Außenminister und Polit-Stratege Joseph Fischer meint jetzt, er habe möglicherweise zu sehr auf die Weiterentwicklung dieser Politik "vertraut". Der Vorwurf aber, die Missstände an der Kiewer Botschaft seien das Ergebnis des so genannten Volmer-Erlasses vom 3. März 2000, treffe nicht zu, sagte Fischer.
Laut "Tagesspiegel" wurde der Verzicht auf die Bonitätsprüfung von Gastgebern nach Vorlage einer Verpflichtungsermächtigung und eine bevorzugte Behandlung von Geschäftsleuten schon in Erlassen vom 29. Dezember 1995, vom 21. April 1997 und vom 16. Mai 1997 geregelt. So heißt es in dem Erlass vom Dezember 1995 mit Bezug auf datenschutzrechtliche Bedenken, die Verhältnismäßigkeit sei nicht mehr gewahrt, wenn "Nachweise regelmäßig oder von nahezu jedem Gastgeber verlangt werden". Die Vertretung dürfe das Visum nur in Ausnahmen von diesen Dokumenten abhängig machen.
Der Erlass vom Mai 1997 gehe davon aus, dass Ausländerbehörden häufig die Bonität von Einladern nicht prüfen. Trotzdem weist er die Vertretungen an, die Forderung nach Einkommensnachweisen müsse "die Ausnahme bleiben". Der Erlass vom Juni 1997 besage, dass Visa-Stellen von Geschäftsleuten keine persönliche Vorsprache und keine Belege und Nachweise des Aufenthaltszwecks mehr verlangen.
Fischer blieb am Mittwoch zudem bei seiner Aussage, wonach die größten Missstände bis 2003 abgestellt waren. Angesichts von drei Millionen Visa im Jahr gebe es aber keine Garantie dafür, "dass nicht wieder irgendwo ein Problem auftaucht. Das war auch unter Kohl/Kinkel/Kanther so".
Wäre die Ukraine im vergangenen Jahr gemeinsam mit zahlreichen anderen osteuropäischen Staaten in die Europäische Union aufgenommen worden, hätte sich die Visa-Frage an der Kiewer Botschaft wegen des dann geltenden freien Personenverkehrs ohnehin so nicht stellen können. Die Union hätte sich dann ein anderes Thema für den Untersuchungsausschuss ausdenken müssen. Unterdessen diskutieren Politiker, Journalisten und "Meinungsforschungsinstitute" engagiert weiter über die Frage der TV-Übertragung.