Den ganzen Tag spricht er mit den Kindern nur Französisch, Ausnahmen sind die Fächer Deutsch und Mathematik. Unter seinen Schülern werden auch einige Kindergartenfreunde seines Sohnes sein. Die dreisprachige Einrichtung ist wie auch die Schule in Trägerschaft der Evangelischen Jugendhilfe.
Die Schule zieht für das erste Jahr in das Gebäude einer staatlichen Grundschule ein. Die Klassenzimmer in dem grauen Gebäude sind in leuchtenden Farben gestrichen - Gelb für die Französischklasse und Blau für die zunächst Englisch lernenden Kinder, sagt Schulleiterin Heike Gruschke. Ende der zweiten Klasse werden die Kinder sich die zweite Fremdsprache aneignen. Der ganze Schulalltag aber ist dreisprachig. Einzige Ausnahme sind die Beratungen der Lehrer. "Dienstsprache ist Deutsch", betont die Schulleiterin.
Die Schule beginnt mit 2 Klassen und je 22 Kindern. Zwei Plätze bleiben frei. Sie sind für Gastkinder reserviert, deren Eltern beispielsweise am Fraunhofer Institut in Magdeburg beschäftigt sind. Ein großer Teil der Kinder beginnt in der neuen Schule erst mit dem Sprachenlernen. Sechs der Schulanfänger wechseln vom trilingualen Kindergarten in die dreisprachige Schule.
Die Eltern vom Kindergarten seien es gewesen, die sich für eine Schule stark gemacht hätten, erzählt Heike Gruschke. Sie geht davon aus, dass sich die Eltern der Grundschule später dafür einsetzen werden, dass eine weiterführende Schule entsteht. Ein Gymnasium werde es aber nicht sein. "Davon gibt es genug", gibt Gruschke zu bedenken. "Vielleicht wird es eine Gesamtschule", blickt sie in die fernere Zukunft. Die Grundschule werde zunächst bei den zwei Klassen pro Jahrgang bleiben. "Wer weiß, vielleicht gibt es später mal eine Spanisch-Klasse und möglicherweise auch eine Russisch-Gruppe."
Für die erste Schulwoche steht das Programm schon fest: Die Mädchen und Jungen werden ihr eigenes Einschulungsprogramm einüben. "Es gibt ja keine zweite Klasse, die diesen Part gewöhnlich übernimmt", sagt Gruschke. Dadurch haben auch mehrere hochbegabte Kinder, die die Schule besuchen werden, nicht die Möglichkeit, eine Klasse zu überspringen. Die Kinder sollen individuell gefördert werden.
Die Schulleiterin erinnert sich noch an die schwierige Auswahl der Schüler. Mehr als 140 Bewerbungen waren eingegangen. Es gebe keinen Rechtsanpruch auf einen Platz in einer freien Schule. "Manche Menschen wurden richtig böse", beschreibt sie ihre Erfahrungen. Es sei nach bestimmten Kriterien gegangen, betont sie. Die Mädchen und Jungen aus dem Kindergarten hätten wie Kinder mit mehreren Geschwistern Priorität gehabt.
"Das Interesse ist groß", sagt Gruschke. Die Voranmeldungen reichten trotz eines Monatsbeitrages von 120 Euro für Schule und Hortbetreuung bis zum Jahr 2011. "Die Kinder sind wohl gerade erst geboren", fügt sie hinzu. Ein bisschen ist sie von den Vorschusslorbeeren auch irritiert: "Wir haben doch noch gar nicht gearbeitet. Es gibt nur das Konzept auf der Internetseite."
Bilinguale Grundschulen in Deutschland
In Deutschland gibt es derzeit 62 bilinguale Grundschulen. Allein in Berlin bieten 20 bilinguale Grundschulen frühzeitigen Fremdsprachenunterricht an. Dabei sind auch Russisch, Spanisch, Italienisch und Polnisch im Angebot. In Bayern existieren 19 bilinguale Grundschulen, davon die Mehrzahl mit Griechisch und eine Japanisch.
In Hamburg gibt es 9 bilinguale Grundschulen, in Hessen 4 und in Rheinland-Pfalz 3. In Nordrhein Westfalen unterrichtet eine Grundschule Englisch und eine Grundschule Französisch. Schleswig-Holstein und Niedersachsen verfügen über jeweils eine derartige Schule. In Sachsen existieren 2 sorbische Grundschulen und in Sachsen-Anhalt gibt es bisher eine bilinguale Grundschule mit Französisch im Angebot.
In den Bundesländern Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland und Thüringen gibt es keine bilinguale Grundschule.