Die Vorstände von DaimlerChrysler, Volkswagen, Porsche und BMW forderte Resch auf, ihre vor einem kalifornischen Gericht anhängige Klage gegen das Klimaschutzgesetz von Gouverneur Arnold Schwarzenegger zurückzuziehen. Resch: "Der Skandal dieser Klage muss im Schatten der Katastrophe sofort, demonstrativ und mit dem Ausdruck des Bedauerns beendet werden. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung Pumpen und andere Hilfsgüter in die USA fliegen lässt, während die Autohersteller vor dortigen Gerichten ungerührt auf dem Verkauf ihrer benzinfressenden Klimakiller bestehen. DaimlerChrysler, VW, Porsche und BMW blockieren seit Monaten ein Klimaschutzgesetz, das in Kalifornien und sieben weiteren US-Staaten ab dem 1. Januar 2006 den andauernden Aufwärtstrend bei Spritverbrauch und Treibhausgasen brechen soll."
Nach DUH-Recherchen plant die Automobilbranche ihren diesjährigen Frankfurter Hauptgottesdienst so, als gebe es weder die monströsen Verheerungen des Hurrikans Katrina noch die globale Spritpreiskrise in seiner Folge. Unbeeindruckt soll die Glitzerschau wie jedes Jahr mit einem Großaufgebot spritdurstiger und immer schnellerer Limousinen über die Bühne gehen. Während der Benzinpreis nach Berechnungen der DUH bis zum Jahresende auf ein neues Allzeithoch von bis zu 1,80 Euro schnellen könnte, ignorieren die im Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) zusammengeschlossenen Hersteller - einmal abgesehen von einzelnen Erdgasantrieben - die Entwicklung Kraftstoff sparender und schadstoffarmer Fahrzeuge. Resch: "Nachdem der Golf längst Spitzengeschwindigkeiten von 250 km/h erreicht, ist das nun auch Ehrensache für den 1er-Baby-BMW. Das nenne ich hochkultivierte Ignoranz."
Schon auf der diesjährigen Umwelt-Auto-Liste des ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) fand sich unter den Top Ten mit dem Opel Corsa nur noch ein deutsches Fabrikat. "In Deutschland werden immer mehr Autos gebaut und entwickelt, die die Welt nicht braucht", sagte Resch und stand mit dieser Analyse in diesen Tagen keineswegs allein. Der Chef des UNO-Umweltprogramms (UNEP) und frühere CDU-Umweltminister Klaus Töpfer beklagte den Technologierückstand der deutschen Autobauer bei der Reduktion des Spritverbrauchs ebenso wie der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Karl Ludwig Winnacker.
Bei der IAA werde fast schon demonstrativ deutlich, dass sich die europäischen Autohersteller nicht mehr an die gegenüber der EU-Kommission eingegangene Selbstverpflichtung aus dem Jahr 1999 gebunden fühlen. Zugesagt war, den durchschnittlichen CO2-Ausstoß aller von europäischen Herstellern zugelassenen Pkw bis 2008 auf 140 Gramm pro Kilometer g/km abzusenken. Umgerechnet auf den Benzinverbrauch ergäbe sich ein Wert von 5,8 l/100km. Tatsächlich liege der aktuelle Verbrauch deutscher Neuwagen bei 178g/km bzw. 7,4 l/100km (Zahlen jeweils bezogen auf CO2-Gehalt von Benzin).
Dabei blieben Schönfärbereien der Autohersteller noch unberücksichtigt. So werde der Verbrauch von Klimaanlagen, die mittlerweile in 80 Prozent aller Neuwagen eingebaut sind, ebenso wenig berücksichtigt wie der Mehrverbrauch durch modische Breitreifen. Der tatsächliche Spritverbrauch liege mit etwa 190 - 195 g/km außer Sichtweite des für 2008 anvisierten Werts. Im Vorfeld der IAA an den VDA gerichtete Anfragen der DUH, den Spritverbrauch der 77 Neuheiten der deutschen Hersteller bekannt zu geben, blieben unbeantwortet.
