DIE Internet-Zeitung

September 2005

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Hurrikan "Rita"

Umweltschützer fordern Energieplan zur Drosselung des Ölverbrauchs

Viel schneller als bisher angenommen muss Deutschland drastische Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergreifen, meint die Deutsche Umwelthilfe. Zur Drosselung des Energieverbrauchs schlägt der Umweltverein einen "Nationalen Energieplan" vor, der kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für einen "intelligenteren und effizienteren Einsatz knapper Ressourcen" miteinander verbindet. "Die Unwetterkatastrophen im Süden der USA bedrohen mittelbar die Energieversorgung aller Industriestaaten. Wir müssen unabhängig von den erschreckenden Bildern aus den USA sehr schnell die Fähigkeit entwickeln, unseren ungebändigten Ölverbrauch herunterzufahren. Das ist jetzt die allererste Aufgabe einer jeden neuen Bundesregierung", fordert Jürgen Resch von der Umwelthilfe.

Bundesrat

Entbürokratisierung oder Abbau des Datenschutzes

Im Bundesrat wird derzeit ein Gesetzentwurf der unionsregierten Länder Hessen und Niedersachsen beraten, der das bisherige Bundesdatenschutzgesetz mit dem Ziel verändern soll, auch kleinere Betriebe und Unternehmen, die mehr als vier Arbeitnehmer für automatisierte Datenverarbeitung einsetzen, von der Meldepflicht und der Pflicht zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten freizustellen. Hierdurch solle ein Beitrag zur "Entbürokratisierung" und Senkung der Kosten in den Betrieben geleistet werden. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz vertritt demgegenüber die Auffassung, dass mit diesem Vorschlag der Grundrechtsschutz von Millionen von Beschäftigten und Verbrauchern durch eine geringere Kontrolldichte gefährdet würde.

Gerechtigkeitsempfinden

Blüm kritisiert Unions-Wahlprogramm wegen Kopfpauschale und Einheitssteuer

Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) macht die Programmatik der Union für deren Wahlschlappe verantwortlich. "Das Ergebnis ist keine Überraschung; denn den CDU-Anhängern ist ein Gerechtigkeitsempfinden angeboren, das sich nicht mit Kopfpauschale und Einheitssteuer befriedigen lässt", sagte Blüm dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Blüm warnte zugleich: "Wenn das Soziale eine Randerscheinung wird, dann sind wir keine Volkspartei mehr."

Stuttgarter Flughafen

Massengrab aus NS-Zeit entdeckt

Am Stuttgarter Flughafen ist ein Massengrab aus der Zeit der Nazi-Diktatur entdeckt worden. Wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg am Mittwoch mitteilten, handelt es sich wahrscheinlich um die sterblichen Überreste von mindestens 34 jüdischen KZ-Häftlingen. Ein Teil der Menschen soll verhungert sein. Bei einigen gibt es Hinweise, dass sie lebendigen Leibes begraben wurden. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen Unbekannt ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes ein.

Zu billig, um gut sein zu können

Stiftung Warentest findet Weichmacher im Olivenöl

Die höchste Qualitätsstufe der Olivenöle "nativ extra" hält oft nicht das, was sie verspricht. Wie schon bei den vorangegangenen Untersuchungen der Stiftung Warentest in den Jahren 1999 und 2002 war beim aktuellen, am Donnerstag veröffentlichten Test mehr als ein Drittel der Proben mangelhaft. Zusätzlich fand sich in einem Bio-Öl der gefährliche Weichmacher DEHP, der im Tierversuch krebserzeugend wirkt und der bei der Herstellung von Kunststoffen wie PVC als Weichmacher verwendet wird. Sämtliche 26 getesteten Öle waren mit Schadstoffen belastet.

Tod durch Herzerkrankungen

Wissenschaftler sehen Gefahren schon bei wenigen Zigaretten

Nach einer Studie norwegischer Wissenschafter kann dass Rauchen von einer bis vier Zigaretten täglich das Risiko eines Menschen an einer Herzerkrankung zu sterben nahezu verdreifachen. Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Auswirkungen auf die Gesundheit bei Frauen stärker sind und dass leichte Raucher einer ähnlichen Gefährdung ausgesetzt sind wie starke Raucher. Das Team um Kjell Bjartveit verfolgte die Gesundheit und die Sterberaten von fast 43.000 Frauen und Männern von Mitte der siebziger Jahre bis in das Jahr 2002. Die Ergebnisse ihrer Studie werden in dem Fachmagazin Tobacco Control veröffentlicht.

