Die Gewerkschaft NGG war schon Anfang des Jahres von zwei Mitarbeitern über dubiose Praktiken des jetzt ins Visier der Ermittler geratenen Geflügelvermarkters aus Lastrup bei Cloppenburg informiert worden. Den beiden sei damals geraten worden, mit ihrem Wissen zur Polizei zu gehen. Das hätten sie jedoch aus Angst vor Kündigung nicht gewagt.
In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft Oldenburg den betroffenen Betrieb geschlossen, nachdem vor etwa zwei Wochen eine Mitarbeiterin der insolventen Firma berichtet hatte, dass dort gefrorenes Fleisch unsachgemäß aufgetaut und als Frischfleisch in den Handel gebracht worden sei. Zudem soll von Kunden beanstandete Ware einfach neu verpackt worden sein.
Die Verbraucherorganisation foodwatch beklagte einen Mangel an abschreckenden Maßnahmen. Die Versuchung zu schwindeln, zu panschen und zu pfuschen sei in der Branche ziemlich groß, weil ökonomische Vorteile lockten und das Strafrisiko sehr gering sei, sagte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Er sprach von einem "Systemfehler", der noch dazu verschärft werde, weil die Kontrollen in Deutschland nicht sehr effektiv, föderal organisiert und teilweise nicht wirklich unabhängig seien.
Der FDP-Ernährungsexperte Hans-Michael Goldmann verlangte, das Kontrollsystem für Lebensmittelbetriebe genau zu überprüfen. Die Intensität der Kontrollen in der bisherigen Praxis müsse angesichts der jüngsten Skandalfälle hinterfragt werden. Zugleich sprach er sich für eine harte Bestrafung von kriminellen Machenschaften in der Lebensmittelbranche aus.
Das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium geht davon aus, dass rund fünf Tonnen Putenfleisch aus der Produktion des betroffenen niedersächsischen Betriebes nach NRW gelangte. Das Fleisch wird in Lebensmittellabors untersucht. Ergebnisse werden Mitte kommender Woche erwartet. Strafverfolger hatten am Donnerstag rund 20 Objekte im gesamten Bundesgebiet nach verdorbenem Fleisch des Geflügelvermarkters aus Lastrup durchsucht.
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