Den Entwurf für das DAMA-Einrichtungsgesetz hat die Bundesregierung am 13. April beschlossen. Das Gesetz soll nach Angaben der Bundesregierung zum 1. Januar 2006 in Kraft treten. Die DAMA werde als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts weitgehend eigenverantwortlich und "nach ökonomischen Grundsätzen" geführt. Sie unterliege der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Ein neues, an internationalen Standards ausgerichtetes flexibles Leitungsmanagement "ermöglicht schnelle und qualifizierte Entscheidungen". Im Mittelpunkt der Arbeit der Agentur werde die Arzneimittelsicherheit und der Patientenschutz stehen, heißt es.
Die Umstrukturierung der Arzneimittelzulassung solle eine "effektive und termingerechte Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln" gewährleisten. "Das spart Zeit und dient damit auch den Interessen der Patientinnen und Patienten. Innovative Arzneimittel stehen so schneller für die Therapie zur Verfügung", sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt anlässlich des Kabinettsbeschlusses.
Task Force für beschleunigte Innovationsmöglichkeiten der pharmazeutischen Industrie
Das derzeitige System der Arzneimittelzulassung in Deutschland weist nach Darstellung der Bundesregierung erhebliche Defizite auf. Bei der wissenschaftlichen Expertise, der Transparenz der Antragsbearbeitung und "der Verfahrensdauer" bestehe Handlungsbedarf. Die Beratungsleistungen für die pharmazeutischen Unternehmen müssten ausgebaut werden. Prüfungen, die bisher nacheinander organisiert waren, sollen künftig parallel erfolgen. Das spare Zeit und diene damit auch den Interessen der Patientinnen und Patienten. "Innovative Arzneimittel" stünden so schneller für die Therapie zur Verfügung.
"Modernes Projektmanagement" solle die Abläufe "effizienter und unbürokratischer" machen. Insbesondere müsse die Effizienz der Zulassung von Arzneimitteln verbessert werden, heißt es. Zu diesem Ergebnis seien verschiedene Expertengremien gekommen, unter anderem die auf Initiative der Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung im Mai 2003 eingesetzte "Task Force zur Verbesserung der Standortbedingungen und der Innovationsmöglichkeiten der pharmazeutischen Industrie in Deutschland" in ihrem Abschlussbericht vom 7. Juni 2004. Der Lösungsvorschlag der Experten lautete: eine grundlegende und umfassende Reorganisation des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte.
"Der Schutz der Patienten und die Arzneimittelsicherheit bleiben oberste Maxime", sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Bei der Zulassung neuer Arzneimittel werde künftig "noch mehr" auf den vorbeugenden Gesundheitsschutz geachtet. Außerdem werde die Risikoüberwachung von bereits zugelassenen Arzneimitteln, also die Überwachung von unerwünschten Wechsel- und Nebenwirkungen, weiterentwickelt und ausgebaut.
Eine solche Nutzen-Risiko-Bewertung sei erforderlich, da im Rahmen der behördlichen Zulassung nicht immer sämtliche Risiken eines Arzneimittels umfassend erkennbar seien und sich manche Risiken erst in der Langzeitanwendung zeigten. Das System der Nutzen-Risiko-Bewertung - auch Pharmakovigilanz genannt - werde innerhalb der DAMA unabhängiger gestaltet.
Ferner tritt offenbar eine Sonderregelung zur "vorzeitig geduldeten Anwendung eines noch nicht zugelassenen Arzneimittels aus humanitären Erwägungen" in Kraft. Damit werden laut Gesundheitsministerium die rechtlichen Voraussetzungen zur Bereitstellung "solcher Arzneimittel für besonders schwer kranke Patienten, die mit anderen zugelassenen Arzneimittel bislang nicht zufriedenstellend behandelt werden konnten, geschaffen". Im Patentgesetz werde eine Regelung verankert, die es erlaubt, Generika schneller auf den Markt zu bringen.
"Durch die Neuorganisation des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wollen wir das Institut so umgestalten, dass es sich zu einer wettbewerbsfähigen Zulassungsbehörde für Arzneimittel in Europa entwickelt", so Schmidt. "Die deutsche Arzneimittelzulassung soll wieder eine Spitzenposition einnehmen. Mit der neuen Deutschen Arzneimittel- und Medizinprodukteagentur schaffen wir ein international konkurrenzfähiges Arzneimittelzulassungsinstitut."
"Unnötiger Zeitdruck" - Angeblich jährlich 16.000 Todesfälle durch Arzneimittel
Ärzteorganisationen kritisierten in der Diskussion die Verwendung von Begriffen wie "Wertschöpfung", "Exportquote" und "Wirtschaftsstandort". Und die für Patientensicherheit zuständige Behörde werde offen als "Dienstleister" für "die pharmazeutische Industrie" gesehen.
Der Chef des vom Bund aufgebauten "Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen", Peter Sawicki, hatte kürzlich von einer katastrophalen Entwicklung gesprochen: "Wenn das Gesetz so kommt, dann wird das die Sicherheit der Patienten gefährden", meint er. Es werde ein völlig unnötiger Zeitdruck aufgebaut: "Beim 20sten Blutfettsenker oder dem 50sten Bluthochdruckmittel ist es egal, ob sie drei Monate früher oder später auf den Markt kommen." Wirklich neue, wichtige Medikamente gegen bisher nicht ausreichend behandelbare Krankheiten dagegen könnten in speziellen Eilverfahren zugelassen werden. "Bei der Masse der Medikamente sei "ein besonders hohes Tempo aber unnötig und sogar gefährlich".
Wie wichtig gründliche Studien vor der Zulassung von Arzneimitteln sind, hätten zuletzt die Diskussionen um die Schmerzmittel Vioxx und Bextra gezeigt. Nebenwirkungen zugelassener Medikamente haben immer wieder tödliche Folgen. So geht das Institut für klinische Pharmakologie in Bremen von "jährlich 16.000 Todesfällen durch Arzneimittel in Deutschland" aus.