Zwar galt schon seit 1991 ein Entschädigungssatz von 150 Euro auf Strecken bis 3500 Kilometern, wenn ein Passagier mit gültigem Flugticket nicht befördert wurde - jetzt liegt er bei 250 bis 400 Euro. Für Langstreckenflüge ab 3500 Kilometern müssen die Airlines künftig sogar 600 Euro und damit doppelt so viel wie bisher zahlen. Für beschädigtes oder verloren gegangenes Gepäck wurde die Summe von 547 auf 1233 Euro mehr als verdoppelt.
Auch Verspätungen hat die EU sanktioniert: Ist ein Flug je nach Entfernung um zwei, drei oder vier Stunden verspätet, muss die Airline im Gegensatz zum bisherigen Fluggastrecht für Mahlzeiten, Getränke sowie Unterkunft aufkommen, falls eine Übernachtung erforderlich wird. Bei über fünf Stunden Verspätung haben die Passagiere sogar Anspruch auf vollständige Erstattung des Ticketpreises. Bei einer Flugannullierung muss die Fluggesellschaft die Wahl anbieten zwischen Erstattung des Ticketpreises oder anderweitiger Beförderung zum Zielort, hinzu kommt eine Entschädigung wie bei Nichtbeförderung.
"Hier wird Europa für den Bürger konkret", sagte der Leiter der EU-Vertretung in Deutschland, Gerhard Sabathil. Denn diese Regelungen gelten für alle 25 EU-Mitgliedsstaaten - also auch für jede EU-Airline inklusive der Charterflieger. Zudem ist sie auf Flüge von und nach Norwegen sowie in die Schweiz gültig, die als so genannte EU-Inseln europäisches Recht eigentlich nicht umsetzen müssen.
Deutschlands nationaler Carrier, die Lufthansa, begrüßte die europäische Neuregelung - mit Vorbehalten. "Ungeklärt ist, was bei Fluglotsenstreiks oder Wettereinbrüchen passiert, die Flüge verhindern", sagte der Leiter der Lufthansa-Konzernpolitik, Thomas Kropp. Dies könne nicht allein den Airlines angelastet werden. Doch, hält Sabathil entgegen. Denn gerade wetterbedingte Verspätungen oder Ausfälle seien heute durch die moderne Technik weitgehend vermeidbar. Darunter dürften Fluggäste nicht leiden.
Auch bei der "Überbuchungsfrage" hat die Lufthansa eine andere Meinung: Die sei "ökonomisch sinnvoll", meinte Kropp. 2003 habe die Kranich-Airline insgesamt 35 Millionen Passagiere in Europa befördert, bei 28.000 habe es zunächst "ein Problem" gegeben. Durch finanziell geförderte Umbuchungen oder Verzicht seien letztlich "nur 9000 nicht befördert" worden. Im Gegensatz dazu habe Lufthansa schließlich eine Million Passagiere durch das Überbuchungsverfahren mehr mitnehmen können als ursprünglich möglich gewesen wäre. Schließlich seien vier Millionen Flugreisende gar nicht erst am Gate erschienen.
Für Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) ist dies aber kein ausreichender Grund, Fluggäste am Boden sitzen zu lassen. "Ich setze darauf, dass die nunmehr klare Rechtslage für die Passagiere bei den Fluggesellschaften zum Umdenken führt. Denn für Überbuchungen und Ausfälle müssen sie künftig teuer bezahlen."