DIE Internet-Zeitung
Bundesrat

Entbürokratisierung oder Abbau des Datenschutzes

Am

Im Bundesrat wird derzeit ein Gesetzentwurf der unionsregierten Länder Hessen und Niedersachsen beraten, der das bisherige Bundesdatenschutzgesetz mit dem Ziel verändern soll, auch kleinere Betriebe und Unternehmen, die mehr als vier Arbeitnehmer für automatisierte Datenverarbeitung einsetzen, von der Meldepflicht und der Pflicht zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten freizustellen. Hierdurch solle ein Beitrag zur "Entbürokratisierung" und Senkung der Kosten in den Betrieben geleistet werden. Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz vertritt demgegenüber die Auffassung, dass mit diesem Vorschlag der Grundrechtsschutz von Millionen von Beschäftigten und Verbrauchern durch eine geringere Kontrolldichte gefährdet würde.


In der Problemanalyse ihres Gesetzentwurfes führten die Ländervertreter an, dass in den letzten Jahren sowohl die Zunahme des elektronischen Zahlungswesens wie auch der technische Wandel eine Verbreitung automatisierter Verarbeitungsformen in fast allen Lebensbereichen mit sich gebracht habe. Dies habe dazu geführt, dass immer mehr Klein- oder Kleinstbetriebe wie zum Beispiel Arztpraxen, Apotheken, Rechtsanwalts- und Steuerberaterkanzleien durch den Einsatz automatisierter Datenverarbeitung von der Pflicht zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten erfasst worden seien.

Die bisherige Beschränkung der Freistellung von Betrieben und Unternehmen, bei denen höchstens vier Arbeitnehmer mit automatisierter Datenverarbeitung befasst seien, sei daher nicht mehr zeitgemäß. Daher solle die Schwelle zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten von fünf auf zwanzig Beschäftigte erhöht werden.

Zudem will der Entwurf eine Regelung in das Bundesdatenschutzgesetz aufnehmen, die besage, dass interne und externe Datenschutzbeauftragte die gleichen Aufgaben, Rechte und Pflichten haben und besondere Geheimhaltungspflichten der zu kontrollierenden verantwortlichen Stelle der Ausübung der Tätigkeit des externen Daten-schutzbeauftragten nicht entgegenstehen sollen. Bisher habe es keine klare Regelung darüber gegeben.

Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz hat in einer Pressemitteilung den Bundesrat aufgefordert, diesem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen, da dadurch insbesondere bei der Verarbeitung von Massendaten (Inkassobüros, Personalvermittlungen, Schreibbüros, Lettershops, kleine IT-Dienstleister, etc.) eine Schutzlücke für die Bürger entstehe.

Es stehe zu befürchten, dass durch die geforderte Anhebung des Schwellenwertes der Grundrechtsschutz für die Beschäftigten und die Verbraucher aus kurzsichtigen wirtschaftlichen Zwängen oder aufgrund mangelnden innerbetrieblichen Sachverstandes geopfert werde. Aus den gleichen Gründen sei die angestrebte Anhebung des Schwellenwertes für das Entstehen der Meldepflicht abzulehnen. Beide Vorschläge bedeuteten – nach Auffassung der Datenschützer - die faktische Abschaffung des Datenschutzes in weiten Teilen der Gesellschaft.

Im Bundesrat hat es Änderungen beim Entwurf gegeben. Ein endgültiger Beschluss über das Bundesdatenschutzgesetz wurde auf der Bundesratssitzung nicht gefasst.

Bundesrat kritisiert Regierungsentwurf für Anti-Stalking-Gesetz

Gefängnisstrafe bis 3 Jahre

Am 23. September 2005 veröffentlicht.

Der von der Bundesregierung im August beschlossene Gesetzentwurf zur effektiveren Strafverfolgung so genannter Stalker geht dem Unions-dominierten Bundesrat nicht weit genug. In einer am Freitag in Berlin verabschiedeten Stellungnahme kritisierte die Unions-dominierte Länderkammer die Regierungsvorlage als "völlig unzureichend". Als Stalker werden Leute bezeichnet, die anderen Menschen nachstellen.

So biete der Gesetzentwurf keinerlei Handhaben, gefährliche Stalking-Täter in Haft zu nehmen und so "eine Gewaltspirale zu unterbrechen", heißt es in der Stellungnahme. Im Extremfall müssten die Strafverfolgungsbehörden weiterhin abwarten, bis es zu einer Eskalation mit der Folge schwerster Verletzungen oder gar des Todes des Opfers komme. Daher müsse eine "Deeskalationshaft" eingeführt werden.

Hessens Justizminister Christean Wagner (CDU) verwies darauf, dass der Bundesrat bereits einen eigenen Gesetzentwurf zur Stalking-Bekämpfung vorgelegt habe. Die Bundesregierung habe dagegen ihren Gesetzentwurf erst fünf Wochen vor der Bundestagswahl eingebracht. Ihre Erkenntnis, gegen das Stalking vorgehen zu müssen, komme "reichlich spät", sagte Wagner.