"Der Entwicklungsvorsprung der Spritspar-Technologie der Japaner beträgt zehn Jahre und ist nicht von heute auf morgen aufzuholen ", so Resch. "Das ist umso ärgerlicher, als die Technologie ursprünglich aus Deutschland stammt und maßgeblich von Porsche und anderen entwickelt wurde. Es ist beschämend, dass praktisch alle Innovationen im Automobilbau, die Pkw in den vergangenen Jahren sparsamer und schadstoffärmer gemacht haben, maßgeblich in Deutschland entwickelt wurden. Serienreif wurden sie aber erst durch ausländischen Firmen wie Peugeot, Toyota oder Honda, in der Regel gegen erbitterten Widerstand von Volkswagen, DaimlerChrysler & Co."
Um die Spritverbräuche im europäischen Maßstab zuverlässig zu senken, will die DUH nun bei der EU-Kommission vorstellig werden und die Umsetzung einer offiziellen Absichtserklärung vom 5. Februar 1999 einfordern. Die Brüsseler Kommission hatte damals für den Fall des Scheiterns der Selbstverpflichtung der im europäischen Automobilherstellerverband (ACEA) zusammengeschlossenen Unternehmen angekündigt: "Die Kommission beabsichtigt, einen Rechtsetzungsvorschlag über CO2-Emissionen von Personenkraftwagen vorzulegen, falls der ACEA das in seiner Selbstverpflichtung festgelegte CO2-Emissionsziel für 2008 nicht einhält oder keine hinreichenden Fortschritte bei der Annäherung an dieses Ziel erzielt...". Dieser Fall ist inzwischen Realität.
Die Deutsche Umwelthilfe fordert angesichts der galoppierender Spritpreise und der unübersehbaren Hinweise auf eine heraufziehende Kraftstoffverknappung die schnelle Festlegung verbindlicher Höchstverbrauchsgrenzen. Sie sollen ab 2008 für alle neu zugelassenen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge gelten und EU-weit die gescheiterte Selbstverpflichtung der europäischen Autohersteller ablösen. Fahrzeuge, die die Höchstwerte einhalten, würden das Weltklima ebenso wie den Geldbeutel der Autofahrer schonen. "Feste Höchstverbräuche sind aktuell ein Gebot der Ökologie, mittel- und langfristig sind sie auch eine Versicherung gegen massive Absatzeinbrüche deutscher Pkw auf den wichtigsten Zukunftsmärkten", so Resch.
Die DUH erwartet eine für die deutschen Hersteller bedrohliche, aber für das Weltklima erfreuliche Entwicklung. Immer mehr Länder sorgten sich nämlich um ihre unter galoppierenden Ölpreisen leidenden Handelsbilanzen, die Luftverschmutzung, den zunehmenden Naturverbrauch und die Klimabelastung durch den Straßenverkehr. Deshalb setzten sie sich mit gesetzlichen Regelungen gegen die Überschwemmung ihrer Automobilmärkte mit schmutzigen, ungefilterten Diesel-Pkw und übermotorisierter Edel-Jeeps (Sport Utility Vehicles, SUV) zur Wehr.
Mit Blick auf die bevorstehenden Bundestagswahlen warnte Resch alle Parteien und die künftige Bundesregierung davor, den Umweltschutz wegen aktueller Absatz- oder Kostenprobleme einzelner Hersteller hintanzustellen. "Jeder Ökorabatt jetzt führt unweigerlich zu Absatzeinbrüchen auf den Märkten der Zukunft", sagte Resch. Toyota fahre nicht zuletzt wegen seines Vorsprungs in der Hybrid-Technik Sonderschichten, während VW die Streichung von 10.000 und mehr Stellen ankündigt (s. FAZ von heute, GR). Die Politik dürfe die "strategische Kurzsichtigkeit", die die Autohersteller mit ihrem Widerstand gegen den Partikelfilter bewiesen hätten, nicht übernehmen.