DIE Internet-Zeitung
"Shell schafft Tatsachen"

Umweltschützer gegen Öl- und Gasausbeutung in Russland

Am

Anlässlich der Beratungen des Verwaltungsrats der Osteuropabank über das Öl- und Gasprojekt Sakhalin II im fernen russischen Osten veröffentlichten Umweltschutzorganisationen die aus ihrer Sicht "10 wichtigsten Gründe", warum die Osteuropabank (European Bank for Reconstruction and Development, EBRD) das Projekt nicht fördern sollte. Wahrend das Projekt noch in Diskussion sei, schaffe der Ölkonzern Shell Tatsachen.


Nach Auffassung der Organisationen Pacific Environment, CEE Bankwatch und Sakhalin Environmental Watch bedroht das Sakhalin Projekt den Lebensraum der letzten 100 westlichen Grauwale, in dessen unmittelbarer Nähe eine Plattform gebaut werden solle.

Ein vom Ölkonzern Shell geführtes Konsortium wolle zudem Pipelines bauen, die das Öl und Gas auf die Insel Sakhalin transportierten. Die Pipelines bedrohen nach Ansicht der Umweltschützer die reiche Tierwelt der Insel, "allen voran die verschiedenen Lachsarten, die auf Sakhalin leben und die Lebensgrundlage von über 30 Prozent der Bevölkerung darstellen".

Durch "illegal begonnene Bauarbeiten" an den Pipelines seien bereits über 100 Flüsse beschädigt worden. Die indigene Bevölkerung von Sakhalin habe schon mehrmals laufende Bauarbeiten blockiert, da es bisher keine hinreichenden Pläne gebe, wie ihnen durch das Projekt entstehende Schäden vermieden, oder wie sie kompensiert werden könnten.

Regine Richter von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald hat den Eindruck, dass das Projekt auch in der Osteuropabank für Bauchschmerzen sorgt. Die Bank habe die vorliegende Umweltverträglichkeitsprüfung als völlig unzureichend erklärt. Da sich an den Mängeln nichts geändert habe, dürfe die Bank jetzt nicht dem Druck der Ölindustrie nachgeben und sich für Sakhalin II aussprechen, fordert Richter.

Shell habe bei dem Projekt "vor allem symbolisch" auf Kritik reagiert. Gleichzeitig versuche der Konzern, durch bereits durchgeführte Bauarbeiten Tatsachen zu schaffen. Internationale Umweltorganisationen warnten davor, "solches Verhalten zu belohnen", zumal alle anderen Finanzierer wie Exportkreditagenturen und Privatbanken sich in ihren Entscheidungen an der Osteuropabank orientierten.

Grundsaetzlich müsse man sich ohnehin fragen, "warum die Osteuropabank als öffentliche Bank ein solches Öl- und Gasprojekt fördern solle. Ihr Auftrag sei schließlich "die Förderung der Demokratisierung im ehemaligen Ostblock". Ölprojekte seien der Demokratie aber selten zuträglich. "Wir erwarten, dass sich der deutsche Exekutivdirektor in der Osteuropabank deutlich gegen eine Absegnung des Projektes aussprechen wird", fordert Richter.

EU-Kommission und Energiewirtschaft sprechen über Erdgas aus Russland

Gasversorgung

Am Sonntag, den 1. Januar 2006, hat das russische Unternehmen Gazprom seine Erdgaslieferungen in die Ukraine eingestellt, nachdem sich beide Länder im Streit um den Gaspreis nicht hatten einigen können. Auch Deutschland bezieht Erdgas über die durch die Ukraine führende Pipeline. Nach Angaben der Bundesregierung registrierten deutsche Energieunternehmen ein Absinken des Gasdrucks in der Leitung. Die EU-Kommission plant für den 4. Januar ein Sondertreffen mit Vertretern der Energiewirtschaft, um über die Auswirkungen des Konflikts zu beraten. Zur Absicherung der Energieversorgung werde ein einheitliches Vorgehen der europäischen Staaten angestrebt, erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger. Nach Angaben der E.ON Ruhrgas AG könnte es zu gewissen Einschränkungen bei der Erdgasversorgung in Deutschland kommen. Deutschlands führender Erdgas-Importeur, die E.ON Ruhrgas AG, bezieht eigenen Angaben zufolge etwa 30 Prozent seines Erdgases aus Russland. Der Rest kommt aus Norwegen, den Niederlanden und aus deutschen Quellen. Gewisse Kapazitäten lagern auch in Erdgasuntertagespeicher.

Nach Angaben des Unternehmens dürfte es in diesem Winter zwar nicht zu Liefereinschränkungen für Haushalte und Kleinverbraucher kommen. Aber bei Großkunden könnten "auf Sicht begrenzte Einschränkungen nicht ausgeschlossen werden". Wenn sich die Lieferkürzungen als sehr groß herausstellen sollten, lang anhalten und der Winter besonders kalt wird, "stoßen auch unsere Ausgleichsmöglichkeiten an Grenzen," sagte der Vorstandsvorsitzende von E.ON Ruhrgas AG, Burckhard Bergmann.

