Rüstungsgeschäfte
- Siemens-Millionen für die CDU?
- Millionen-Spenden von Elf
- Schweizer Generalstaatsanwalt: ein "Schlag gegen die Demokratie"
- Holzer betrieb offenbar Leuna-Verkauf an Elf und Thyssen
- Schreibers Millionen-Spende
- Export von Thyssen-Panzern während des Golfkriegs
- Mögliche Erklärung für die Rolle Pfahls
- Strauß, Möllemann und Kohl-Freund Habibie
- Auch PR-Berater Hunzinger soll dabei gewesen sein
- Spenden von Moritz Hunzinger
- Hunzingers Geld und die Rüstungsindustrie
Im Rahmen des Verfahrens, des CDU-Parteispendenausschusses, in dem auch die Zahlungen Schreibers und der Panzer-Deal mit Saudi-Arabien untersucht wurden, und in verschiedensten Presseberichten taucht fast alles auf, was Rang und Namen hat. Firmen wie Siemens, Thyssen, Elf, Leuna, Airbus und Daimler. Politiker wie Kohl, Strauß, Koch, Schäuble, Merz, Kiep, Lüthje, Weyrauch, Prinz zu Sayn-Wittgenstein, Möllemann, Scharping, Fischer und Özdemir. Lobbyisten wie Schreiber, Holzer und Hunzinger. Die Berichterstattung liest sich wie ein gewaltiger Polit-Krimi, in dem es bei den Geldzahlungen an Politiker um viele Millionen und bei den Geschäften für die Konzerne um viele Milliarden ging.
Siemens-Millionen für die CDU?
Pfahls war nur einer der Akteure, um den es im CDU-Parteispendenausschuss ging. Es ging beispielsweise auch um den Elektroriesen Siemens.
Eine der brisantesten Aussagen in dem Ausschuss machte der ehemalige Generalbevollmächtigte der Schatzmeisterei der Partei, Uwe Lüthje. Seinen Angaben zufolge soll Siemens Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre 8 oder 9 Millionen DM an die CDU gespendet haben. Laut Presseberichten könnten die Zahlungen eine Gegenleistung für "Türöffnerdienste" bei Geschäften mit der DDR gewesen sein. Ältere Spenden sollen von der Siemens-Tochter KWU, damals führend im deutschen Atomgeschäft, geflossen sein (siehe weiterer Bericht).
Millionen-Spenden von Elf
Neben Siemens spielte im Untersuchungsausschuss auch der französische Konzern Elf Aquitaine eine Rolle. Elf soll Schmiergelder an deutsche Politiker gezahlt haben, um günstige Bedingungen für den Kauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie zu bekommen.
Der ehemalige Elf-Manager Alfred Sirven soll insgesamt geschätzte 1,5 Millarden Mark für die "politische Landschaftspflege" ausgegeben haben. Beim Leuna-Geschäft soll er Schmiergelder an CDU-Politiker verteilt haben. Sirven wurde unter spektakulären Umständen Anfang 2001 auf den Philippinen festgenommen und über Frankfurt in Pariser Haft überstellt.
Schweizer Generalstaatsanwalt: ein "Schlag gegen die Demokratie"
Bei der Leuna/Minol-Privatisierung sind nach Worten des Schweizer Generalstaatsanwaltes Bernard Bertossa bis zu 256 Millionen Francs (76,33 Millionen Mark) an Schmiergeldern nach Deutschland geflossen. Das Geld sei "ausschließlich an Personen gegangen, von denen manche zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in Deutschland politische Verantwortung getragen haben".
Der Generalstaatsanwalt Bertossa hatte den deutschen Ermittlungsbehörden im Fall Elf/Leuna rund 60 Aktenordner übergeben und forderte die deutschen Behörden nachdrücklich auf, Ermittlungen aufzunehmen.
Wenn die deutschen Behörden in dem Fall "die Augen verschließen", wäre dies nach Auffassung des Schweizer Generalstaatsanwalts ein "Schlag gegen die Demokratie", fügte Bertossa hinzu. Nach seinem Erkenntnisstand profitierten von dem Leuna-Geschäft mehrere deutsche Staatsbürger, "nicht nur Herr Holzer, nicht nur Herr Pfahls".
Holzer betrieb offenbar Leuna-Verkauf an Elf und Thyssen
Die Schmiergelder von Elf sollen über die Konten des Elf-Lobbyisten Dieter Holzer geflossen sein. Holzer stand zum Zeitpunkt des Verkaufs 1992/93 offenbar in engem Kontakt zu Pfahls.
Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks hat Holzer den Verkauf der ostdeutschen Leuna-Werke an ein Konsortium von Elf und dem deutschen Konzern Thyssen betrieben. Wegen Beihilfe zur Veruntreuuung habe Holzer in Frankreich eine 15-monatige Haftstrafe erhalten.
Holzer gilt als Freund von Max Strauß, dem Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten. Es gab auch Gerüchte, wonach der "enge Pfahls-Vertraute" Dieter Holzer Pfahls später bei dessen fünfjähriger Flucht behilflich war.
Schreibers Millionen-Spende
Pfahls hat vor Gericht ausgesagt, von Karlheinz Schreiber 3,8 Millionen DM (rund 1,9 Millionen Euro) erhalten zu haben. Eine Million DM davon habe er im Zusammenhang mit der Lieferung von Spürpanzern der Firma Thyssen nach Saudi-Arabien erhalten. Wofür Pfahls den weitaus größeren Betrag von 2,8 Millionen DM erhalten haben will, wurde in der Medienberichterstattung nicht vertieft.
Schreiber warf Pfahls vor, im Augsburger Schmiergeldprozess ein falsches Geständnis abgelegt zu haben.
Vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags zur CDU-Spendenaffäre soll Schreiber nach eigenen Angaben ausgesagt haben, dass die angeblichen Pfahls-Millionen an CDU und CSU geflossen seien. Schreiber: "Es ist doch klar, dass Pfahls hier als Opferlamm verwendet wird für die Politik."
Export von Thyssen-Panzern während des Golfkriegs
In den vergangenen Monaten spitzte sich die Diskussion auf Pfahls und die Thyssen-Panzer für Saudi-Arabien zu, möglicherweise um von anderen Dingen abzulenken. Während des ersten Golfkrieges 1991 hat der Bundessicherheitsrat dem Export von 36 ABC-Spürpanzern "Fuchs" nach Saudi-Arabien zugestimmt. Die Lieferung hatte ein Volumen von 400 Millionen Mark.
Im Februar 1991 überwiesen die Saudis nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks an Briefkastenfirmen der beiden Thyssen-Manager Jürgen Maßmann und Wilfried Haastert den "großzügig gerundeten Rechnungsbetrag" für die Panzer. Das Geld floss bereits vor der Genehmigung des Geschäfts.
Weitere sechsstellige Geldbeträge sollen an Schreiber - und über diesen teilweise weiter an Pfahls - sowie an die CDU gegangenen sein.
Später soll beispielsweise Wolfgang Schäuble (CDU) Geld von Schreiber überreicht bekommen haben. Die mediale Diskussion rankte sich vor allem um eine 100.000 DM-Spende, die Schäuble im Anschluss an ein Sponsorenessen am 21. September 1994 von Schreiber am darauffolgenden Vormittag erhalten haben will.
Mögliche Erklärung für die Rolle Pfahls
Kurz nach den Geldtransfers Anfang 1991 gaben die Kohl-Regierung und der Bundessicherheitsrat grünes Licht - und das, obwohl die Panzer wegen Lieferschwierigkeiten bei Thyssen zunächst aus Beständen der Bundeswehr abgezogen werden mussten, die sich wenig erfreut gezeigt hatte. Bundeswehr-Generäle hatten sich gegen diesen Deal ausgesprochen.
In früheren Medienberichten fand sich vor diesem Hintergrund eine plausible Begründung für die Annahme von Geldern durch Pfahls: Im September 1990 habe Rüstungsstaatssekretär Pfahls prüfen lassen, ob unter anderem zehn Fuchspanzer an Saudi-Arabien geliefert werden könnten. Im Februar 1991 sei die Exportgenehmigung ergangen, doch Thyssen habe die Panzer nicht liefern können. Deshalb habe der Rüstungskonzern um ein Sachdarlehen von 36 Fuchs-Panzern aus Bundeswehrbeständen gebeten.
Gegen den Widerstand der Heeresleitung soll Pfahls den Deal gestattet haben, heißt es in Presseberichten. Dafür soll er vom Waffenlobbyisten Schreiber das Geld erhalten haben.
Strauß, Möllemann und Kohl-Freund Habibie
In den Panzer-Deal waren möglicherweise noch eine Reihe weiterer Personen involviert. Max Strauß wurde vorgeworfen, er habe 500.000 DM (rund 250.000 Euro) wegen der Panzerlieferung nach Saudi-Arabien erhalten.
