Auf ihrer mittlerweile 5. gemeinsamen Jahrestagung vom 24.-26. Juni in Würzburg werden der Deutsche Berufsverband der Umweltmediziner (dbu), die Deutsche Gesellschaft für Umwelt- und Humantoxikologie (DGUHT), die Interdisziplinäre Gesellschaft für Umweltmedizin (IGUMED) und der Ökologische Ärztebund (ÖÄB) mit unterschiedlicher Zielsetzung das Thema "Chemie und Umweltmedizin -Chancen und Risiken" behandeln.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht am Samstag die Europäische Chemikalienpolitik. Aus verschiedenen Blickwinkeln wird das geplante Regulierungssystem REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung (Zulassung) von Chemikalien) beleuchtet. Der bisher vorliegende Entwurf der EU-Kommission wird äußerst kontrovers in Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit diskutiert. Gerade niedergelassene Umweltmediziner werden in ihrer Praxis oftmals frühzeitig mit den gesundheitlichen Auswirkungen niedrigdosierter chronischer Chemikalienbelastungen konfrontiert, die für eine Reihe schwerer Erkrankungen verantwortlich gemacht werden.
Eine BUND-Studie habe ergeben, dass sich in der Muttermilch mittlerweile über 300 synthetische Chemikalien nachweisen ließen. REACH, die in Brüssel derzeit zu verhandelnde Verordnung zur Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien, eröffne erstmals die Chance, die Belastungen der Muttermilch tatsächlich umfassend zu reduzieren. Angelika Zahrnt, BUND-Bundesvorsitzende: "Stillen ist die natürlichste Form der Säuglingsernährung - sie darf deshalb nicht zum Risikofaktor werden. Was wir brauchen ist ein Reinheitsgebot für die Muttermilch. Deshalb müssen sich Umweltminister Trittin und seine Kollegen für eine Reform der Europäischen Chemikalien-Verordnung einsetzen, die den konsequenten Schutz vor gefährlichen Chemikalien sicherstellt."
Von den mehr als 100 000 in der EU hergestellten Chemikalien seien 97 Prozent niemals auf ihr Gefahrenpotenzial untersucht worden. Dies müsse endlich nachgeholt werden. Im Sinne eines vorsorgeorientierten Verbraucherschutzes müssten chemische Stoffe eine ausreichende Untersuchung auf mögliche Gesundheitsgefährdungen durchlaufen, bevor sie in die Umwelt gelangten. Die Nutzung gefährlicher Chemikalien müsse verboten werden, wenn es ungefährlichere Alternativen gäbe. Hormonell wirksame Substanzen müssten zulassungspflichtig werden, da sie über Schwangerschaften und das Stillen bei Neugeborenen zu Störungen ihrer Entwicklung führen könnten. Schädigungen des Immunsystems, Krebserkrankungen und sogar Beeinträchtigungen der Gehirnentwicklung könnten die Folge sein.
Deshalb sind auch die Umweltmediziner besorgt, dass die im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes ursprünglich sehr umfassende Vorlage weiter verwässert wird und aus medizinischer Sicht nicht akzeptable Abstriche und Zugeständnisse an die Industrie gemacht werden. Auf der Tagung werden Experten die Inhalte von REACH aus Sicht der Toxikologie und Arbeitsmedizin, der Gewerkschaften, der Umweltverbände sowie der Umweltmedizin und der Bundesärztekammer darstellen.
Am Freitagnachmittag werden mit dem Thema "Gebäudebedingte Erkrankungen - Schwerpunkt Büro" vor allem auch praktische Lösungen für alle Probleme rund um Arbeitsplatz und Gesundheit angeboten. So werden nicht nur die typischen Schadstoffbelastungen in Büro- und Privaträumen behandelt sondern auch die entsprechenden Nachweismethoden vorgestellt und eine mögliche Auswahl von Baumaterialien nach gesundheitlichen Gesichtspunkten diskutiert.
Am Sonntag werden beim Thema "Chemie und Gentechnik in der Landwirtschaft - eine Risikobewertung" u.a. der Pestizideinsatz bei gentechnisch verändertem landwirtschaftlichen Produkten sowie der Stellenwert des Vorsorgeprinzips behandelt.