Im Gegensatz zu einer bereits vorliegenden Bundesrats-Initiative "verkürze" die Regierungsvorlage den Opferschutz erheblich. So sei das Fehlen einer rechtlichen Grundlage für die "Deeskalationshaft" ein gravierender Mangel.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte dagegen, man sei sich in dem Ziel einig, die Stalking-Opfer zu schützen. Umstritten sei jedoch der Weg dahin. Es müsse eine Abgrenzung gefunden werden zwischen "völlig legalem Verhalten im öffentlichen Raum" und der Frage, ab wann jemand so belästigt wird, dass eine Gesundheitsgefährdung gegeben ist.

Nach dem Regierungsentwurf soll es zum Schutz der Opfer künftig einen eigenen Straftatbestand der "Nachstellung" geben. In Fällen von systematischer Belästigung und Verfolgung können die Behörden nach Regierungsangaben künftig früher eingreifen. Vorgesehen ist eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Voraussetzung für die Strafbarkeit ist, dass die Lebensgestaltung des Opfers "schwerwiegend und unzumutbar beeinträchtigt" wird. Der Begriff "Stalking" stammt ursprünglich aus der Jägersprache und bedeutet so viel wie "anpirschen".

Politische Verschiebung im Bundesrat möglich

Regierungsbildung in Hessen und Hamburg

Am 22. Februar 2008 veröffentlicht.

Bei der Bürgerschaftswahl am Sonntag in Hamburg entscheiden die Wähler auch mit über das künftige Machtgefüge im Bundesrat, auch wenn der Stadtstaat dort lediglich über 3 der insgesamt 69 Länder-Stimmen verfügt. Dabei werden die Auswirkungen des Hamburger Wählervotums auf das Stimmverhältnis in der Länderkammer geringer sein als die noch offene Regierungsbildung in Hessen, bei der es um 5 Bundesrats-Stimmen geht.

Da es im neuen hessischen Landtag weder für eine neue CDU-Alleinregierung noch für eine CDU/FDP-Koalition eine Mehrheit gibt, ist die bisherige schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat mit der Wahl einer neuen Landesregierung dahin: Bislang lagen die Unions-regierten Länder Bayern, Hamburg, Hessen, Saarland und Thüringen mit insgesamt 21 Stimmen sowie die CDU/FDP-Koalitionen von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen mit zusammen 18 Stimmen gemeinsam 4 Stimmen über der im Bundesrat meist erforderlichen absoluten Mehrheit von 35 Stimmen. Ohne die 5 Hessen-Stimmen kommen sie dagegen nur noch auf 34 Stimmen.

Daran würde auch eine Fortführung der Hamburger CDU-Alleinregierung oder eine schwarz-gelbe Koalition in der Hansestadt nichts ändern. Jede andere Konstellation in dem Stadtstaat würde dagegen das konservativ-liberale Lager im Bundesrat weiter schwächen.

Die Regierungsparteien der großen Koalition im Bund wiederum, Union und SPD, verfügen schon seit der Wahl in Bremen von 2007 auch gemeinsam nicht mehr über die für Verfassungsänderungen erforderliche Zweidrittelmehrheit im Bundesrat. Diese Mehrheit von 46 Stimmen ließe sich auch mit schwarz-roten Koalitionen sowohl in Hessen als auch in Hamburg nicht zurückerobern.

Beide Länder zusammen verfügen über 8 Bundesrats-Stimmen. Die großen Koalitionen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein stellen gemeinsam 19 Stimmen. Hinzu kämen 13 Stimmen der verbleibenden Unions-Alleinregierungen in München, Erfurt und Saarbrücken sowie die 4 Stimmen des SPD-regierten Rheinland-Pfalz - macht für Union und Sozialdemokraten zusammen 44 Stimmen und damit zwei unter der Zweidrittelmarke.

Je nach Hamburger Wahlausgang und hessischer Regierungsbildung könnte dagegen im Bundesrat die Gesamtheit "linker" Konstellationen gestärkt werden. Sie sind derzeit in den drei Varianten der Mainzer SPD-Alleinregierung (4 Stimmen), der rot-roten Berliner Koalition (4 Stimmen) und dem rot-grünen Regierungsbündnis von Bremen (3 Stimmen) in der Länderkammer vertreten und stellen dort insgesamt 11 Stimmen.

Mit Rot-Grün in Hamburg stiege dieser Anteil auf 14 Stimmen; bei einer von der Linkspartei tolerierten SPD/Grünen-Koalition oder einer SPD-Minderheitsregierung in Hessen wären dann gar 19 Stimmen zu verzeichnen. Von einer zumindest rechnerischen Mehrheit wie im Bundestag wären SPD, Linkspartei und Grüne damit in der Länderkammer auch gemeinsam allerdings nach wie vor weit entfernt.

Bundesrat will Änderungen bei Erbrechtsreform

Kapitalabfindung statt Unterhaltsverpflichtung

Am 14. März 2008 veröffentlicht.

