Steinmetz, der für die Datenbeschaffung verantwortlich zeichnet, warnt davor, dass durch immer ungehemmtere Exporte in Länder wie Brasilien, Israel, Südafrika oder Südkorea deutsche Rüstungsgüter bald eine noch viel größere Verbreitung finden werden. Schon heute würden deutsche Systeme in Regionen und Ländern eingesetzt, die der Menschrechtsverletzungen angeklagt sind. "Und die Fahrkarte für die Ausfuhr von Komponenten ist heute wesentlich leichter zu bekommen als noch vor einigen Jahren", lautet das Fazit.
In den Augen Nassauers ist das ein bedenklicher Zustand, da viele dieser Exporte kaum offizielle Stellen für Rüstungsexportgenehmigungen gestreift haben dürften. "Es sind aber oft die unspektakulären Kleinteile oder Komponenten, ohne die kein Kriegsgerät funktioniert", sagt Nassauer.
Sein Beispiel: China. Zwar habe MTU Friedrichhafen den Dieselmotor MTU 12V 493 an Peking als "reinen" Motor geliefert, "aber die Spezifika dürften ihn doch als Rüstungsgut gelten lassen". Seit 2001 - "übrigens in Zeiten des Rüstungsexportverbots", wie der BITS-Chef erinnert - seien Komponenten für drei U-Boote mit je vier Motoren exportiert worden.
Aber auch deutsche Rüstungsexporte via NATO-Partner machen dem BITS Sorgen. So haben Ägypten, Kuwait und Saudi-Arabien über die USA eine von Rheinmetall DeTec produzierte Glattrohrkanone L44 erhalten, die in amerikanischen Kampfpanzern eingebaut wurde. Damit verbunden sei auch eine Übernahme der 120-Millimeter-Munitionstechnologie. Via Frankreich und seinen "Leclerc"-Panzer sei der Dieselantrieb von MTU in die Emirate gekommen oder Panzerketten via Polen nach Malaysia.
Nach Ansicht Nassauers ist es höchste Zeit für Rot-Grün, bei ihrer selbst als vorbildlich gelobten Rüstungsexportpolitik umzudenken. "Heute liefert die Bundesrepublik entgegen dem internationalen Trend mehr Rüstungsgüter als zuvor", sagt der BITS-Leiter. Sein Fazit: "Hier kommt eindeutig das Fressen vor der Moral - wenn nicht gar die Moral schon aufgefressen wurde."