"OECD-Leitsätze unzureichend"

Internationales Bündnis fordert strengere Regeln für multinationale Konzerne

Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind nach Ansicht des Netzwerkes OECD-Watch kein ausreichendes Instrument, um unternehmerisches Fehlverhalten zu ahnden. Dies folgert das Bündnis von 47 Organisationen aus 28 Ländern in seinem Bericht "Fünf Jahre danach: Eine Bilanz der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und der Nationalen Kontaktstellen", den OECD-Watch am Donnerstag während der Sitzung des Investment Komitees der OECD in Paris veröffentlicht hat. Das Netzwerk fordert verbindliche internationale Sozial- und Umweltstandards für Unternehmen, um Vergehen insbesondere in Entwicklungsländern zu unterbinden. Kurzfristig fordert OECD-Watch von den OECD-Regierungen konkrete Maßnahmen für eine effektive Umsetzung der bestehenden Leitsätze.

"Mehrwertdienste"

Gericht stoppt Nepp mit 118-Auskunftsnummer

Arglose Verbraucher mit 0190- oder 0900-Nummern übers Ohr zu hauen wird zunehmend schwerer: Dem Umstieg unseriöser Anbieter auf 118-Nummern für Auskunftsdienste hat das Verwaltungsgericht Köln am Mittwoch einen Dämpfer versetzt. Die Richter bestätigten den Widerruf der Nummer 11875 durch die Bundesnetzagentur, die frühere Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post. Es fehle an einer ausreichenden Trennung zwischen Auskunft und sogenannten Mehrwertdiensten, die normalerweise über 0190- und 0900-Nummern zu erreichen sind.

"Jenseits demokratischer Öffentlichkeit"

"Inspektion" des Abschiebelagers Bramsche-Hesepe angekündigt

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie ruft zum 24. September in Kooperation mit einem "No-Lager-Netzwerk" zu einer Demonstration und "gewaltfreien öffentlichen Inspektion" des Rückführungs- und Abschiebelager Bramsche-Hesepe auf. In dem Lager bei Osnabrück leben derzeit offenbar rund 500 Menschen, die nach Einschätzung der Asylbehörden keine Aussicht auf ein Bleiberecht in Deutschland haben. Deshalb sollen sie lagerverbracht zur "freiwilligen Ausreise" überzeugt werden, schreibt das Grundrechtekomitee. Dazu werde vorsätzlich "ein Klima existenzieller Ausweglosigkeit" geschaffen. Die Möglichkeiten der Flüchtlinge, das eigene Leben aktiv zu gestalten, seien stark eingeschränkt. "Sie sind über Monate auf ein bloßes Leben in dauernder Unsicherheit zurückgeworfen; sie harren in Ungewissheit, wie über ihr Fluchtschicksal entschieden wird. Sie leben zudem in permanenter Angst, zwangsweise abgeschoben zu werden" meint das Komitee für Grundrechte und Demokratie. Das Lagerleben mache die Menschen "nachweislich krank".

Mietbuszentrale

Rechtsstreit um Gelegenheits- oder Linienverkehr nach Berlin

Die Leipziger Firma MBZ Mietbuszentrale stellt mit ihren Busfahrten nach Berlin eine Konkurrenz dar zu den zur Deutschen Bahn AG gehörenden Unternehmen Bayern Express & P. Kühn GmbH sowie die HARU Reisen OHG, die wiederum beide Gesellschafter der Berlin Linien Bus GmbH sind. Die Bahn-Töchter hatten bei verschiedenen Zivil- und Handelskammern des Berliner Landgerichts einstweilige Verfügungen gegen die Mietbuszentrale und einzelne Busunternehmer beantragt, mit denen die Fahrten der "Busfahrgemeinschaften" als unerlaubter Linienverkehr untersagt werden sollten. Die 15. bzw. 16. Zivilkammer hatte gegen die Mietbuszentrale und gegen einen Busunternehmer einstweilige Verfügung erlassen, ohne diese zuvor anzuhören. Die Mietbuszentrale legte Widerspruch ein.

