsichtsräte klagen.
Angesichts der bereits bestehenden Gesetze sehen die Wirtschaftsprüfer von Pricewaterhouse Coopers (PWC) "die Gefahr", dass man "vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht". Die Gesetze stellten eine gewaltige Herausforderung dar und sollten erst einmal "gelebt" werden. Erst dann werde man sehen, ob "Papiertiger oder effiziente Kontrollmechanismen" geschaffen wurden.