Die fest an die Einkommen gekoppelten Kirchensteuereinnahmen sinken seit Langem. Die dritte Stufe der Steuerreform kostet die beiden großen Kirchen ab 1. Januar 2005 zusätzlich 400 Millionen Euro, schreibt die Kirchenvolksbewegung. Das Kirchensteueraufkommen habe sich 2003 auf rund 8,5 Milliarden Euro belaufen.
Die Initiative weist darauf hin, dass der Hauptteil der Mittel für von den Kirchen wahrgenommenen sozialen und kulturellen Aufgaben vom Staat bezahlt wird. "So fließt kein einziger Euro an Kirchensteuern in den laufenden Betrieb konfessioneller Altenheime und Krankenhäuser", schreibt die Kirchenvolksbewegung. Konfessionsschulen und Kindergärten erhielten beispielsweise einen hohen Prozentsatz staatlicher Gelder.
Staatszuschüsse aufgrund von Konkordaten erhielten die Kirchen zudem für die Priester- und Theologenausbildung an Universitäten und den Unterhalt kirchlicher Fachhochschulen.
Ein großer Teil kirchlicher Angestellter werde vom Staat bezahlt. So etwa Religionslehrer, Gefängnispfarrer, Polizei- und Militärseelsorger. Selbst die Bischöfe und ihre Sekretäre würden zum Teil vom Staat bezahlt und nicht aus Mitteln der Kirchensteuern.
"Das verwirrende System der staatlichen Zuwendungen an die Kirche durchdringen selbst Fachleute nicht mehr", kritisiert die Initiative "Wir sind Kirche". Zusätzlich begünstige der Staat die kirchensteuerzahlenden Bürger und Bürgerinnen durch die unbeschränkte Verminderung des zu versteuernden Einkommens um die bezahlte Kirchensteuer.
Die Besitztümer der Kirchen seien eines der bestgehüteten Geheimnisse. "Der Hamburger Kirchenkritiker Carsten Frerk taxiert das Vermögen der Großkirchen auf rund 500 Milliarden Euro."
Die Kirchenvolksbewegung plädiert jedoch nicht für eine Abschaffung der Kirchensteuer. "Denn jedes der anderswo praktizierten oder diskutierten alternativen Modelle hat auch bedenkenswerte Defizite. Ein Freiwilligkeitsoder Spendensystem wie in den USA kann zu Abhängigkeit von Großspendern führen. Das Modell einer frei wählbaren Kultursteuer wie in Italien und Ungarn wäre vermutlich verfassungswidrig, weil die Kirchenfinanzierung letztlich doch aus der staatlichen Einkommensteuer erfolgt, was mit der grundgesetzlich verbürgten religiösen Neutralität unseres Staates nicht vereinbar ist."
"Nicht transparenten Wahlverfahren und Entscheidungsprozesse"
Die Initiative fordert vielmehr die volle Ausschöpfung der festgelegten Mitbestimmung sowie deren Ausweitung. Gerade in der jetzigen Umbruchszeit müsse die Beteiligung von Laien in Kirchenvorständen und Diözesansteuerräten erheblich ausgebaut werden. Alle gewählten Laiengremien seien mit Budgetrecht auszustatten.
Bislang seien die Laien jedoch weder dazu in der Lage noch Willens, Entscheidungen gegen die Bischöfe zu treffen. Höchste offizielle Instanz für die Verwendung der kirchlichen Einnahmen der römisch-katholischen Kirche sind diözesane Kirchensteuerausschüsse bzw. Diözesansteuerräte. Die Laien haben die Mehrheit, der Bischof auch nur eine Stimme. "Wer sich aber je mit deren Zusammensetzung, nicht transparenten Wahlverfahren und Entscheidungsprozessen beschäftigt hat, wird sehr schnell erkennen, dass diese Gremien in der heutigen Form nicht in der Lage, geschweige denn willens sind, effiziente Kontrolle zu leisten.
Die Kirchenvolksbewegung fordert daher, die Direktwahl der Diozäsansteuerräte. Das Kirchenvolk muss das Recht erhalten, direkt eigene Kandidatenvorschläge für die Wahlen der Diözesansteuerräte zu machen, und Möglichkeiten zum vollen Einblick in die Haushalte bekommen."
Staatliche Zuwendungen wie etwa Gehälter, Zuschüsse zu Sozialeinrichtungen und Baumaßnahmen "sind in die normalen kirchlichen Haushalte einzubringen", schreibt die Kirchenvolksbewegung weiter. Das Nebeneinander von Diözesanhaushalt und Haushalt des Bischöflichen Stuhls sei nicht mehr zeitgemäß und behindere die Transparenz.
Sparen möchte auch die Kirchenvolksbewegung: "Wenn das Kirchenvolk mehr Mitwirkungsrechte erhält und diese wahrnimmt, wird es auch mehr Verständnis für manche harte, aber notwendige Entscheidung haben."