Jede Einschränkung des Grundrechts auf vertrauliche Kommunikation dürfe nur aufgrund einer dringenden Notwendigkeit erfolgen, forderte Schaar als Vorsitzender der Datenschützer. Sie solle nur in Ausnahmefällen gestattet sein und müsse angemessenen Sicherheitsmaßnahmen unterliegen.
Die Gruppe verkenne bei ihrer Entscheidung nicht das Risiko, das terroristische Bedrohungen für eine demokratische Gesellschaft bedeuteten. Sie bezweifle allerdings, dass die Begründungen für eine generelle obligatorische Vorratsdatenspeicherung überzeugend seien. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die vorgeschlagenen Fristen - die EU-Kommission will alle Telefon-Daten ein Jahr, alle Internet-Daten sechs Monate aufbewahren.
Die Datenschützer verwiesen darauf, dass es Methoden wie das sogenannte Quickfreeze-Verfahren gibt, die weniger stark in die Privatsphäre eingreifen. Bei diesem Verfahren können die Ermittlungsbehörden von allen Kommunikationsanbietern verlangen, alle noch vorhandenen und künftigen Kommunikationsdaten einer Person sofort zu sichern. Dadurch werden nur relativ wenige Unbeteiligte in die Überwachung mit einbezogen.
Sollte der Vorschlag einer verpflichtenden Vorratsdatenspeicherung trotz aller Bedenken umgesetzt werden,, muss nach Ansicht der Datenschützer deren Zweck klar definiert sein. Es müsse ein Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus und des organisierten Verbrechens bestehen. Eine nicht näher bestimmte "schwere Straftat" reiche nicht aus. Die Speicherfrist müsse zudem so kurz wie möglich und zugleich eine für alle Mitgliedstaaten verbindliche Höchstgrenze sein, wobei die Mitgliedsstaaten allerdings das Recht haben müssten, sie zu verkürzen.
Die geplante Richtlinie soll nach Ansicht der Datenschützer maximal drei Jahre gelten und in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Die Untersuchungsergebnisse sollten veröffentlicht werden.
Die EU-Datenschützer forderten zudem Schutzvorkehrungen gegen Missbrauch der Daten, sollte es zu einer Vorratsspeicherung kommen. Diese betreffen insbesondere die Voraussetzungen für den Zugang und zur Nutzung der Daten, die Notwendigkeit von Genehmigungen und Kontrollen sowie Maßnahmen zur Datensicherheit. Keinesfalls dürften Inhaltsdaten erfasst werden.
Datenschützer und Bürgerrechtler halten eine Vorratsdatenspeicherung für ungeeignet im Kampf gegen Verbrecher und Terroristen. Die "vorgebliche Sicherheit", die durch die Vorratsdatenspeicherung erzielt werden solle, stelle eine Illusion dar, denn mit den derzeit verfügbaren technischen Mitteln würden sogar gezielte Suchläufe auf Personen Jahre dauern und die Ergebnisse leicht zu falschen Verdächtigungen führen, kritisierte etwa Werner Hülsmann, Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Datenschutz (DVD) und des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FifF). Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte hatte vor der unvorstellbaren Datenmenge gewarnt, "die auch mit der heutigen Technik kaum zu bewältigen ist".
Nach Ansicht der Kritiker steht auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen eine Vorratsdatenspeicherung. Die höchsten deutschen Richter hatten Ende die Regelungen des Niedersächsischen Sicherheitsgesetzes zur vorbeugenden Telefonüberwachung gekippt. Dabei beschränkten sie sich nicht auf eine ausreichende formale Begründung, sondern erläuterten ausführlich, warum das Gesetz auch inhaltlich verfassungswidrig ist. Ein solches Verhalten von Gerichten ist höchst unüblich und wurde als deutliche Positionierung der Verfassungshüter gegen die aktuelle Diskussion gewertet.
Die Richter hatten damals entschieden, durch die vorbeugende Überwachung ließen sich Einblicke insbesondere in das Kommunikationsverhalten, das soziale Umfeld sowie persönliche Gewohnheiten der überwachten Person gewinnen. Dieser schwere Eingriff sei nur dann zulässig, wenn das Interesse der Allgemeinheit an dieser Grundrechts-Einschränkung überragend wichtig sei. Da bei einer flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung nahezu ausschließlich rechtstreue Bürger überwacht werden, halten viele Juristen diese für verfassungswidrig. Entsprechend hatten sich im Juni auch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder geäußert. Sie äußerten zudem "erhebliche Zweifel", ob der vorgeschlagene Rahmenbeschluss mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention - dem Recht auf Achtung des Privatlebens und der Korrespondenz - vereinbar sei. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe betont, dass die Vertragsstaaten auch zur Bekämpfung des Terrorismus nicht jede Maßnahme beschließen dürften, die sie für angemessen hielten. Vielmehr müsse es sich um Maßnahmen handeln, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig seien und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprächen.
In Deutschland hatte der Bundestag erst im Februar eine Verlängerung der Speicherfristen für Verbindungsdaten abgelehnt.