Gazprom speist seit dem Jahreswechsel offenbar nur noch so viel Erdgas in die Pipeline ein, wie für den Westen bestimmt ist. Der für die Ukraine bestimmte Lieferanteil wurde von dem Gaskonzern gestrichen. Nach Angaben der E.ON Ruhrgas AG zweigt aber die Ukraine Teilmengen von den für den Transit bestimmten Erdgasmengen ab, so dass in Westeuropa nicht mehr die vollen vertraglichen Erdgasmengen ankommen.

Die Abhängigkeit Westeuropas von der Transportstrecke ist enorm. Laut E.ON Ruhrgas werden über die Ukraine rund 80 Prozent der für Westeuropa bestimmten russischen Erdgasmengen transportiert. Die restlichen Mengen fließen über Weißrussland und Polen. Diese Lieferungen sind derzeit nicht beeinträchtigt.

Am 03-01-2006

Zweite Chemiewaffenvernichtungsanlage in Russland eröffnet

Größter Chemiewaffenbesitzer

Deutschland beteiligt sich in Russland finanziell an der Vernichtung von Chemiewaffen. Am Mittwoch wurde in Kambarka in der zur Russischen Föderation gehörenden Republik Udmurtien eine zweite russische Anlage zur Vernichtung chemischer Waffen eröffnet. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat Deutschland den Bau der Anlage mit knapp 150 Millionen Euro unterstützt. Mit diesen Geldern wurden offenbar deutsche Unternehmen bezahlt, die mit Ingenieurleistungen und der Lieferung technologischer Komponenten "entscheidend" am Aufbau der Chemiewaffenvernichtungsfabrik beteiligt gewesen seien. Die Russische Föderation möchte mit dieser Fabrik ihren Verpflichtungen aus dem Chemiewaffenübereinkommen nachkommen, das die komplette Vernichtung chemischer Massenvernichtungswaffen innerhalb festgelegter Fristen verlangt. Russland ist nach Angaben des Auswärtigen Amtes mit etwa 40.000 Tonnen gemeldeten Kampfstoffen größter Chemiewaffenbesitzer der Welt. Allein in dem einige hundert Kilometer östlich von Novgorod gelegenen Kambarka sollen 6.350 Tonnen des hautschädigenden Kampfstoffs Lewisit lagern. Das entspreche knapp 16 Prozent aller deklarierten russischen Kampfstoffe. Die Vernichtung aller Kampfstoffe in Kambarka solle 2009 abgeschlossen sein.

Bereits 2002 sei in Gorny in der Region Saratow mit deutscher Unterstützung eine erste Chemiewaffenvernichtungsanlage errichtet worden. Die Vernichtung der dort lagernden 1.250 Tonnen Kampfstoffe wurde den Angaben zufolge Ende 2005 abgeschlossen.

Die Unterstützung für den Bau der Anlagen ist Teil der G8-Initiative "Globale Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und –materialien". Darin haben die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten sowie der Vertreter der Europäischen Union zugesagt, Projekte zur Reduzierung nuklearer, chemischer, biologischer und radiologischer Proliferationsrisiken über einen Zeitraum von zehn Jahren mit bis zu 20 Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Deutschland hat bis zu 1,5 Milliarden Dollar zugesagt.

Am 02-03-2006

Merk spricht von mafiösen Strukturen unter russlanddeutschen Häftlingen

Alles im Griff

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) sieht in der steigenden Zahl russlanddeutscher Gefangener in den Gefängnissen eine Herausforderung für den Justizvollzug. Inzwischen stammten 8,5 Prozent der in Bayern Inhaftierten aus der ehemaligen Sowjetunion. Das sei ein Problem, weil diese Gefangenen "zur Bildung einer Subkultur neigen", sagte Merk in München. Sie träten im Gefängnis als Einheit auf und versuchten, sich von anderen Gefangenen abzugrenzen. Unter den russlanddeutschen Gefangenen herrsche eine strenge Hierarchie, es gebe Anführer und Handlanger. Während die einen im Gefängnis arbeiten gingen, ließen sich die "Bosse" von den Mitgefangenen aushalten. Nach Darstellung der bayerischen Ministerin hat man allerdings alles im Griff: Man begegne diesen Tendenzen mit "energischen Maßnahmen". Derartige mafiöse Strukturen würden durchbrochen, "indem wir konsequent und hart durchgreifen", sagte die Ministerin.

Rädelsführer würden zügig in andere Anstalten verlegt und die russlanddeutsche Gruppe auf verschiedene Stationen in den Anstalten verteilt. Grundsätzlich gelte, "dass wir in den Anstalten keine rechtsfreien Räume dulden", sagte die Ministerin. "Soweit es geht" versuche man zudem Gefangene aus der ehemaligen Sowjetunion "auf alle 36 Vollzugsanstalten in Bayern zu verteilen", sagte Merk.

