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Zu billig, um gut sein zu können

Stiftung Warentest findet Weichmacher im Olivenöl

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Die höchste Qualitätsstufe der Olivenöle "nativ extra" hält oft nicht das, was sie verspricht. Wie schon bei den vorangegangenen Untersuchungen der Stiftung Warentest in den Jahren 1999 und 2002 war beim aktuellen, am Donnerstag veröffentlichten Test mehr als ein Drittel der Proben mangelhaft. Zusätzlich fand sich in einem Bio-Öl der gefährliche Weichmacher DEHP, der im Tierversuch krebserzeugend wirkt und der bei der Herstellung von Kunststoffen wie PVC als Weichmacher verwendet wird. Sämtliche 26 getesteten Öle waren mit Schadstoffen belastet.


"Das mediterrane Öl gilt als besonders gesund und als besonders schmackhaft", so Vera Kaftan, Ressortleiterin der Abteilung Test für Ernährung, Kosmetik und Gesundheit. Allein in Deutschland wird pro Kopf und Jahr etwa ein Liter Olivenöl verbraucht. Dabei setzen die Konsumenten auf die höchste Qualitätsstufe "nativ extra" und greifen tief in die Tasche, berichtet Kaftan. Täuschungen und Etikettenschwindel sind bei der höchsten Qualitätsstufe aber offensichtlich gang und gebe. "Immer wieder ist die Stiftung Warentest diesen auf die Spur gekommen. Doch gebessert hat sich nichts", zieht Kaftan die Bilanz. Unter den neun Ölen, die als mangelhaft eingestuft wurden, waren fünf Bio-Öle. "Bei vielen waren Geruch und Geschmack nicht in Ordnung, auch verbotene Wärmebehandlung wurde nachgewiesen", so Kaftan.

Olivenöl wird in der EU hoch subventioniert. Die Qualitätskriterien wie etwa die Güteklasse "nativ extra" sind in einer EU-Verordnung festgelegt. "Wärmebehandlung ist ein grober Qualitätsverstoß", berichtet Kaftan. Bei sieben der untersuchten Öle war das nachweisbar. Das Ergebnis der Testung fiel dementsprechend mager aus: Das Urteil "sehr gut "wurde in keinem einzigen Fall vergeben. Fünf Öle erhielten die Note "gut".

"Und noch etwas mussten wir feststellen: Kein Öl war völlig frei von Schadstoffen", so Kaftan. "Überall, auch in den acht Bio-Ölen, fanden wir polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, in den meisten auch das für den Menschen als krebserzeugend geltende Benzopyren und Rückstände von Pestiziden", berichtet Projektleiterin Birgit Rehlender. In 14 Ölen fanden sich so genannte Phtalate, das sind Weichmacher aus der Kunststoffherstellung. "Im Bio-Olivenöl Gut & Gerne fanden wir 75 Milligramm pro Kilogramm Diethylhexylphtalat DEHP. Diese Menge ist nicht nur mehr als nach dem Lebensmittelrecht aus einem Kunststoff in ein Lebensmittel übergehen darf, es ist auch eine Menge, die toxikologisch betrachtet, sehr bedenklich werden kann", so Rehlender.

Die Biozentrale, die dieses Produkt vertreibt, kündigte an, das Produkt vorerst aus dem Verkehr zu ziehen. Eigene Analysen hätten jedenfalls keinen derartigen Wert ergeben.

Natives Olivenöl extra ist die höchste Güteklasse, die in der EU gehandelt wird. "Sie ist die marktbedeutendste Kategorie, aber auch jene, für die die höchsten Anforderungen gelten", erklärt Rehlender. "Diese Öle dürfen ausschließlich mit mechanischen Verfahren wie Pressen oder Zentrifugen gewonnen werden", beschreibt die Projektleiterin die gesetzlichen Vorgaben. Dass nicht jedes Olivenöl, auf dem "extra nativ" oben steht, diese Qualitätskriterien erfüllt, scheint sich wie ein roter Faden durchzuziehen: "Bereits im April 1999 segelte die Hälfte der damals 20 untersuchten Öle unter falscher Flagge und wurde mit mangelhaft bewertet", so Rehlender. Hauptkritikpunkte waren damals wie auch heute: starke sensorische Fehler wie ranzig, stichig oder modrig und unerlaubte Wärmebehandlung.

Als unerklärliches Rätsel bezeichnen die Stiftung-Warentest-Experten auch die Preise für die nativen Olivenöle: Ein Olivenbaum trägt etwa 20 Kilogramm Früchte, das entspricht etwa vier Liter Öl. Geerntet wird vielfach per Hand. Das allein koste rund 2,30 Euro pro Liter. Nicht eingerechnet sind dann noch Kosten für die Baumpflege, Verarbeitung, Abfüllung und den Transport. Die EU-Subvention betrug 2003/2004 zwei Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht bis zu 1,30 Euro pro Liter. Die günstigsten Öle werden allerdings schon für 3,45 Euro angeboten. "Wie die Anbieter das Kunststück vollbringen, das Olivenöl so günstig anzubieten, bleibt ihr Geheimnis", meint Kaftan.

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