Beschluss

Hartnäckigen Klägern beim Bundesverfassungsgericht droht Strafe

Wer trotz mehrerer erfolgloser Verfassungsbeschwerden weiterhin Klagen in derselben Sache beim Bundesverfassungsgericht einreicht, muss mit einer "Missbrauchsgebühr" bis zu 2600 Euro rechnen. Die Strafgebühr könne dabei in bestimmten Fällen auch dem Anwalt eines unbelehrbaren Klägers auferlegt werden, entschieden die Karlsruher Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss.

Vorsitzender der Bischofskonferenz

Kardinal Lehmann predigte über den Umgang mit der Macht

Die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz hat am Dienstag den Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann (69) für eine weitere Amtszeit von sechs Jahren zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz wiedergewählt. Kardinal Lehmann ist seit 1987 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz als Nachfolger des Kölner Erzbischofs Joseph Kardinal Höffner. Lehmann tritt nun seine vierte Amtszeit an. In seiner Predigt am Dienstag zeichnete Kardinal Lehmann ein ambivalentes, letztlich aber positives Bild der Macht.

Kein Anfangsverdacht

Durchsuchung der "anti atom aktuell" war rechtswidrig

Die Polizeimaßnahme gegen die Redaktion der Zeitschrift "anti atom aktuell" (aaa) war nach Auffassung des Landgerichts Lüneburg rechtswidrig. Mit dieser Entscheidung rügte das Gericht die Durchsuchung der Redaktionsräume und der Wohnungen der Journalisten Elisabeth Krüger und Martin Nesemann. Die Durchsuchung der bedeutendsten Zeitschrift der deutschen Anti-Atom-Bewegung war nach Angaben der Redaktion im August von einem Großaufgebot der Polizei durchsucht und Computer und zahlreiche Unterlagen beschlagnahmt worden. Dagegen hatten die Hamburger Anwälte Schön und Römmig Beschwerde eingelegt. "Das Amtsgericht Dannenberg hat zu Unrecht gegen die Beschuldigten Durchsuchungsbeschlüsse erlassen" heißt es im Beschluss der 6. Strafkammer des Landgerichts Lüneburg, selbst "Anhaltspunkte, die einen Anfangsverdacht rechtfertigen, sind nicht ersichtlich."

Tierhaltung

Wissenschaftler erforschen Antibiotika-Wirkung im Boden

Mehr als 9.000 Tonnen Antibiotika wurden 1999 in der Europäischen Union an Schweine, Rinder oder Geflügel verfüttert. Die Tiere scheiden bis zu 90 Prozent davon unverändert wieder aus. Früher oder später landen die Arzneimittel mit dem Mist oder der Gülle auf den Feldern. Was mit ihnen danach passiert, ist noch weitgehend ungeklärt. Möglicherweise sind sie aber mit dafür verantwortlich, dass immer mehr Bakterien gegen Antibiotika resistent werden - darunter auch Keime, die dem Menschen gefährlich werden können. Eine Forschergruppe, an der mehrere Arbeitsgruppen aus Deutschland beteiligt sind, geht dieser Frage nun nach. Wenn man einen Acker mit Sulfadiazin-belasteter Gülle düngt, verschwindet das Medikament wie von Zauberhand: Schon nach ein paar Stunden lässt sich nur noch die Hälfte der ursprünglich ausgebrachten Substanz mit Wasser aus dem Erdreich herauslösen, nach einem Monat scheint gar kein Sulfadiazin mehr im Boden vorhanden zu sein.

"Fit4More"

Siemens will Tausende Stellen streichen

Der Siemens-Konzern will einige defizitäre Konzernsparten umstrukturieren oder ganz auflösen und Tausende Arbeitsplätze in Deutschland streichen. Das teilte das Unternehmen am Montag mit. Der bayerische IG Metall-Chef Werner Neugebauer warf Siemens in einer ersten Stellungnahme die "Fortsetzung der beschäftigungspolitischen Bankrotterklärung" und Kompensation von Managementfehlern auf Kosten der Beschäftigten vor.