Neben dieser Trennung bemühe man sich "mit gutem Erfolg" darum, russlanddeutsche Häftlinge über Sprachkurse zu integrieren. "Meine Mitarbeiter arbeiten permanent daran, die Gefangenen zu einer Teilname an diesen Kursen zu bewegen", sagte die Ministerin über die Bemühungen, das beschriebene Problem in den Griff zu bekommen.

Am 02-11-2006

Deutsche Wirtschaft begrüßt geplanten Beitritt Russlands zur WTO

Ost-Ausschuss

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft begrüßt die prinzipielle Einigung zwischen USA und Russland über eine Aufnahme Russlands in die Welthandelsorganisation (WTO). Damit seien mit allen großen Wirtschaftspartnern die bilateralen Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen. "Wenn am Samstag Russland und die USA die bilaterale Einigung über einen Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation (WTO) im Rahmen des Asiatischen Wirtschaftsforums APEC in Hanoi unterzeichnen, ist dies ein Meilenstein für Russland auf dem Weg zu einer WTO-Mitgliedschaft," meint Klaus Mangold, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Die deutsche Wirtschaft erwarte auch konjunkturelle Impulse für die deutschen Exporte, wenn die zwischen Russland und EU getroffene Vereinbarung zur Senkung von Zöllen beispielsweise für Industriegüter umgesetzt werde. Ein Beitritt zur Welthandelsorganisation erleichtere den Eintritt in den russischen Markt. Er bringe gleichzeitig für Russland den dringend benötigten Modernisierungsschub zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten. Hinzu komme, dass die Eingliederung Russlands in die Weltwirtschaft zur wirtschaftspolitischen Stabilität in Europa und Asien beitrage. "Es sind zwar noch nicht alle Hürden auf dem Weg zur WTO-Mitgliedschaft genommen. Die Einigung mit den USA hat jedoch eine Signalwirkung für die Überwindung der restlichen Barrieren auf dem Weg in die WTO", so Mangold.

Deutschland ist laut Ost-Ausschuss mit einem Anteil von 10 Prozent der wichtigste Handelspartner Russlands. Umgekehrt sei das Land mit einem Exportzuwachs von 25 Prozent im 1. Halbjahr 2006 "wichtiger Absatzmarkt für deutsche Produkte" gewesen. Bei den Investitionen liege Deutschland nach Angaben der russischen Statistikbehörde bei knapp 3 Milliarden US-Dollar. Der Ost-Ausschuss schätzt die deutschen Investitionen allerdings mindestens doppelt so hoch, da sowohl die Reinvestitionen als auch die Investitionen deutscher Unternehmen über Drittländer statistisch nicht erfasst würden.

Am 17-11-2006

Hoch angereichertes Uran soll nach Russland geflogen werden

Luftfracht

Noch vor Weihnachten sollen 300 Kilogramm hochradioaktives Material per Flugzeug vom ehemaligen DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden nach Russland gebracht werden. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) habe den Transport von rund 200 Kilogramm hoch angereichertem und etwa 100 Kilogramm schwach angereichertem Uran genehmigt, sagte der Direktor des Vereins Kernverfahrenstechnik und Analytik, Udo Helwig, am Freitag in Rossendorf. Der genaue Transporttermin soll aus Sicherheitsgründen erst kurz vorher veröffentlicht werden. Nach Angaben des BfS bestünde auch bei einem Absturz des Flugzeuges keine Gefahr für Mensch und Natur. Das radioaktive Material werde in 18 Spezialbehältern von Rossendorf zum Dresdner Flughafen gebracht. Diesen Transport übernehme die Deutsche Bahn-Tochter Nuclear Cargo and Services GmbH (NCS) aus dem hessischen Hanau. Vom Dresdner Flughafen solle das Uran dann mit einer russischen Transportmaschine in die Atomanlage Podolsk nahe Moskau gebracht werden.

Die sächsische Staatsregierung will das Material nach Russland bringen lassen, weil bei einer weiteren Lagerung in Rossendorf die dortige Sicherheitstechnik aufwändig erneuert werden müsste. Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) sagte, mit der Rückführung des Materials entfielen teure Objektschutzmaßnahmen. Damit spare der Freistaat mehr als eine Million Euro pro Jahr ein. Nach Angaben Helwigs lagern in Rossendorf derzeit noch 4,5 Tonnen Natururan und geringe Mengen schwach angereichertes Uran. Zudem seien dort noch 9,7 Gramm Plutonium vorhanden.

Der rund eine Million Euro teure Transport nach Russland ist höchst umstritten. Die Grünen und die Umweltorganisation Greenpeace warnen vor den Risiken eines Lufttransports.