Der Bundesrat macht sich für Änderungen bei der von der Bundesregierung geplanten Reform des Erbrechts stark. In einer am 14. März in Berlin verabschiedeten Stellungnahme fordert die Länderkammer unter anderen, dass Unterhaltsverpflichtungen nach einer Ehescheidung auch durch eine Kapitalabfindung erfüllt werden können. Auch soll für ehrenamtliche Betreuer ein Steuerfreibetrag in Höhe der Übungsleiterpauschale von 2100 Euro geschaffen werden.

Im Mittelpunkt des Regierungsentwurfs steht die Modernisierung des sogenannten Pflichtteilrechts. Mit der Reform soll auf die zunehmende Zahl von Ehescheidungen und unverheirateten Paaren sowie Patchworkfamilien reagiert werden.

Das Pflichtteilsrecht lässt Abkömmlinge oder Eltern sowie Ehegatten und den Lebenspartner des Erblassers bislang auch dann am Nachlass teilhaben, wenn sie enterbt wurden. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Die Höhe bleibt von der Reform unberührt.

Der Erblasser soll durch die Reform mehr Freiräume erhalten, über seinen Nachlass zu bestimmen. Die Gründe für den Entzug des Pflichtteils werden vereinheitlicht. Eine Enterbung soll künftig möglich sein, wenn ein Pflichtteilsberechtigter nahe stehenden Personen wie Stief- und Pflegekindern nach dem Leben trachtet oder sie körperlich schwer misshandelt. Bisher ist dies nur bei entsprechenden Vorfällen gegenüber dem Erblasser, seinem Ehegatten, Lebenspartner oder seinen Kindern möglich. Die Enterbung wegen "ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels" entfällt. Stattdessen soll künftig eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zur Entziehung des Pflichtteils berechtigen.

Auch außerhalb des Pflichtteilsrechts sind Neuerungen vorgesehen. So sollen Pflegeleistungen bei Erbstreitfällen besser berücksichtigt werden. Bislang geht ein pflegender Angehöriger oft leer aus, wenn der Erblasser im Testament keine Ausgleichsregelung getroffen hat.

Bundesrat billigt Steigerung der Milchproduktion

"Interessen der Milchindustrie"

Am 07. November 2008 veröffentlicht.

Die vom Bundesrat gebilligte Steigerung der deutschen Milchproduktion um zwei Prozent stößt bei Vertretern der großen Koalition und bei der Opposition auf scharfe Kritik. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) warf der Bundesratsmehrheit am Freitag (7. November) vor, sie habe "in Zeiten schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für unsere Milchbauern eine große Chance vertan". Die Grünen-Agrarexpertin Ulrike Höfken nannte die Entscheidung der Ländermehrheit "in hohem Maße unverantwortlich gegenüber Milchbauern sowie umwelt- und entwicklungspolitischen Interessen". Nach Auffassung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ist derzeit zu viel Milch auf dem Markt.

Der Bundesrat hatte zuvor nach kontroverser Debatte grünes Licht für eine Steigerung der deutschen Milchproduktion um zwei Prozent gegeben. Höfken bemängelte, damit würden allein die Interessen der auf weitere Konzentration ausgerichteten Milchindustrie bedient.

Seehofer bezeichnete die Ablehnung schärferer Instrumente für eine funktionierende, strenge Milchquote, wie sie beim Milchgipfel in Berlin Ende Juli besprochen worden seien, "ein völlig falsches Signal". Eine strikte Einhaltung der Milchquote wäre eine Voraussetzung für eine Stabilisierung des Marktes gewesen, fügte der frühere Bundeslandwirtschaftsminister hinzu. Seine Nachfolgerin im Ministeramt, Aigner, zeigte sich ihrem Ministerium zufolge besorgt über die angespannte Situation der deutschen Milcherzeuger.

In der Bundesratsdebatte hatte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) dagegen argumentiert, eine Drosselung der nationalen Milcherzeugung sei ungeeignet, den Milchpreis und damit das Einkommen der Erzeuger zu stabilisieren. In diesem Fall lasse sich nicht die Regel anwenden, wonach bei einer Reduzierung der Angebotsmenge der Preis steige. Auch sollte Deutschland bei der Umsetzung des EU-Ratsbeschlusses keinen nationalen Alleingang unternehmen.

Auch Baden-Württembergs Ernährungsminister Peter Hauk (CDU) plädierte dafür, die EU-weit beschlossene Quotenerhöhung auch in Deutschland umzusetzen. Bestrebungen einer einseitig nationalen Mengenbegrenzung könne sein Land "im Interesse einer nachhaltigen Grünlandbewirtschaftung durch Milchviehbetriebe" nicht mittragen. Die deutsche Milchwirtschaft insgesamt, also Bauern und Molkereien, würden dann im Wettbewerb geschwächt.

Der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) verwies darauf, dass ein Überangebot am Milch zu einer "Talfahrt der Preise" geführt habe. Quotenerhöhungen seien in dieser Situation das falsche Signal. Vielmehr wäre es richtig, die Überproduktion von Milch zu begrenzen.

Auswahl an Beiträgen zu den Stichworten