Satellitenbilder

Umweltschäden des Hurrikans Katrina bilanziert

Was der Hurrikan Katrina an Umweltschäden hinterlassen hat, konnte bisher niemand genau sagen. Nun hat die Umweltorganisation Greenpeace erstmals Satellitenbilder von SkyTruth veröffentlicht und eine erste Bilanz gezogen. Die Bilder zeigen nach Angaben der Organisation kilometerlange Ölteppiche, die von havarierten Ölplattformen im Golf von Mexiko ausgehen sollen. Öltanklager seien leck geschlagen und überflutet, durch den Sturm beschädigte Raffinerien verschmutzen offenbar den Mississippi und New Orleans.

Bundestagwahl

CDU ficht wegen Briefunterlagen-Panne die Wahl in Dortmund an

Weil durch eine falsche Versendung der Briefwahl-Unterlagen 10.000 Stimmen ungültig gewertet werden mussten, ficht die Dortmunder CDU das Ergebnis der Bundestagswahl in der Ruhrmetropole an. 50.000 vertauschte Stimmzettel waren Anfang September versandt worden, bis zur Wahl konnte das Dortmunder Wahlamt die Panne zwar teilweise, aber nicht vollständig korrigieren. Die Wahlprüfungskommission des Deutschen Bundestages muss nun entscheiden, ob diese Zahl an ungültigen Stimmen das Ergebnis beeinflusst hat. Nach dem vorläufigen Endergebnis haben in Dortmund die SPD-Kandidaten ihre Wahlkreise klar gewonnen und auch bei den Zweitstimmen hat die SPD doppelt so viele Stimmen erzielt wie die CDU.

Ein Fünftel wählte nicht

Das vorläufige amtliche Wahl-Ergebnis

Der Bundeswahlleiter hat am 19. September 2005 um 1.35 Uhr das vorläufige amtliche Ergebnis der Wahl zum 16. Deutschen Bundestag am 18. September 2005 bekannt gegeben. Dem vorläufigen Wahlergebnis liegen die Zweitstimmen zugrunde, die in 298 von insgesamt 299 Wahlkreisen abgegeben wurden. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,7 Prozent. Mit 22,3 Prozent hat somit ein Fünftel der Wahlberechtigten nicht an der Wahl teilgenommen. Auf CDU/CSU entfielen 35,2 Prozent der abgegebenen Stimmen (2002: 38,5 Prozent). Die SPD erhielt 34,3 Prozent der Stimmen (2002: 38,5 Prozent). Die FDP bekam 9,8 Prozent (2002: 7,4 Prozent) der abgegebenen Stimmen. Die Linkspartei erhielt 8,7 Prozent (2002: 4,0 Prozent) der Stimmen. Die Grünen erhielten 8,1 Prozent (2002: 8,6 Prozent). Die sonstigen Parteien erhielten insgesamt 3,8 Prozent (2002: 3,0 Prozent).

Wahl praktisch

Von Erststimmen, Zweitstimmen, ungültigen Stimmen und verbotenen Stimmen

Bei der Bundestagswahl am 18. September hat jeder Wahlberechtigte zwei Stimmen: die Erststimme, mit der auf der linken Seite des Stimmzettels der Wahlkreisabgeordnete gewählt wird, und die Zweitstimme, mit der auf der rechten Seite die Landesliste einer Partei angekreuzt werden kann. Die Zweitstimme ist - sieht man von Überhangmandaten ab - für die Zusammensetzung des Bundestages entscheidend.

Mobilität

Diskussion über die Zukunft des Öffentlichen Nahverkehrs

In Koblenz ging am Freitag der 6. Deutsche Nahverkehrstag zu Ende. Im Fokus der Tagung stand die Frage, wie die Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Zukunft sichergestellt werden kann. Angesichts aktueller Verkehrsprobleme von zu hohen Feinstaubbelastungen über Gesundheitsschäden durch Verkehrslärm bis hin zu steigenden Spritpreisen fordert der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Bund, Länder und Gemeinden auf, ausreichende Finanzmittel für den Nahverkehr zu garantieren und sich für effektivere Finanzierungsformen stark zu machen.