Der 1957 in Betrieb genommene Forschungsreaktor in Rossendorf wurde 1991 abgeschaltet. Für dessen Rückbau ist der Verein Kernverfahrenstechnik und Analytik zuständig. Er wird vom Freistaat Sachsen mit derzeit jährlich 15 Millionen Euro unterstützt. Zu Forschungszwecken war von 1957 bis 1991 Brennstoff bestrahlt worden, den Rossendorf aus der damaligen Sowjetunion bezog. Mitte 2005 wurden nach einem monatelangen juristischen Streit zwischen Sachsen und Nordrhein-Westfalen 18 Castoren mit insgesamt 951 Brennstäben in das Zwischenlager Ahaus gebracht.

Am 01-12-2006

Hochangereichertes Uran aus Rossendorf nach Russland ausgeflogen

"Rückführung"

Es war mitten in der Nacht, als die rund 300 Kilogramm Atom-Altlasten am Montag um 2.47 Uhr im Konvoi das Gelände des ehemaligen DDR-Forschungsreaktors Rossendorf nahe Dresden verließen. Ziel des Transports war der rund 20 Kilometer entfernte Dresdner Flughafen, von wo aus das radioaktive Material gegen 8.00 Uhr per Flugzeug nach Russland befördert wurde. Die russische Transportmaschine landete dann am späten Vormittag in der Nähe von Moskau. Anschließend sollte das Material in die Atomanlage Podolsk gebracht werden. Die Lieferung bestand zu zwei Dritteln aus hochangereichertem und zu einem Drittel aus schwach angereichertem Uran. Das Material wurde auf der Straße von Rossendorf zum Flughafen befördert. Kurz nachdem die 48 Fahrzeuge des Konvois samt den 18 Spezialbehältern für das Kernmaterial aus dem Forschungszentrum gerollt waren, kam es zu einer etwa zehnminütigen Unterbrechung. Neun Atomgegner hatten vier Fahrzeuge in einem Kreisverkehr geparkt und die Transportstrecke blockiert. Der Konvoi änderte die geplante Route und umfuhr die Stelle. Wegen Nötigungsverdachts nahm die Polizei Ermittlungen gegen die neun Personen im Alter von 20 bis 56 Jahren auf.

Für die mehr als 20 Kilometer lange Strecke zum Flughafen benötigte der Konvoi etwa eine Stunde. Um 3.35 Uhr passierte der Lkw schließlich das Tor zum Rollfeld des Flughafens. Nach dem Umladen hob die Maschine viereinhalb Stunden später ab.

Zur Sicherung der Fahrt waren 320 Landes- und Bundespolizisten im Einsatz. Sachsen bezahlt für den Transport etwa eine Million Euro. Das Atommaterial war zu DDR-Zeiten aus der damaligen Sowjetunion nach Rossendorf gelangt. Der 1957 in Betrieb genommene Forschungsreaktor wurde 1991 abgeschaltet. Ein internationales Abkommen sieht die Rückführung radioaktiven Materials aus der früheren Sowjetunion in das heutige Russland vor.

Sachsen war für die Rückführung des Materials eingetreten, weil bei einer weiteren Lagerung in Rossendorf die dortige Sicherheitstechnik hätte aufwändig erneuert werden müssen.

Aus Sicherheitsgründen hatten die Dresdner Polizei und das sächsische Wissenschaftsministerium den Transporttermin erst wenige Stunden vorher bekannt gegeben. Die genaue Route wurde bis zuletzt geheim gehalten.

Am 18-12-2006

"Geheimer Atommüllexport" nach Russland angeprangert

"Ohne jedes Schamgefühl"

Nach Darstellung von deutschen und russischen Atomkraftgegnern wird aus der deutschen Urananreicherungsanlage (UAA) im nordrhein-westfälischen Gronau heimlich Atommüll nach Russland exportiert. Am Mittwoch Abend sei in Gronau "ein neuer Geheimzug" mit rund 1000 Tonnen abgereichertem Uran Richtung Russland gestartet, heißt es in einer Mitteilung des Aktionsbündnisses Münsterland gegen Atomanlagen. Kurz vor Mitternacht habe der Zug auf dem Weg nach Rotterdam bei Bad Bentheim die niederländische Grenze passiert. Von Rotterdam soll der Uranmüll den Angaben zufolge per Schiff nach St. Petersburg verfrachtet werden, wo er in rund einer Woche eintreffen werde. "Per Bahn geht es dann nach Ekaterinburg am Ural beziehungsweise nach Tomsk oder Irkutsk in Sibirien", heißt es. Den Atomkraftgegnern ist es offenbar gelungen, die Abfahrtszeit des Zuges in Erfahrung zu bringen. Sie protestierten sowohl an der deutschen Urananreicherungsanlage in Gronau, in Burgsteinfurt als auch im Hauptbahnhof von Münster gegen den Atomzug.

Russischer Atomkraftgegner: "Ohne jedes Schamgefühl"

Der Russe Vladimir Slivyak von der Umweltorganisation Ecodefense kritisierte den Uranmüll-Transport: "Wir finden es eine Unverschämtheit der Urananreicherungsanlagen-Betreiberin Urenco, weiterhin ohne jedes Schamgefühl den radioaktiven Abfall aus Gronau den Menschen in Russland vor die Tür zu kippen." Slivyak forderte die Staatsanwaltschaft Münster auf, eine Strafanzeige, die im November 2006 gegen Urenco eingereicht worden sei, "nun dringender als bisher zu bearbeiten".

