Für die rechtsextremistische Szene war der Prozessbeginn gegen den aus Kanada ausgewiesenen Zündel Anlass für ein Stelldichein. Auf den Zuschauerbänken nahm unter anderen der wegen Volksverhetzung verurteilte Ex-NPD-Chef Günther Deckert Platz. NPD-Vorstandsmitglied Thomas Wulff fungierte in der ersten Reihe als eine Art persönlicher Beistand für einen der Wahlverteidiger, die Zündel engagiert hat. Andere Zuschauer aus dem rechtsradikalen Spektrum machten sich durch lautstarke Applausbekundungen für die Verteidigung bemerkbar. Richter Meinerzhagen drohte mehrmals mit der Räumung des Saales, um eine einigermaßen ruhige Verhandlung zu garantieren.
Beinahe zehn Jahre lang hat die Staatsanwaltschaft Mannheim gegen Zündel ermittelt, der als einer der aktivsten so genannten Revisionisten gilt. Sie wirft ihm vor, von Kanada und den USA aus weltweit die "Ausschwitz-Lüge" verbreitet zu haben. Sowohl auf seiner Internet-Homepage als auch in seinen "Germania-Rundbriefen" soll er nazistische und antisemitische Propaganda betrieben und dabei den Massenmord an Millionen von Juden geleugnet haben.
Zündel drohen deshalb bis zu fünf Jahre Haft, denn laut einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs kann die Auschwitz-Lüge auch dann nach dem deutschen Strafgesetz geahndet werden, wenn sie vom Ausland aus verbreitet wird. Voraussetzung ist, dass die Äußerungen in der Bundesrepublik zugänglich gemacht wurden - und Zündels Internetseite kann bis heute von Deutschland aus aufgerufen werden.
Zur Verlesung seiner über 20-seitigen Anklageschrift kam der zuständige Staatsanwalt Andreas Grossmann beim Prozessauftakt aber erst gar nicht. Stattdessen lieferten sich Kammer und Verteidigung einen heftigen Schlagabtausch.
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand Horst Mahler, einst Unterstützer der Terrororganisation RAF, heute ein Aushängeschild der rechtsextremen Szene. Der Jurist hatte trotz eines gegen ihn verhängten Berufsverbots als angeblicher "Assistent" von Zündels Anwältin Sylvia Stolz bei den Verteidigern Platz genommen. Er könnte der "Ghostwriter" der Verteidigerseite sein, vermutet die Staatsanwaltschaft. Das Gericht verbannte Mahler schließlich von der Verteidigerbank, stieß damit aber auf heftige Gegenwehr. Erst als zwei Sicherheitsbeamte anrückten, räumte Mahler freiwillig das Feld.
In einem weiteren Beschluss entschied das Gericht, Stolz von ihrer Berufung zur Pflichtverteidigerin zu entbinden, weil sie weder eine geeignete Verteidigung noch ein geordnetes Verfahren garantieren könne. Richter Meinerzhagen setzte sich damit einer Tirade von Beschimpfungen aus. Wahlverteidiger Jürgen Rieger, ebenfalls wegen Volksverhetzung verurteilt, sprach von einem "einzigen Skandal" und sah die Verteidigung durch das Gericht "diffamiert". Die geschasste Pflichtverteidigerin sagte offenbar, die Argumentation des Gerichts müsse einem "kranken Gehirn" entsprungen sein.
Der Angeklagte sagte, Stolz habe sein Vertrauen und werde ihn weiter vertreten. Da das Gericht erwägt, einen neuen Pflichtverteidiger zu bestellen, droht jedoch die Aussetzung des Verfahrens auf unbestimmte Zeit. Zunächst soll am 15. November aber über den Befangenheitsantrag gegen Meinerzhagen entschieden werden, mit der die Verteidigung auf die Gerichtsbeschlüsse reagiert hatte.