Strauß wurde einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge 2003 außerdem vorgeworfen, beim Verkauf von Airbus-Flugzeugen nach Thailand und Kanada 5,2 Millionen DM (rund 2,6 Millionen Euro) Provisionen erhalten und nicht versteuert zu haben. Beide Geschäfte hatte Schreiber eingefädelt.
2002 gab es Spekulationen, wonach auch Jürgen Möllemann (FDP) oder sein Geschäftspartner Rolf Wegener 1991 im Zuge des Thyssen-Panzergeschäfts mit Saudi-Arabien Schmiergelder erhalten haben könnten. Möllemann soll sich damals als Bundeswirtschaftsminister für das Geschäft stark gemacht haben.
Auch der ehemalige indonesische Staatschef Bacharuddin Jusuf Habibie tauchte laut Presseberichten im Zusammenhang mit dem Spürpanzer-Verkauf nach Saudi-Arabien auf. Habibie, der von 1955 bis 1974 in Deutschland lebte, soll mit Kohl und mit Pfahls befreundet sein. Habibie wurde auch im Zusammenhang mit verschiedenen anderen "zweifelhaften Geschäften" genannt.
Auch PR-Berater Hunzinger soll dabei gewesen sein
Auch der Lobbyist und "PR-Berater" Moritz Hunzinger soll einem Bericht des "Stern" zufolge an dem Panzerdeal beteiligt gewesen sein. Hunzinger soll sich an den damaligen Europaabgeordneten Friedrich Merz (CDU) gewandt haben, um für zwei Spitzenmanager von Rüstungsfirmen bei Bundeskanzler Kohl einen gemeinsamen Gesprächstermin zu bekommen.
Bei dem Gespräch mit dem Vorstandschef der Thyssen Industrie AG, Eckard Rohkamm, und dem Vorstandschef der Werft Bloom & Voss, Peter Beer, sollte demnach der geplante Export von Spürpanzern und U-Booten erörtert werden. Merz dementierte dies.
Spenden von Moritz Hunzinger
Nach Recherchen der "Wirtschaftswoche" hat Hunzinger zwischen 1990 und 1999 mehr als eine Million DM an Parteien gespendet. Aus einer Aufstellung Hunzingers gehe hervor, dass dieser zwischen 1990 und 1999 genau 1,057200 Millionen DM an die Parteien gespendet habe.
In den Rechenschaftsberichten der Parteien seien hingegen nur 437.000 DM aufgelistet. Grund für die Differenz sei, dass Hunzinger "über mindestens drei seiner Unternehmen sowie als Privatperson" häufig Summen von etwas weniger als 20.000 DM angewiesen habe, die nicht veröffentlichungspflichtig waren. Am meisten profitiert habe gemäß der Hunzinger-Liste die FDP.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat von Hunzinger offenbar 200.000 DM bekommen. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir soll von Hunzinger einen günstigen Kredit in Höhe von 80.000 DM erhalten haben.
Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) wurde von Hunzinger bezahlt. Er hatte im September 1998 noch als Grünen-Fraktionschef eine Rede vor Wirtschaftsführern in Frankfurt am Main über "grüne Politik" gehalten. Wie Hunzinger der "Bild"-Zeitung sagte, sei dafür ein Honorar von 19.999 Mark geflossen.
Hunzingers Geld und die Rüstungsindustrie
Gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Rudolph Scharping (SPD) wurden 2002 Vorermittlungen aufgenommen. Scharping soll von Hunzinger 140.000 DM erhalten haben.
Hunzingers großzügige PR-Hilfe für den Minister soll laut "Stern" auch im Zusammenhang mit der Tätigkeit des PR-Unternehmens für die Rüstungsunternehmen Ferrostaal und Howaldswerke Deutsche Werft (HDW) gestanden haben. Hunzinger soll den Minister, nach einer kostenlosen PR-Beratung, zu einem vertraulichen Gespräch mit dem damaligen Ferrostahl-Manager und heutigen HDW-Vorstand Hanfried Haun geführt haben.
Haun habe damals intensiv für eine Unterstützung der Bundesregierung für die angestrebte Lieferung von U-Booten nach Ägypten geworben. Nach Angaben des Stern soll Scharping noch im selben Monat bei einem Besuch mit der ägyptischen Regierung darüber gesprochen haben.