Strafanzeige wegen "illegalem Atommmüllexport"

In der Strafanzeige werde Urenco "illegaler Atommüllexport" vorgeworfen, da die Urenco allein aus Gronau in den vergangenen zehn Jahren rund 20.000 Tonnen abgereichertes Uran als Müll zur Endlagerung nach Russland geschickt habe. Die Behauptung der Urenco, es handele sich um "Wertstoff" zur Wiederanreicherung, ist nach Einschätzung der Atomkraftgegner "nur eine Nebelkerze, da nach russischen Angaben 90-98 Prozent des angelieferten Urans in Russland zur Endlagerung auf der freien Wiese verbleiben".

Die Atomkraftgegner halten die Urantransporte für "extrem gefährlich". Das Uranhexafluorid (UF6) bilde bei Berührung mit Luftfeuchtigkeit neben radioaktiven Stoffen die hochgiftige Flusssäure. "Bei einem schweren Unfall im Hauptbahnhof von Münster müssten weite Teile der Innenstadt sofort evakuiert werden", meint Felix Ruwe von der Bürgerinitiative Kein Atommüll in Ahaus.

Am 01-02-2007

Koalitionspolitiker fordern Einbeziehung Russlands in geplante US-Raketenabwehr

Neue Mittelstreckenraketen?

Offenbar vor dem Hintergrund möglicher neuer, gegen Mitteleuropa gerichteter Mittelstreckenraketen nimmt in der großen Koalition die Kritik an einem möglichen Alleingang der USA beim geplanten Raketenabwehrsystem in Osteuropa zu. Nach Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte auch der Unions-Außenexperte Eckart von Klaeden (CDU) am Montag eine Einbeziehung Russlands in den beabsichtigten Schutzschild. Rüstungsexperten zeigten Verständnis für die Kritik des russischen Präsidenten Wladimir Putin am Vorgehen der USA. Von Klaeden nannte es "wünschenswert, wenn über die jetzigen US-Pläne zunächst in der NATO und dann auch im NATO-Russland-Rat beraten würde. Dabei sollte auch sondiert werden, in welcher Weise ein gemeinsamer Raketenabwehrschirm von NATO und Russland realisiert werden könnte." Zuvor hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisiert: "Da die Stationierungsorte näher an Russland heranrücken, hätte man vorher auch mit Russland reden sollen." Angesichts der strategischen Natur derartiger Projekte plädiere er "für ein umsichtiges Vorgehen und intensiven Dialog mit allen direkt oder indirekt betroffenen Partnern."

Steinmeier bestritt zudem eine Bedrohung durch iranische Raketen. Dafür sei deren Reichweite nicht ausreichend.

Mützenich: "Neue Rüstungsschübe"

Der SPD-Abrüstungsexperte Rolf Mützenich sagte, es müsse auf jeden Fall verhindert werden, dass es in Europa zu neuen "Rüstungsschüben" kommt, die sich bereits abzeichneten. Die Drohung Russlands, neue Mittelstreckenraketen zu stationieren, zeige den Ernst der Lage.

Von Klaeden nannte es dagegen "nicht nachvollziehbar", dass sich Russland durch das US-Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien bedroht fühle. Die Drohungen Moskaus mit einer einseitigen Aufkündigung des Vertrags über die Vernichtung aller nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen seien "fehl am Platze". Den Gefahren durch das iranische Nuklearprogramm müsse gemeinsam begegnet werden.

Sicherheitsexperten äußerten Verständnis für Putins heftige Kritik an dem Raketensystem. Der Direktor des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, Ottfried Nassauer, sagte: "Die Amerikaner hätten die Russen konsultieren müssen", weil sie damit ihr Versprechen indirekt aufkündigten, keine strategischen Rüstungseinrichtungen näher an den Grenzen Russlands zu stationieren. Der Hamburger Sicherheitsforscher Götz Neuneck bezweifelte die Funktionsfähigkeit des US-Vorhabens.

Putin hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz die US-Pläne als Bedrohung für das "Gleichgewicht der Kräfte" bezeichnet. Der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschow schloss sich dieser Kritik an. Es sei "dringend nötig, dass die Supermacht eine politische Kurskorrektur vornimmt". Gorbatschow kritisierte: "Die Überheblichkeit, welche oft mit militärischer Macht einhergeht, hat zu einer schweren Krise geführt." Die Ausweitung der NATO habe ein neues Wettrüsten entfacht.

