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Keine Hungersnot?

Schwere Vorwürfe wegen Nahrungsmittelhilfe in Niger

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Nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sollen die Nahrungsmittelverteilungen in Niger die Bedürftigsten nicht erreichen. Dies seien vor allem Kleinkinder unter fünf Jahren in den am stärksten betroffenen Gebieten im Süden der Provinz Maradi. Die Hilfsorganisation appelliert daher an den Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN), Kofi Annan, dafür zu sorgen, dass die zuständigen UN-Organisationen die Hilfslieferungen stärker an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausrichten. Die Nahrungsmittelverteilungen des Welternährungsprogramms (WFP) reichten derzeit weder in Bezug auf Menge noch auf Qualität aus, um der schweren Nahrungsmittel­krise in Niger angemessen zu begegnen, meinen die Ärzte ohne Grenzen. Die vom Welternährungsprogramm verteilte Nahrung sei "nicht für Kleinkinder geeignet", da die Rationen kein speziell angereichertes Mehl enthielten, das für die Behandlung unterernährter Kinder besonders wichtig sei. Zudem: Gerade die armen, bedürftigsten Bevölkerungsgruppen seien von der Hilfe ausgeschlossen. Die UN-Nachrichtenagentur IRIN wiederum meint, die gegenwärtige Nahrungsmittelkrise werde zu einer "Hungersnot" aufgebauscht. Der Präsident Nigers, Mamadou Tandja, wirft dem Ausland die Verfolgung wirtschaftlicher und politischer Interessen in dem rohstoffreichen Land vor.


Die Ärzte kritisieren auch die Schwerpunkte der Aktivitäten der Vereinten Nationen: "Die Gebiete, in denen die Hilfsgüter verteilt werden, wurden mittels eines Frühwarnsystems ausgewählt, das auf den Ernteerträgen basiert, nicht aber die tatsächliche Ernährungslage der Bevölkerung einbezieht."

Ärzte: "Gerade die armen, bedürftigsten Bevölkerungsgruppen von der Hilfe ausgeschlossen"

Die Vereinten Nationen haben nach Auffassung der Hilfsorganisation erst spät auf die Nahrungsmittelkrise in Niger reagiert. Außerdem habe die UN die nigrische Regierung im November 2004 darin unterstützt, auf die Notsituation mit kostenpflichtigen Hilfsleistungen zu reagieren. Dadurch aber seien gerade die armen, bedürftigsten Bevölkerungsgruppen von der Hilfe ausgeschlossen worden.

Ärzte ohne Grenzen ruft deshalb die UN-Organisationen dazu auf, die Verteilungen ausschließlich an der Bedürftigkeit der Menschen auszurichten und die Hilfe denjenigen zukommen zu lassen, die sie am dringendsten benötigen.

Bundesregierung: Hilfe aus Deutschland ist "uneigennützig"

Auch wesentliche Teile der Hilfe der deutschen Bundesregierung fließt über das Welternährungsprogramm. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat über das UN-Programm seit Juni 1,9 Millionen Euro insbesondere für Nahrungsmittelhilfe zur Verfügung gestellt. Die Akuthilfe der Bundesregierung für Niger in diesem Jahr beläuft sich damit eigenen Angaben zu Folge bisher auf insgesamt 3,45 Millionen Euro.

"Deutschland genießt in der nigrischen Öffentlichkeit großes Ansehen", schreibt das Auswärtige Amt auf seiner Website. Die entwicklungspolitische Zusammenarbeit Deutschlands gelte "im Gegensatz zu der einiger anderer Geber als uneigennützig". Der "Vertrag über die Förderung von Kapitalanlagen" aus dem Jahr 1964 und das "Abkommen über Technische Zusammenarbeit" von 1977 zählen laut Bundesregierung zu den wichtigsten Verträgen zwischen Deutschland und Niger.

Der Warenverkehr zwischen Deutschland und dem Niger wies nach Angaben der Bundesregierung 2004 ein Volumen von 1,8 Millionen Euro auf für deutsche Einfuhren aus dem Niger und von 34,1 Millionen Euro für deutsche Ausfuhren in den Niger auf. Deutschlands Exporte in den Niger bestanden demnach zu 86 Prozent aus Fahrzeugen.

Präsident Nigers: "Verfolgung wirtschaftlicher und politischer Interessen"

Der Präsident Nigers, Mamadou Tandja, wirft ausländischen Hilfsorganisationen die Verfolgung wirtschaftlicher und politischer Interessen in dem Land vor. Nach Darstellung der UN-Nachrichtenagentur IRIN wird die gegenwärtige Nahrungsmittelkrise zu einer "Hungersnot" aufgebauscht. Tandjas Stellungnahme wird in den deutschen Medien mit heftiger Kritik überzogen, deckt sich aber offenbar mit Einschätzungen vor Ort tätiger UN-Mitarbeiter.

So erklärt ein Experte des UN-Kinderhilfswerks, in Niger herrsche "definitiv" keine "Hungersnot", sondern vielmehr eine "Nahrungsmittelkrise". Denn die gegenwärtigen Versorgungsschwierigkeiten seien weniger durch Mangel an Lebensmitteln, sondern durch stark gestiegene Lebensmittelpreise entstanden, berichtet die UN-Nachrichtenagentur IRIN.

Labournet: IWF und Weltbank erzwangen Verteuerung von Grundnahrungsmitteln

Der Anstieg der Lebensmittelpreise in Niger ist nach Dartellung des "Labournet" in hohem Maße auf den Druck westlicher Staaten zurückzuführen. So habe die Regierung in Niamey im März auf Anweisung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank eine Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent auf alle Grundversorgungsgüter eingeführt, darunter auf Wasser, Mehl, Zucker, Milch und Speiseöl. Die daraus resultierenden Preissteigerungen hätten die Kosten für Reis und Hirse um bis zu 50 Prozent in die Höhe getrieben, heißt es in Presseberichten. IWF und Weltbank hätten die Maßnahmen erzwungen, obwohl die desaströse soziale Lage in Niger, einem der ärmsten Länder der Welt, allgemein bekannt ist. Darunter hätten insbesondere die Kinder in Niger zu leiden.

German-foreign-policy: Berlin bringt sich in Niger durch Entwicklungshilfezahlungen in Stellung

"Berlin bringt sich in dem afrikanischen Staat, der intensivem französischem Einfluss unterliegt, seit Jahren mit umfangreichen Entwicklungshilfezahlungen in Stellung", heißt es bei "German-foreign-policy". Das Land sei der drittgrößte Uranexporteur der Welt, gelte aber ansonsten als wirtschaftlich unbedeutend.

Wie das deutsche Entwicklungsministerium mitteile, führten durch Niger jedoch zentrale Reiserouten afrikanischer Armutsflüchtlinge auf dem Weg nach Europa; die Kontrolle dieser Flüchtlingsbewegungen sei erklärtes Ziel der rot-grünen Bundesregierung. Ein "frühes Filtern des Migrantenstroms" müsse "Bestandteil der europäischen Flüchtlingspolitik" sein, heiße es bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

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