Schröder erinnerte in seiner Regierungserklärung daran, dass die Beseitigung des Kündigungsschutzes damit begründet worden war, dass dann ältere Arbeitnehmer verstärkt eingestellt würden: "Meine Damen und Herren, das sollte eigentlich dazu führen, dass das Gerede darüber, es habe keinen Sinn, einen älteren Arbeitnehmer einzustellen, weil man bei einem schwächeren Betriebsergebnis ihn nicht entlassen kann, nun endlich aufhört."
Schröder: "Wer geglaubt hätte ... der sieht sich getäuscht"
Doch der als Begründung genannte Effekt, ist nach Darstellung Schröders ausgeblieben: Wer geglaubt hätte, dass die Lockerung des Kündigungsschutzes im eben dargestellten Sinne bei den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, bei denen über 50, zu einer massiven Einstellungswelle in den Betrieben führte, "der sieht sich getäuscht", so Schröder. "Wir haben also in dem Bereich keinen Kündigungsschutz mehr. Trotzdem liegt die Beschäftigtenquote bei den älteren Arbeitnehmern bei nur sage und schreibe 40 Prozent. Dabei geht es um die, die über 55 sind."
Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) wies im Gespräch mit der "Berliner Morgenpost" darauf hin, dass in der Schweiz 65 Prozent der 55- bis 64-Jährigen erwerbstätig seien, "in Schweden sogar noch mehr. In Deutschland seien es hingegen nur 39 Prozent. Ziel sei es, dass die Menschen in Deutschland wieder bis 65 arbeiteten, so Schmidt.
"Seniorenwirtschaft" bei offiziell 5 Millionen Arbeitslosen
Die Unternehmen rief Schmidt auf, die Kompetenz der älteren Arbeitnehmerschaft stärker zu nutzen und die Älteren als Markt zu begreifen. Die Seniorenwirtschaft stecke in Deutschland noch in den Kinderschuhen. "Die alternde Gesellschaft ist nicht nur ein Risiko, sondern birgt auch Chancen", sagte Schmidt.
So auch Schröder: "Welche Vergeudung von Wissen, von Erfahrung, von Fähigkeiten, auch von Kreativität wird da volkswirtschaftlich betrieben! Das können wir auf Dauer doch nicht zulassen."
In Deutschland suchen derzeit - offiziellen Zahlen zufolge - 5 Millionen, zum Teil mit erheblicher Erfahrung und Kreativität ausgestattete Menschen Arbeit.
Manager kritisiert "Vergreisungszulage"
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hatte kürzlich weniger auf Erfahrung und Kreativität als vielmehr auf eine geringere Produktivität älterer Mitarbeiter verwiesen und für sie niedrigere Einkommen gefordert: "Das Senioritätsprinzip bei der Bezahlung - oder die 'Vergreisungszulage' ist absolut kontraproduktiv. Wer wie ich dafür ist, dass Ältere längere Zeit im Betrieb bleiben, muss auch fordern, dass dort, wo die Produktivität im Alter sinkt, die Besoldung sinkt. Das heißt, man erzielt das höchste Einkommen in den produktivsten Jahren."
Walter bestätigte, dass sehr viele Menschen schon lange vor der Rente ihre Arbeit verlieren. Zugleich müsse aber "ehrlich gesagt werden, dass man künftig nicht mit 62, sondern mit 68 Jahren in Rente geht".