Am 19-02-2007

Bundesregierung besorgt über Russlands Ausstieg aus KSE-Vertrag

Konventionelle Streitkräfte

Die Bundesregierung zeigt sich besorgt über den angekündigten Ausstieg Russlands aus dem Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE). Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hoffe darauf, dass die Verhandlungen schnell "wieder in Gang" kämen, sagte Außenamtssprecherin Julia Gross am 17. Juli in Berlin. Schließlich sei der KSE-Vertrag ein "Kernstück der Abrüstungsarchitektur". Zugleich mahnte sie, die Vertragsfrage nicht mit der Debatte über das geplante US-Raketenschild in Europa zu vermischen. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am 14. Juli ein Dekret unterzeichnet, mit dem der KSE-Vertrag und damit verbundene internationalen Verträge in 150 Tagen ausgesetzt werden sollen. Dieser Schritt wurde mit "außerordentlichen, die Sicherheit der Russischen Föderation betreffenden und dringende Maßnahmen erfordernden Umständen" begründet.

Russland war dem zwischen NATO und Warschauer Pakt ausgehandelten KSE-Vertrag 1999 beigetreten, der bislang aber nicht von der NATO ratifiziert wurde. Als ein Grund dafür gilt die Weigerung Moskaus, seine Truppen aus Georgien abzuziehen, dessen derzeitige Regierung Mitglied des westlichen Bündnisses werden will.

Russland sieht sich vor allem durch US-Raketenabwehrpläne bedroht und wirft den USA vor, ein neues Netzwerk von Militärstützpunkten aufzubauen.

Kritik der Union

Die Union kritisierte die Reaktion von Steinmeier und weiterer SPD-Politiker auf die russischen Ausstiegspläne. Der Obmann der Unions-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss, Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), sagte der Zeitung "Die Welt": "Es reicht nicht aus, über diesen aggressiven Schritt Putins lediglich 'Besorgnis' zum Ausdruck zu bringen und darauf zu hoffen, dass der Suspendierung keine förmliche Aufkündigung folge."

Steinmeier müsse Russland vielmehr auffordern, die Suspendierung zurückzunehmen und endlich die Bedingungen für die Ratifizierung des Nachfolgevertrags AKSE zu erfüllen, forderte Guttenberg, den die NATO bisher nicht ratifiziert hat. "Leisetreterei und Liebedienerei gegenüber Russlands Putin sind unangebracht", meint Guttenberg.

Der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden (CDU), warnte in der Zeitung davor, die Raketenabwehrpläne und damit Nato-Staaten wie die USA, Polen oder Tschechien für das "unbegründete russische Verhalten verantwortlich zu machen".

Am 17-07-2007

SPD-Politiker für Vermittlungsrolle der OSZE

Lafontaine befürwortet Blauhelm-Einsatz

Nach dem vom russischen Präsidenten Dmitri Medwedew verkündeten Ende der Militäraktion in Georgien wird in Deutschland über das weitere Vorgehen im Kaukasus-Konflikt debattiert. Während sich die SPD-Außenexperten Walter Kolbow und Gert Weisskirchen am Dienstag (12. August) für eine Vermittlungsrolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in dem Konflikt zwischen Russland und Georgien stark machten, befürwortete Linke-Chef Oskar Lafontaine den Einsatz einer UN-Blauhelmtruppe. "Wenn der UNO-Sicherheitsrat einen Blauhelm-Einsatz beschließen würde, würde dieser von der Linken unterstützt", sagte Lafontaine. Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) betonte, Deutschland sei mit der EU gefordert, alles zu tun, um die Situation zu stabilisieren. "Wir müssen Russland deutlich machen, dass die Souveränität Georgiens völkerrechtlich zu achten ist. Aber auch Georgien muss seinen Anteil zu einer anhaltend stabilen und friedlichen Entwicklung leisten", sagte er. Nach dem Ende der Gewalt müsse eine politische Lösung einvernehmlich zwischen Georgien und den betroffenen Territorien gefunden werden.

Kolbow und Weisskirchen begrüßten den von Medwedew verkündeten "Abschluss der Militäroperationen" in Georgien. Dieser Schritt Russlands eröffne die Perspektive für politische Verhandlungen, erklärten die beiden SPD-Politiker. Nach der Einstellung der kriegerischen Auseinandersetzungen sollte geprüft werden, ob die OSZE eine "konfliktregelnde Rolle" übernehmen könne.

Dabei liege der Vorteil der OSZE auf der Hand, argumentierten Kolbow und Weisskirchen. Es sei "eine traditionsreiche sicherheitspolitische Organisation, die bereits in früheren Zeiten eine hervorgehobene Rolle in der transeuropäischen Sicherheitspolitik" gespielt habe. In ihr seien "nicht nur alle europäischen Staaten, sondern auch Georgien, Russland und die USA vertreten".

"Einseitige Parteinahme für die westlich ausgerichtete Regierung Georgiens"

Die Links-Abgeordnete Monika Knoche forderte, die OSZE und die EU müssten sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für eine gerechte und ausgewogene Vermittlung in der Auseinandersetzung zwischen Georgien und Russland einsetzen. "Eine einseitige Parteinahme für die westlich ausgerichtete Regierung Georgiens würde die Konfliktlösung verhindern", sagte Knoche.

Es gehe auch darum, "der postsowjetischen Territorialgeschichte Rechnung zu tragen. Denn die Ost-West Zuspitzung bis hin zur offensiven Strategie einer NATO-Mitgliedschaft für Georgien und andere Ex-SU-Republiken provoziert Russland unangemessen", kritisiert Knoche. Deshalb müsse darauf gedrängt werden, dass eine Waffenstillstandsvereinbarung von beiden Seiten angenommen und durchgesetzt werde. Die Truppen aus dem Konfliktgebiet müssten unter internationaler Beobachtung abgezogen und politische Verhandlungen eingeleitet werden. "Dabei muss es auch darum gehen, die NATO-Erweiterung auf Eis zu legen und für Südossetien und Abchasien eine völkerrechtsverträgliche Regelung zu finden", so Knoche.

Mit dem Kaukasus-Konflikt wird sich das Bundeskabinett voraussichtlich am Mittwoch befassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird am Freitag zu Gesprächen mit Medwedew nach Russland reisen. Am Donnerstag kommt der Auswärtige Ausschuss des Bundestages zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Lage in Georgien und die Konsequenzen für die Politik Deutschlands und der EU zu beraten.

Am 12-08-2008

Polen stimmt US-Raketenbasis zu

"Konfrontation mit Russland"

Zum ersten Mal seit 1989 hat Polen die Stationierung ausländischer Raketen im eigenen Land erlaubt. Mit dem jetzt unterzeichneten Vertrag über die US-Raketenabwehr sieht sich Polens Präsident Lech Kaczynski am Ziel. Sein Land werde sich von niemanden mehr einschüchtern lassen. "Die USA werden ihre Position als mächtigstes Land in der Welt weiter ausbauen können", sagte Kaczynski. Geplant ist die Installation von insgesamt zehn "Abwehrraketen", mit denen anfliegende Orbitalraketen bekämpft werden können. Darüber hinaus soll eine Batterie von amerikanischen Patriot-Luftabwehrraketen zum Schutz des polnischen Territoriums in die Nähe von Warschau verlegt. Russland sieht sich durch die US-Raketen bedroht und kündigte Gegenmaßnahmen an. Polen rücke sich selbst in das Fadenkreuz russischer Atomraketen, hieß es dazu kürzlich aus dem Kreml. Die deutsche Linke sieht in dem Abkommen einen weiteren Schritt zur Konfrontation mit Russland. "Statt sich um die Entspannung des Verhältnisses zwischen NATO und Russland zu kümmern, nimmt die Bundesregierung kommentarlos hin, dass die USA weiter Öl ins Feuer gießt", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Paul Schäfer, am Mittwoch in Berlin.

Schäfer forderte die Bundesregierung auf, auf bilateraler Ebene sowie im NATO-Rahmen auf die USA und Polen einzuwirken und weitere Vorbereitungen für die Installation des Raketenschirms zurückzustellen. Der Aufbau einer solchen Raketenabwehr gegen die Sicherheitsbedenken Russlands berge ein "beachtliches Eskalationspotenzial", sagte Schäfer.

Die USA wollen in den kommenden Jahren in Osteuropa nach offizieller Darstellung ein "Abwehrschild gegen feindliche Raketen" errichten und begründen dies mit einer möglichen Gefahr aus dem Iran. Dazu ist im Norden Polens ein Stützpunkt für zehn Abfangraketen sowie in Tschechien ein weit reichendes Radarsystem geplant. Das amerikanisch-polnische Abkommen ist der erste Schritt dahin.

Am 20-08-2008

EU-Unterstützung für Georgien, aber keine Sanktionen gegen Russland

Merkel fordert Rückzug aus der Ölhafenstadt Poti

Die Europäische Union zeigt sich besorgt über den Konflikt im ölreichen Kaukasus zwischen Russland und Georgien und ruft zu einer friedlichen Streitbeilegung auf. Grundlage dafür müssten die Prinzipien der Souveränität und territorialen Integrität sein, heißt es in der von Frankreich am Montag (1. September) dem EU-Sondergipfel in Brüssel vorgelegten Erklärung. Zugleich appellierten mehrere EU-Staats- und Regierungschefs zu Beginn des außerordentlichen Treffens an Russland, den Sechs-Punkte-Friedensplan vollständig umzusetzen. Eine entsprechende Erklärung zur Abspaltung der Provinz Kosovo von Serbien gab es seitens der EU nicht. Russland beruft sich darauf, dass in diesem Fall der Westen die Souveränität und territorialen Integrität nicht missaachtet hat. Anlass des Krisengipfels der EU ist der Fünf-Tage-Krieg im Kaukasus, der die jahrelangen Spannungen in der ölreichen Region erneut verschärft hat. In der Nacht zum 8. August hatten georgische Truppen Ziele in der abtrünnigen Region Südossetien angegriffen, auf die Russland mit einem militärischen Gegenschlag reagierte. Der auf Initiative der französischen EU-Ratspräsidentschaft erarbeitete Sechs-Punkte-Plan sieht neben einem Waffenstillstand vor, dass sich beide Konfliktparteien auf ihre Vorkriegspositionen zurückziehen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief Russland erneut auf, das Abkommen vom 12. August zu respektieren und vollständig umzusetzen. Dazu gehört nach Auffassung der EU auch ein "unmittelbarer" Rückzug russischer Truppen aus der Ölhafenstadt Poti.

Zugleich erneuerte die EU ihr Interesse, sich auch auf dem Boden Georgiens mit einer "Beobachtermission" zu engagieren.

EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) warnte vor vorschnellen Verurteilungen und rief zum Dialog mit Russland auf. "Wir sollten an der strategischen Partnerschaft mit Russland festhalten", sagte er. Forderungen nach Sanktionen, wie sie von einigen osteuropäischen Staaten erhoben wurden, lehnte er ab. Die neuen EU-Mitglieder sollten vielmehr die "klare Sprache" würdigen, die die EU in ihren Außenbeziehungen anschlage.

Ähnlich kritisch äußerte sich der EU-Parlamentarier Elmar Brok (CDU). Die EU dürfe nicht in eine "Eskalation der Worte hineingeraten, die uns in einen Kalten Krieg führen", hob der CDU-Außenexperte hervor. Er unterstrich: "Gesprächsfäden muss man aufrecht erhalten, um Lösungen finden zu können". Außerdem sollte die EU "nicht am Anfang alle Pfeile verschießen".

Scharfe Kritik an der EU kam von der Linksfraktion. Die Ursache der militärischen Eskalation in Georgien sei der Bruch des Völkerrechts gewesen. Georgien habe die Waffenstillstandsabkommen gebrochen und Russland habe darauf dann unverhältnismäßig und ebenfalls völkerrechtswidrig reagiert, sagte der Europaexperte der Linksfraktion, Alexander Ulrich. Sanktionen seien daher fehl am Platze.

Am 01-09-2008

Deutsche Politiker kritisieren Russlands Raketenpläne

Reaktion auf US-Raketen

Die russischen Pläne zur Stationierung von Kurzstreckenraketen an der polnischen Grenze stoßen in Deutschland auf heftige Kritik. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bezeichnete die Ankündigung des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew als "falsches Signal zum falschen Zeitpunkt". Auch Union und FDP kritisierten die Botschaft aus Moskau am Donnerstag (6. November) und mahnten, die USA und Russland sollten die Wahl des neuen US-Präsidenten Barack Obama für einen Neuanfang nutzen. SPD-Fraktionschef Peter Struck zeigte dagegen Verständnis für die russische Reaktion. Medwedew hatte am Mittwoch unmittelbar nach der Wahl Obamas angekündigt, Kurzstreckenraketen an der polnischen Grenze stationieren zu wollen - als Reaktion auf den US-Raketenabwehrschild in Osteuropa. Die USA hatten im Sommer beschlossen, bis 2015 eine Abwehranlage in Polen und Tschechien einzurichten, angeblich um gegen Angriffe aus dem Iran gewappnet zu sein. Steinmeier warnte vor einem "neuen Blockdenken" und einer neuen Rüstungsspirale in Europa. Er appellierte an Russland, die Wahl Obamas als Chancen für einen Neubeginn zu erkennen. Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, rügte das russische Vorgehen und rief Obama und Medwedew auf, sich "rasch zu verständigen".

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bezeichnete die Reaktion aus Moskau als falsch und mahnte, die russische Regierung solle nicht in "Schützengräben" verharren, sondern die Einladung zu einer verbesserten Kooperation annehmen. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, der Auftritt Medwedews zeige, wie real die "Gefahr einer neuen Aufrüstungsspirale direkt vor unserer Haustür" sei.

Nach Auffassung von Andreas Schockenhoff (CDU) schadet sich Moskau mit seinen Rüstungsplänen selbst. Derartige "militärische Drohungen" entsprächen nicht der neuen Rolle, die Russland für sich beanspruche. Die Ankündigung Medwedews, ein kooperativer und verlässlicher außenpolitischer Partner zu sein, werde durch solch "imperialistisches Gehabe" unglaubwürdig, sagte Schockenhoff. Außerdem werde nicht nur das Verhältnis Russlands zu den USA, sondern auch zu Europa beeinträchtigt.

Struck reagierte dagegen mit Nachsicht auf die russischen Pläne. Die Reaktion sei "verständlich". "Das ist das, was wir befürchtet haben", sagte er. Er hoffe nun, dass die "rigorose Haltung" der Regierung des amtierenden US-Präsidenten George W. Bush durch die Wahl Obamas abgemildert werde.

Der Osteuropa-Experte Alexander Rahr sagte, die Ankündigung aus Moskau dürfe nicht überbewertet werden. In der russischen Originalfassung der Rede habe Medwedew gesagt, dass die Raketenabwehrsysteme "nach Bedarf" aufgestellt würden.

Am 06-11-2008

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